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Die letzte Rune 02 - Der fahle Könige

Titel: Die letzte Rune 02 - Der fahle Könige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony Mark
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Mädchen mit den violetten Augen.«
    Ihm lief ein kalter Schauder über den Rücken. »Das Kind Samanda«, flüsterte er.
    »Ach, so heißt sie.« Sie atmete tief durch, bevor sie fortfuhr.
    Als Grace mit ihrer Erzählung fertig war, war das Feuer schon weit heruntergebrannt. Travis schloß einen Moment lang die Augen, als er versuchte, das alles zu begreifen: Der Mann mit dem Herzen aus Eisen, Hadrian Farr von den Suchern, Graces eigene Flucht in die Berge und ihre Rettung bei Eis und Schnee durch den Ritter Durge.
    »Dich halten sie also für eine Herzogin.« Er konnte sich ein schiefes Lächeln nicht verkneifen. »Und mich verwechselt man mit einem Diener.«
    Grace biß sich auf die Unterlippe und zuckte mit den Schultern. »Tut mir leid.«
    Travis schüttelte den Kopf. Es war schließlich nicht gerade ihre Schuld, und er war froh, daß er sie getroffen hatte. Andererseits war es aber auch einfacher gewesen, als er noch allein gewesen war, der einzige Erdling auf Eldh. Es war leichter zu glauben gewesen, daß es alles nur ein dummer Zufall oder ein Traum war, oder daß er sich in Wirklichkeit irgendwo in einer Gummizelle in einer Zwangsjacke selbst umarmte. Jetzt hatte er einen anderen Reisenden von der Erde getroffen, und dadurch veränderte sich alles. Wenn er nicht der einzige war, dann konnte es unmöglich einfach nur ein Traum oder Zufall sein. Es mußte einen Grund geben, warum die unheimlichen Leute von der Erlösungsshow ihn – und sie – an diesen Ort geschickt hatten.
    Travis stand auf. Er kam sich wie ein Gefangener vor. Er lief zum Fenster und öffnete es hastig. Eiskalte Luft strömte in den Raum. Er hätte Grace vorher fragen sollen, ob es ihr etwas ausmachte, aber er wollte jetzt einfach den Wind auf seinem Gesicht spüren. Nein, er mußte ihn spüren, die Möglichkeit, daß alles irgendwie ein gutes Ende nehmen würde. Er sog die kalte Luft ein, dann drehte er sich wieder zu ihr um. »Und was sollen wir deiner Meinung nach jetzt tun?«
    Auch sie stand auf. »Ich weiß es nicht, Travis. Ich glaube … Ich glaube diese Welt braucht uns irgendwie. Warum wären wir sonst hier?«
    Sie sahen einander wortlos an. Plötzlich durchbrach eine tonlose Stimme die Stille.
    »Man hat über uns ein Urteil gesprochen und uns für passend befunden.«
    Travis nahm an, daß er genauso erschrocken aussah wie sie. Er wußte nicht, wo diese Worte hergekommen waren oder was sie bedeuteten. Er hatte nicht einmal in diese Richtung gedacht.
    »Es ist spät, Grace«, sagte er. »Ich sollte jetzt besser gehen. Wir können uns morgen weiter unterhalten – wenn du das möchtest. Und ich würde gern diese Tür sehen, die mit dem Rabensymbol.«
    Sie blinzelte. »Na gut, Travis.«
    Er ging auf die Tür zu, und sie machte ihm Platz. Dann schloß sie sich hinter ihm, und er war allein auf dem Gang. Travis lauschte der Stille des Schlosses. Ein schmaler Keil Mondlicht schien aus einem hohen Fenster auf den Steinboden. Melia würde bestimmt wütend auf ihn sein. Aber war sie das nicht sowieso immer? Mit der Andeutung eines bitteren Lächelns auf den Lippen wollte er sich auf den Weg machen.
    Auf der anderen Seite der Tür ertönte ein lautes Krachen.
    Travis drehte sich wieder um und starrte die Holzfläche an. Ein anderes Geräusch erklang – als ob etwas zerbrach. Panik trieb einen Pfahl durch seinen Körper in den Boden und nagelte ihn an Ort und Stelle fest. Was sollte er tun? Er wußte es nicht. Es war so schwierig, sich zu entscheiden …
    Ein gedämpfter Schrei durchdrang das Holz und zerschmetterte Travis’ Lähmung wie Glas. Reiner Instinkt verdrängte jede Unschlüssigkeit. Er warf sich mit aller Kraft gegen die Tür, ignorierte den grellen Schmerz in seiner Schulter und stürzte in Graces Gemach.
    Es eilte behende vom offenen Fenster auf sie zu. Travis konnte nicht anders, er drehte den Kopf zur Seite und übergab sich. Das Wesen war vollkommen fremdartig. Der einzige Vergleich, mit dem sein überforderter Verstand dienen konnte, war eine vage Mischung aus einem Wolf und einem Affen. Das Ding war mißgestaltet, wie ein auf furchtbare Weise fehlgeschlagenes Zuchtexperiment, mit verkrümmten, mit verfilztem Haar bewachsenen Gliedmaßen.
    Trotz seiner unbeholfenen Gestalt konnte es sich flink bewegen. Abwechselnd kroch es auf allen vieren und humpelte auf seinen Hinterbeinen. Das Ding griff mit dürren Armen nach Grace und riß die flache Schnauze auf, um ein Maul voller Reißzähne zu entblößen. In den runden

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