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Die letzte Rune 01 - Das Ruinentor

Titel: Die letzte Rune 01 - Das Ruinentor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony Mark
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hatte Jack von ihm verlangt, die Schatulle sicher aufzubewahren und sie zu schützen – zweifellos vor den Leuten, die hinter ihm her waren, die in das Antiquitätengeschäft eingebrochen waren und es in Brand gesteckt hatten. Nur daß Travis jetzt, wo er darüber nachdachte, sich gar nicht mehr so sicher war, ob es überhaupt Menschen gewesen waren, die das Magician's Attic angegriffen hatten. Er sah wieder die Silhouette vor sich, auf die er einen flüchtigen Blick geworfen hatte. So groß, so dünn, und dann diese unheimliche Anmut der Bewegungen. Es konnte auch nur eine durch das Licht hervorgerufene Sinnestäuschung gewesen sein, aber selbst das Licht war irgendwie falsch erschienen. Zu hell, zu durchdringend. Travis schüttelte den Kopf. Er hatte so viele Fragen und niemanden, der ihm antworten konnte.
    Er ging immer langsamer und blieb schließlich stehen. Einen kurzen Moment lang zog er in Betracht, in die Helligkeit und Wärme des Mine Shaft Saloons zurückzukehren. Aber das war nicht möglich, oder? Vielleicht verfolgten sie ihn ja, diese Wesen im Licht. Was würde geschehen, wenn er sie zu dem belebten Saloon führte?
    Trotz der Jacke zitterte Travis. Er schätzte, daß es mittlerweile Mitternacht war. Tief unter ihm funkelten die Lichter von Castle City in der Dunkelheit der Berge, so wunderschön wie die Sterne am Himmel und genauso unerreichbar. Sein Blick folgte dem verlassenen Stück Highway, und er fragte sich, ob er der Straße in Richtung seiner Hütte mit ihren zugigen Wänden aus Baumstämmen und dem undichten Dach gefolgt war – ob er vielleicht nach Hause gegangen war. Doch er hatte diesen Gedanken noch nicht beendet, als er auch schon wußte, daß das nicht stimmte. Er gehörte dort genausowenig hin, wie er zu den Lichtern unten im Tal gehörte. Irgendwann im Verlauf dieser Nacht hatte Travis die Grenzen seiner normalen Welt überschritten. Er befand sich jenseits der Grenzen des Erlaubten. Und hatte nicht die geringste Ahnung, wie er jemals den Weg zurück finden sollte. Er verspürte eine Einsamkeit wie noch nie zuvor im Leben.
    »Ich habe Angst, Jack«, flüsterte er, aber die Worte verwandelten sich in der kalten Luft in Nebel und verflogen.
    Er setzte sich wieder in Bewegung, und genau da erblickte er es, dort am Rand des Highways, ganz in der Nähe. Das altmodische Zirkuszelt. Goldgelbes Licht strömte aus dem ein Stück weit geöffneten Eingang und den Rissen im Segeltuch und ließ es wie eine große, grinsende, einem Kopf nachempfundene Kürbislampe aussehen. Travis starrte es einen Moment lang an. Dann, bevor ihm überhaupt klar wurde, was er da tat, ging er auf das Zelt zu. Der Mann in Schwarz hatte mit wissendem Blick die sich am Horizont sammelnde Finsternis betrachtet, und es gab keinen Ort, an den Travis sonst hätte gehen können.
    Als er näher kam, passierte er den mit fleckigem Weiß gestrichenen Schulbus, den er schon zuvor gesehen hatte. Daneben parkte eine kunterbunte Sammlung von Fahrzeugen, die von Pickups und verrosteten Kombis bis hin zu für die Vorstadt typischen Minivans und funkelnden Sportwagen reichte. Vor dem Eingang zögerte Travis kurz. Glaubte er wirklich, hier Antworten finden zu können?
    Es gab nur eine Möglichkeit, dies herauszufinden. Er holte tief Luft und trat in das goldgelbe Licht hinein.

15
    Trotz der späten Stunde war Bruder Cys Wandershow der Apokalypse und Erlösung in vollem Gange.
    Das trübe Licht stammte nicht von Glühbirnen, sondern von Zinnlaternen, die unter der Segeltuchdecke hingen. Das war das allererste, was Travis auffiel. Rauch erfüllte die Luft wie eine geheimnisvolle Atmosphäre. Zu beiden Seiten des Eingangs standen einfache Holzbänke. Auf den rissigen Planken saßen etwa zwei Dutzend Leute, die sich im Raum verteilten. Es war eine ungleiche Mischung. Ein Fernfahrer in einem verblichenen Flanellhemd starrte stur geradeaus; er rauchte eine Zigarette und hatte die abgestoßenen Stiefel hochgelegt. Nicht weit von ihm entfernt hockte eine Frau im schicken Geschäftsanzug wie ein steifer Vogel auf ihrem Platz. Dahinter stützte sich ein alter, zerlumpt gekleideter Mann auf seinen Rattanstock und lauschte mit nach vorn gebeugtem Kopf. In der ersten Reihe saß eine junge Frau – kaum älter als ein Mädchen – in einem schmutzigblauen Nylonmantel mit einem Kragen aus Pelzimitat; sie hielt ein kleines Kind auf dem Schoß. Ihr schmales Gesicht war sichtlich angespannt, vor Müdigkeit und vielleicht auch vor Sorge, aber das

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