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Die letzte Rune 02 - Der fahle Könige

Titel: Die letzte Rune 02 - Der fahle Könige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony Mark
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eine Ecke des Heckenlabyrinths und trat in die abgeschiedene grüne Grotte.
    »Da seid Ihr ja, meine Liebe. Ich dachte schon, Ihr hättet es Euch anders überlegt und entschieden, nicht zu kommen. Oder daß Ihr Euch in dem Labyrinth verirrt hättet …«
    Grace stellte beide Füße fest auf den gefrorenen Boden und widerstand dem Drang, sich umzudrehen und loszulaufen wie beim letzten Mal. »Ich bin hier«, sagte sie.
    Kyrene trat auf sie zu. Die Gräfin trug einen Umhang aus Fuchs, den silbrigen Pelz nach innen gedreht. Ihre Wangen waren vor Kälte gerötet. »Kommt, Schwester.« Sie streckte die Hand aus. »Ich habe Euch viel zu lehren.«
    Da bin ich mir sicher, meine Liebe. Doch Grace verkniff sich die Worte. Sie zögerte, dann akzeptierte sie Kyrenes Hand und betrat die Grotte.
    Seit dem Abend, an dem Grace und Aryn Ivalaines Gemach betreten hatten, waren fünf Tage vergangen, und Grace war sich nicht sicher, ob sie nun eine bessere Vorstellung davon hatte, was es bedeutete, eine Hexe zu sein. Nachdem Aryn und sie durch Ivalaines Tür geschritten waren, hatten sie unbedingt lernen wollen, waren begierig gewesen, die Wahrheit über die Hexen zu erfahren, was sie eigentlich wollten … und was sie vollbringen konnten. Sie hatten Enthüllungen erwartet. Statt dessen waren sie nur noch mit mehr Geheimnissen konfrontiert worden.
    »Wo fangen wir an?« hatte Grace Ivalaine an diesem Abend atemlos und wissensdurstig gefragt.
    Die Königin von Toloria war anscheinend über ihr Kommen nicht überrascht gewesen. »Könnt Ihr weben, Lady Grace?«
    Grace schüttelte den Kopf.
    »Dann werdet Ihr damit beginnen.«
    Grace verbrachte den Rest des Abends und viele Stunden danach damit, in dem Gemach der Königin vor einem Webstuhl zu sitzen und zu lernen, wie man die Pedale bediente und das Webschiffchen durch die Stränge der Kettfäden hin und her zog. Sie arbeitete, bis ihr Rücken schmerzte und ihr der Kopf dröhnte. Sie konnte sich nicht erinnern, seit dem Anfang ihrer Assistenzarztzeit im Denver Memorial je so müde, benommen, erfüllt und überlastet gewesen zu sein. Und doch war sie gut darin. Weben unterschied sich kaum vom Zunähen von Wunden.
    »Haltet jeden Faden im Auge«, murmelte Ivalaine oft, während Grace arbeitete. »Folgt seiner Linie, seht, wie er neben den anderen Fäden verläuft. Jeder ist einzeln für sich, und doch sind sie alle miteinander verflochten. Zusammen erschaffen sie etwas, das viel stärker als der einzelne Faden und doch ebenso geschmeidig ist.«
    Bald verschmolzen die Worte der Königin mit dem Surren des Schiffchens, dem Schnappen der Pedale. Nachts schloß Grace die Augen und träumte, in dem Webstuhl gefangen zu sein.
    Aryn konnte bereits weben – offensichtlich war das etwas, das adlige Damen auf dieser Welt zu lernen hatten –, also blieb ihr diese Aufgabe erspart. Doch Ivalaine hatte für die Baronesse eine andere Arbeit vorgesehen. An jenem ersten Abend hatte die Hofdame der Königin, die rothaarige Tressa, Aryn fortgeführt. Als Grace Aryn wiedersah, war es spät und sie beide erschöpft gewesen. Die linke Hand der Baronesse war schmutzig gewesen, ihre Wangen und das Gewand waren ebenfalls beschmutzt.
    »Gartenarbeit«, hatte Aryn mit einer Mischung aus Empörung und Erstaunen gesagt. »Sie hat mich Gartenarbeiten ausführen lassen.«
    Grace hatte nicht gewußt, was sie darauf antworten sollte. »Was hast du gepflanzt? Medizinische Kräuter?«
    »Nein. Rüben.«
    In den vergangenen Tagen hatte es keine Erklärungen gegeben. Der Rat der Könige war vor zwei Tagen erneut zusammengetreten, also blieben nur die Abende für ihre Studien. Grace und Aryn begaben sich in Ivalaines Gemach, wenn sie konnten – und wenn sie glaubten, daß König Boreas es nicht bemerkte. Andererseits war es ja nicht so, daß Grace den König verriet. Zumindest redete sie sich das ein. Doch sobald sie Ivalaines Gemach betreten hatte, schien sie nie die passende Gelegenheit zu finden, die tolorianische Königin nach dem Grund für ihre Stimmenthaltung beim Rat zu fragen. Es gab so vieles andere, das sie in Beschlag nahm.
    Wie das Weben. Zuerst befürchtete Grace, der Webstuhl könnte ihre Hände verkrüppeln, aber dann hatte sie Schwielen entwickelt, und das Schiffchen schien kaum mit ihnen in Kontakt zu kommen, während es hin und her flog. Langsam nahm unter ihren Fingern ein Bild Gestalt an. Es war ein Garten in der Dämmerung, purpurn und grün und geheimnisvoll. Als sie das Gemach der Königin am

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