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Die letzte Rune 02 - Der fahle Könige

Titel: Die letzte Rune 02 - Der fahle Könige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony Mark
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Graces Hand. »Was tun wir da bloß, Grace?«
    Grace sah aus dem Fenster auf das Schloß in all seiner weiten und trüben Pracht. »Das weiß ich auch nicht, Aryn. Aber jetzt, wo ich einmal damit begonnen habe, glaube ich nicht, daß ich noch aufhören kann. Durch das, was Kyrene mir über die Gabe und die Weltenkraft beigebracht hat, fühle ich mich so … so …«
    Wie fühlst du dich denn, Grace? Mächtig? Sinnlich? Lebendig? Es war alles das und noch mehr. Sie konnte es nicht in Worte fassen, aber sie mußte nur Aryns Hand drücken, um sie verstehen zu lassen.
    Grace wandte sich wieder der Baronesse zu. »Ich finde, wir sollten Boreas sagen, was wir tun.«
    Aryn riß vollkommen entsetzt ihre Hand zurück. »Grace! Bitte sag mir, daß du das nicht ernst meinst. Boreas läßt uns vierteilen, wenn er es herausfindet. Er ist ein Vathrisanhänger. Du weißt genau, was er von Hexen hält.«
    Grace seufzte unglücklich und nickte. Natürlich hatte Aryn recht.
    Nun verwandelte sich Aryns Schrecken in Sorge. »Was ist denn, Grace?«
    »Ich weiß nicht genau, Aryn. Es ist nur, weil ich König Boreas’ Spionin beim Rat sein soll. Aber jetzt sind wir Schülerinnen von Königin Ivalaine geworden. Ich weiß, daß sie einen Plan verfolgt. Aber ich kann nicht einmal annähernd herausfinden, was es ist.«
    Ihre Worte eilten ihrem Verstand voraus, als sie all die Hinweise und Andeutungen auswertete, die sie beim Rat der Könige gesammelt hatte.
    »Und ich bezweifle, daß Ivalaine beim Rat nur als Königin von Toloria handelt. Ich glaube, daß sie auch in ihrer Eigenschaft als Hexe hier ist. Ich weiß es genau. Die Hexen haben etwas vor, Aryn. Kyrene läßt hier und da solche selbstgefälligen Anspielungen fallen.« Sie zwang sich zu einem Lächeln. »Ja, ich weiß auch, daß man nicht alles glauben darf, was Kyrene so erzählt, aber es ist trotzdem klar, daß irgend etwas beim Rat der Könige vor sich geht. Etwas, das unter der Oberfläche liegt und woran die Hexen beteiligt sind.«
    »Beobachten«, sagte Aryn.
    Grace neigte den Kopf zur Seite.
    »Ivalaine beobachtet ständig irgend etwas. Wenn ich sie beim Rat sehe, scheint sie immer nach etwas Ausschau zu halten und zu warten.«
    »Worauf denn?«
    Doch wenn sie die Antwort darauf gewußt hätten, wären sie nicht in dieser Zwickmühle gewesen.
    Plötzlich keuchte Aryn auf und sprang auf. »Ich komme zu spät, Grace. Wenn ich mich jetzt nicht beeile, werde ich Tressa warten lassen.«
    »Dann geh«, sagte Grace. Sie stand auf und brachte ihre Freundin zur Tür.
    »Und was ist mit dir?«
    »Kyrene hat gesagt, daß sie sich heute nicht mit mir treffen kann. Nein, es ist schon gut. Sie hat mir einige Kräuter gegeben, damit ich ein paar Kräutertränke herstellen kann, und das muß ich sowieso noch üben.«
    Aryn bedankte sich noch einmal bei ihr, bevor sie durch die Tür huschte und den Korridor entlanglief. Grace sah ihr nach, dann schloß sie die Tür und war wieder allein in ihrem Gemach.
    Sie ging zur Kommode und zündete eine Kerze an, um das blaue Abendlicht zu vertreiben. Dann beschäftigte sie sich mit den kleinen Stoffpäckchen, in die sie die Kräuter gepackt hatte, die sie im Garten gesammelt hatte. Sie versuchte, sich an das Rezept zu erinnern, das Kyrene ihr vorgetragen hatte. Nimm fünf Blätter Rotkrone, drei Blätter Hundewicke und ein fingerlanges Stück getrocknete Weidenborke …
    Grace runzelte die Stirn. Oder waren es drei Blätter Rotkrone und fünf Blätter Hundewicke gewesen?
    Seufzend legte sie die Päckchen wieder hin. Sie wußte genau, daß sie eigentlich üben sollte. Bis jetzt hatten alle ihre Tränke wie Dreck geschmeckt, und ihre einzige magische Wirkung war, daß sie sehr viel häufiger und dringender als sonst auf den Nachttopf mußte. Aber die Ratssitzung hatte sie erschöpft. Sie war jetzt für Tränke und Zaubersprüche zu müde.
    Sie sah aus dem dunklen Fenster und dachte an den Garten. Sie sehnte sich danach, wieder dieses Leben zu spüren, diese Energie, die die Leere in ihr füllen konnte. Aber die Sonne war schon untergegangen, und bald würde es zu kalt und dunkel sein, um das Gebäude zu verlassen, und in ihrem Gemach war nichts Lebendiges.
    Aber wo steht denn geschrieben, daß man nur lebendige Dinge spüren kann, Grace?
    Ihr lief ein Schauder über den Rücken. Der Gedanke schien kaum ihr eigener zu sein, doch sie wußte, daß er es war. Aber es war eine alberne Idee. Gegenstände waren nicht lebendig, sie konnten unmöglich Energie

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