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Die letzte Rune 01 - Das Ruinentor

Titel: Die letzte Rune 01 - Das Ruinentor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony Mark
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einmal zu Wort melden.«
    Der Barde strich mit der behandschuhten Hand den Erdboden glatt. Er malte mit dem Finger ein Symbol.

    »Das ist die Rune des Feuers. Ihr Name lautet Krond.«
    Travis senkte den Kopf, um sich die drei Linien näher anzusehen. Es handelte sich um das gleiche Symbol wie auf der zerbrochenen Runenscheibe, die er berührt hatte.
    »Spricht man den Namen einer Rune aus, beschwört man damit ihre Macht«, sagte Falken. »Indem du Krond sagtest, hast du die Macht des Feuers heraufbeschworen. Ich glaube, das Resultat ist dir nicht verborgen geblieben.«
    Travis erschauderte, dann kam ihm ein Gedanke. »Moment mal. Wieso kannst du sie jetzt aussprechen? Die Rune des Feuers, meine ich. Warum hast du ihre Macht nicht heraufbeschworen, als du sie vor einer Sekunde aussprachst?«
    »Gut, Travis. Du paßt auf. Und jetzt halt die Klappe und hör zu.«
    Travis unterbrach die Lektion des Barden kein zweites Mal.
    »Wenn man die Macht einer Rune dadurch heraufbeschwören könnte, indem man bloß ihren Namen murmelt, dann wäre der Graue Turm so gut wie überflüssig und jeder Bauer der Domänen ein Runensprecher«, fuhr Falken fort. »Aber das ist nicht der Fall, und selbst wenn die Runensprecher heutzutage nicht aus der Mode gekommen wären, gäbe es trotzdem nur wenige von ihnen. Um die Macht einer Rune beschwören zu können, muß man sie mit seiner Willenskraft dazu zwingen, daß sie auch in Erscheinung tritt, wenn man sie beim Namen nennt. Und vermutlich braucht man jahrelange Übung, um zu lernen, seinen Willen auf die nötige Weise zu konzentrieren.« Er sah Travis abschätzend an. »Jedenfalls die meisten Leute.«
    Travis wand sich unter dem forschenden Blick, aber er hielt den Mund.
    »Ich habe Geschichten über in der Ausbildung befindliche Runensprecher gehört, die unter Druck Runen beschwören konnten, die weit außerhalb ihrer sonstigen Reichweite lagen. Meiner Meinung nach war deine Furcht vergangene Nacht groß genug, um die Rune Krond zu beschwören. Das bedeutet, daß du lernen mußt, deinen Willen zu kontrollieren, Travis. Das ist für dich von entscheidender Wichtigkeit. Das nächste Mal könntest du dich selbst anzünden. Oder Melia oder Beltan oder auch mich.«
    Travis ließ den Kopf hängen. Daran hatte er nicht gedacht. Es war ihm nie in den Sinn gekommen, daß er seine Reisegefährten verletzen könnte. Tief in seinen Eingeweiden formte sich ein kalter Knoten. Ich will diese Macht nicht haben. Ich will überhaupt keine Macht haben. Aber was er wollte, schien in dieser Welt genausowenig eine Rolle zu spielen wie in der vorherigen.
    »Dann unterrichte mich, Falken«, sagte er. »Bring es mir bei, damit ich nie wieder jemanden verletze.«
    Falken warf ihm einen fragenden Blick zu. Aber er starrte bloß stur geradeaus. Es war sinnlos, das erklären zu wollen. Nur eine Person hätte das verstanden. Alice. Und sie war weiter als nur eine Welt entfernt. Viel weiter.
    Der Barde nickte. »Also gut, Travis. Ich unterrichte dich.«
    Die Lektion dauerte noch eine Weile, dann rief Melia sie. Das Abendessen war fertig.
    »Wo kommen sie eigentlich her, Falken?« fragte Travis, als sie aufstanden. »Die Runen, meine ich.«
    Die beiden begaben sich zum Lagerfeuer und setzten sich neben Melia und Beltan. Dann beantwortete Falken die Frage.
    »Die Legende erzählt, daß vor langer Zeit der Gott Olrig Einhand das Geheimnis der Runen von den Drachen stahl«, sagte der Barde. »Dann gab er es als Geschenk an die Menschheit weiter.«
    »Olrig? Ist das einer der Götter dieser Mysterienkulte?«
    »Nein«, sagte Falken. »Götter gab es schon lange vor den Mysterienkulten.«
    Melia ließ den Löffel fallen, mit dem sie in einem der Töpfe umgerührt hatte. Sie sah Falken wütend an.
    »Was denn«, erwiderte er. »Das ist die Wahrheit.«
    Sie seufzte. »Ich weiß. Das ist bloß keines meiner Lieblingsthemen.«
    Danach sagte Travis nichts mehr, außer Melia für den ausgezeichneten Eintopf zu loben.
    Während der nächsten Tage stießen sie auf ihrer Reise durch Eredane auf ein gutes Dutzend weiterer Dörfer und Städte. Sie alle zeigten die gleichen Anzeichen von Verfall und Siechtum wie Glennens Stellung. Und in ihnen allen gab es deutliche Hinweise auf den Rabenkult. Hier und dort war das Symbol der Rabenschwinge in eine Steinmauer oder einen Holzpfahl eingeritzt worden; einmal hatte man es mit rostrotem Blut auf die Tür eines verdunkelten Gebäudes gemalt.
    An einem grauen Nachmittag – zwei Tage nach

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