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Die letzte Rune 02 - Der fahle Könige

Titel: Die letzte Rune 02 - Der fahle Könige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony Mark
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gesehen hatte. Grace hatte nie nachvollziehen können, daß manche Männer Angst vor ihrer eigenen Größe hatten.
    »Ich glaube, Ihr habt heute schon genug getan.«
    Grace zuckte zusammen. »Es tut mir leid.« Sie kämpfte mit jedem einzelnen Wort. »Daß ich Euch angerempelt habe. Und daß ich Euch für einen Diener hielt. Vorhin im Großen Saal. Das war dumm von mir.«
    Er schaute zu Boden. »Nein, es war gar nicht dumm. Ihr habt recht, ich könnte genausogut ihr Diener sein. Ich habe langsam das Gefühl, daß sie immer irgendwelche Pläne für mich haben. Nur sagen sie mir nie, wie die aussehen.«
    Und wieder einmal fehlten ihr die Worte. »Habt Ihr Euch verlaufen? Ich kann Euch den Weg zu Eurem Gemach zeigen.«
    »Nein, ich brauche Eure Hilfe nicht«, sagte er gereizt. »Ich brauche niemandes Hilfe. Ihr habt Euch entschuldigt, und ich habe die Entschuldigung angenommen. Also laßt mich jetzt in Ruhe, in Ordnung?«
    Langsam fand Grace sein Verhalten empörend. Wußte er nicht, wer sie war? Andererseits, eigentlich war sie ja niemand. Außerdem, sagte die trockene Arztstimme in ihr, hast du genau dieselben Worte schon zahllose Male in der Notaufnahme gehört. Wer Angst hat, bittet nie um Hilfe. Dann müßten sie zugeben, daß sie verletzt und hilflos sind. Das weißt du doch genau, Grace.
    Er hatte sich von ihr abgewandt und suchte den Boden ab. »Wo ist sie bloß?« murmelte er. »Sie muß hier doch irgendwo sein.«
    Sie erinnerte sich an das silberne Aufblitzen. Sie ging auf ihn zu. »Was habt Ihr denn fallen gelassen?«
    »Das würdet Ihr nicht verstehen.«
    »Warum nicht?«
    »Das … das kann ich Euch nicht erklären. Aber es ist wichtig.«
    Sie ging neben ihm in die Hocke. »Dann werde ich Euch helfen.«
    Er fuhr sich mit der Hand durch sein zerzaustes Haar. »Hört zu, ich habe Euch doch schon gesagt, daß Ihr …«
    Er hielt inne, seine grauen Augen weiteten sich. Grace schüttelte den Kopf. Warum starrte er sie denn so an?
    »Ich kann Euch verstehen«, flüsterte er.
    Grace runzelte die Stirn. Für einen einfachen Beinahe-Diener verstand er es ausgezeichnet, sie zu verwirren.
    »Wovon sprecht Ihr?«
    Er sprang auf und zeigte mit dem Finger auf sie. »Da. Das. Was Ihr gerade gesagt habt – das habe ich verstanden!« Er schüttelte den Kopf. »Aber das ist unmöglich …«
    Sie stand auf. Ein unerklärliches Gefühl machte sich in ihrem Inneren breit. »Warum solltet Ihr mich nicht verstehen können?«
    Ihre Blicke trafen sich, dann sahen sie gleichzeitig ein silbernes Glitzern in einem nahegelegenen Alkoven.
    »Da«, murmelte Grace. »In dem Alkoven, da liegt das, was Euch heruntergefallen ist.«
    Er ging zu der Nische in der Wand, bückte sich, stand wieder auf und drehte sich um. Irgendwie war Grace von dem, was sie sah, nicht überrascht. Die Brille war natürlich ein klarer Hinweis gewesen. Bis jetzt war ihr auf Eldh noch keine begegnet. Seine Stiefel, die jetzt geputzt waren, waren auch nicht die flachen Stiefel, die die Bauern hier trugen. Es waren Cowboystiefel. Sie zwang sich dazu, den Gegenstand in seiner Hand zu betrachten. Es war ein Halbkreis aus Silber, der auf beiden Seiten eine Prägung trug. Die Bruchkante war uneben.
    »Was ist?« fragte er, plötzlich ganz ruhig.
    Ja, er spürte es. Sie war sich sicher.
    Grace ging näher an ihn heran und holte aus dem Beutel an ihrem Gürtel ihre eigene halbe Silbermünze hervor. Nach kurzem Zögern hielt er ihr seine Münze entgegen. Sie streckte die Hand aus, um ihre Hälfte an die seine zu halten. Es bestand für sie nicht der geringste Zweifel, daß die Bruchstellen genau zusammenpassen würden, trotzdem keuchte sie überrascht auf, als sie es wirklich taten.
    »Der Mann in Schwarz?« So wie Travis das sagte, war es eigentlich keine Frage.
    Sie nickte. »Bruder Cy.«
    »Dann seid Ihr … sind Sie … bist du auch von der Erde.«
    Ein Zittern durchfuhr Grace. Es war Überraschung. Und Freude. Und Erleichterung. »Ja«, sagte sie. »Das bin ich.«

6
    Die Worte waren förmlich aus ihnen herausgesprudelt. Eldh. Die Münze. Bruder Cy.
    Sie hatten die beiden Münzenhälften zusammengefügt, waren aus den Symbolen auf beiden Seiten aber trotzdem nicht schlau geworden. Wie bei so vielem bei dieser Angelegenheit nicht. Dann waren sie in Graces Gemach gegangen. Travis hatte an der Tür kurz gezögert. Schließlich kannte er diese Frau nicht. Sie schien in dieser Welt jemand zu sein, jemand Wichtiges. Was hatte er überhaupt bei ihr verloren? Er sollte

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