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Die letzte Rune 01 - Das Ruinentor

Titel: Die letzte Rune 01 - Das Ruinentor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony Mark
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wollten, verfielen in einen eiligen Trab. Eine Minute später warf Travis einen Blick zurück über die Schulter. Auf dem Pfahl mit dem toten Runensprecher hockte ein dunkler Umriß. Er sah wieder nach vorn und versuchte zu verdrängen, daß der Schatten ihn mit kleinen schwarzen Augen beobachtete.

51
    Travis' Unterricht in der Runenzauberei wurde fortgesetzt, während die vier Reisenden immer weiter in Richtung Süden auf Calavere und den Rat der Könige vordrangen. An jedem Abend setzten sich Falken und Travis nach dem Essen zusammen. Travis verfolgte aufmerksam, wie der Barde mit einem Stock Runen in den Staub zeichnete, und sprach danach jeden Namen aus, wobei er sorgfältig darauf achtete, seinen Willen unter Kontrolle zu halten, um keine der damit verbundenen Mächte zu beschwören.
    Nach kurzer Zeit hatte Travis die Formen und Namen von über einem Dutzend Runen gelernt. Da war Krond, das für Feuer stand, und Gelth, das Eis. Sham war Wasser, Tal der Himmel und Lir das Licht. Die Namen fühlten sich auf seiner Zunge seltsam und dennoch vertraut an. Trotzdem wiederholte er sie nur flüsternd, und er hielt seine Gedanken dabei neutral. Er wollte die Geschehnisse im Herrenhaus nicht wiederholen.
    Eines Nachmittags reichte ihm Falken in dem Talathrin, in dem sie haltgemacht hatten, den Stock.
    »Hier, jetzt bist du dran.«
    Travis zögerte. War er dafür bereit? Jedoch nahm Falken den Stock nicht zurück. Travis schluckte schwer, dann ergriff er ihn. Falken glättete den Staub.
    »Zeichne die Rune des Feuers, Travis.«
    Er dachte einen Augenblick lang nach, dann malte er schnell drei Linien auf den Boden, bevor ihn der Mut verließ.
    »Sehr gut.«
    Travis seufzte erleichtert auf.
    »Allerdings ist der Winkel der zweiten aufsteigenden Linie etwas zu niedrig, und die absteigende Hauptlinie sollte ein Stück tiefer reichen.«
    Travis' Seufzer verwandelte sich in Niedergeschlagenheit.
    »Jetzt zeichne die Rune des Himmels.«
    Tal. Das war leicht. Travis malte einen Punkt mit einem Bogen darüber. Falken studierte das Ergebnis und grunzte dann. Travis hielt das für ein gutes Zeichen, und seine Laune besserte sich. Vielleicht war er ja doch kein so schlechter Schüler.
    »Wie wäre es, wenn du noch eine machst, bevor Melia uns zum Essen ruft?« meinte Falken. »Zeichne die Rune des Lichts.«
    Grinsend malte Travis eine Linie, von der ein in einem Winkel abzweigender, an einen Ast erinnernder Strich ausging, darunter setzte er einen Punkt.
    Dämmerung senkte sich über den Wegkreis. Die Luft wurde eiskalt, Travis konnte nicht mehr atmen. Auf der anderen Seite des Talathrins ertönte ein Schmerzensschrei, gefolgt von einem einzigen, in Furcht ausgestoßenen Wort.
    »Melia!«
    Travis krallte sich die tauben Finger in den Hals. Das Zwielicht wurde dunkler, dichter, wie ein aus Schatten gewobenes Leichentuch. Sein Verstand verdunkelte sich wie das Licht. Nur noch wenige Augenblicke, und er würde selbst ein Schatten sein.
    Seine nachlassenden Sinne registrierten etwas: ein Grunzen der Anstrengung, eine mühsame Bewegung direkt vor ihm, dann ein Reiben im Staub. Das Zwielicht verschwand, kupferfarbenes Sonnenlicht strömte wieder in den Wegkreis.
    Travis schnappte mühsam nach Atem, füllte seine Lungen mit guter Luft. Das Feuerwerk vor seinen Augen verblaßte. Auf der anderen Seite des Kreises hielt Beltan Melia in seinen Armen. Das Gesicht der Frau war bleich, dunkle Schatten zeichneten sich unter ihren Wangenknochen ab. Jedoch schien es ihr soweit ganz gut zu gehen, denn sie stieß den Ritter sanft, aber bestimmt zur Seite und stand ohne Hilfe auf. Falken stützte sich noch immer auf der Hand auf, mit der er die Rune weggewischt hatte, die Travis auf den Boden gezeichnet hatte. Der Barde hob den Kopf und sah Travis an.
    »Du bist ein Spiegelleser, nicht wahr?«
    Travis begriff nicht, was gerade passiert war – wie gewöhnlich –, aber das war nicht der Zeitpunkt, um Dinge zu verbergen. »In meiner Welt nennt man das Legasthenie.«
    Falken fluchte und kämpfte sich mühsam auf die Beine. »Warum hast du mir das nicht vorher gesagt?«
    Beinahe hätte Travis gelacht. Der Barde konnte nicht wissen, was er da verlangte. Das Gelächter blieb an dem Knoten in seinem Hals hängen.
    Melia kam heran. Sie schien ihre Kraft wiedergefunden zu haben, obwohl Beltan schützend hinter ihr ging. Er schaute Travis finster an.
    Melia wölbte eine Braue. »Ein Spiegelleser?«
    »Ich hätte es früher erkennen müssen«, sagte Falken.

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