Die letzte Rune 03 - Der Runensteinturm
tauchte ihre strengen Züge in sein kühles Licht, und wieder ertönte das Bimmeln.
»Siebzehn zweiunddreißig«, sagte Waunita.
Also hatte sie doch alles zusammengerechnet.
Die junge Frau streckte eine Kreditkarte aus. Waunita nahm sie und führte sie über den keilförmigen Gegenstand, ohne ihn zu berühren. Ein erneutes Bimmeln. Waunita gab die Karte zurück, packte die Waren in eine Plastiktüte und nickte, als die junge Frau ging.
»Brauchen Sie Hilfe, Travis?«
Er schüttelte den Kopf – er hatte schon wieder gestarrt. Er eilte zur Theke und legte die Türangeln hin.
»Hallo, Waunita. Ich muß die hier umtauschen.«
Sie nickte und berührte die Türangeln – nein, das stimmte so nicht. Sie berührte das metallische Preis-Schild, das an jeder Angel befestigt war.
Travis sah stirnrunzelnd zu. »Was ist aus der alten Registrierkasse geworden?«
»Das hier ist besser.«
Zum ersten Mal fiel ihm auf, daß sie am Handgelenk eine Art schwarzes Armband trug, das aus Nylon und Velcro bestand. An seiner Unterseite befand sich ein kleines schwarzes Kästchen. Waunita berührte die Haupteinheit auf der Theke. Es bimmelte, und zur gleichen Zeit blitzte eine kleine LED-Anzeige auf dem Armband auf.
Travis’ Stirnrunzeln vertiefte sich.
»Es benutzt meinen Körper als Draht«, sagte sie.
»Was meinen Sie?«
»Wenn ich Dinge berühre, erinnert sich das hier daran.« Sie strich über das an dem Armband befestigte Kästchen, dann zeigte sie auf die Einheit auf der Theke. »Und wenn ich das da berühre, hört es durch meinen Körper zu und erfährt, welche Dinge ich berühre. Dann zählt es sie zusammen.«
Travis dämmerte es. Er erinnerte sich, an einem ruhigen Abend vor ein paar Monaten mit Max im Saloon gesessen und im Fernsehen den Wissenschaftskanal gesehen zu haben. Die Sendung hatte neue Technologien zum Thema gehabt. Bei einer war es um ein Gerät gegangen, das statt einem Kabel den menschlichen Körper als Datenträger benutzte. Die monotone Stimme des Moderators hatte sie Personal Area Networks – PANs – genannt. Aber die Prototypen waren groß und sperrig gewesen. Im Vergleich zu dem schlanken, eleganten Gerät, das Waunita trug, hatten sie wie etwas aus einem Wissenschaftswettbewerb an der High School ausgesehen.
»Sie machen tolle Dinge«, sagte Waunita.
Er schüttelte den Kopf. »Was meinen Sie, Waunita? Wer hat das eingebaut?«
Sie griff unter die Theke, holte eine Broschüre hervor und gab sie ihm.
»Vielleicht können die Ihnen auch helfen, Travis.«
Er sah auf die Broschüre und hätte beinahe gelacht. Vielleicht hätte es ihn überraschen sollen, das große D und die Mondsichel zu sehen, aber das tat es nicht. Duratek. Das also taten sie – das war eine der Möglichkeiten, mit denen sie Werbung machten.
»Mrs. McKay war besorgt«, sagte Waunita. »Aber jetzt ist sie immer voller Optimismus. Sie sagt, so gut wären die Dinge schon seit vielen Jahren nicht mehr gelaufen. Sie bezahlt mir mehr.«
Travis sah aus dem Schaufenster. Im Zwielicht trieb Abfall dreckigen Tumbleweeds gleich die Elk Street entlang. Nein, Waunita irrte sich. Die Dinge standen nicht gut – nicht im mindesten. Wer waren diese Leute? Was wußten sie über echte Möglichkeiten? Sein Blick fiel auf die Mondsichel auf der Broschüre. Schon einmal hatte er ein Symbol in der ganzen Stadt gesehen, bevor sich alles veränderte. Travis knüllte die Broschüre zusammen, schob sie in die Tasche und drehte sich um, um den Laden zu verlassen.
»Travis? Sie haben Ihre Türangeln vergessen.«
Er nahm kaum wahr, daß Waunita ihm die Plastiktüte in die Hand drückte, dann trat er durch die Vordertür in das heiße Zwielicht. Er blickte in beide Richtungen und hielt nach dem schwarzen Wagen Ausschau, dazu bereit, sich diesen Leuten zu stellen, sie zu fragen, für wen sie sich hielten, daß sie herkamen und die Dinge veränderten.
Die Straße lag verlassen da, der Wagen war verschwunden. Travis seufzte und ging zurück, um den Saloon zu öffnen.
10
Max rief eine Viertelstunde vor Mitternacht im Mine Shaft an. Travis nahm hinter der Bar den Hörer ab. »Max? Max? Bist du das?«
Ein digitales Zischen erklang und verwandelte sich in Worte. »… natürlich bin ich das, Travis.« Die Stimme klang dünn und metallisch, als würde Max durch ein langes Stahlrohr sprechen.
Travis drehte sich um, um das leise Gemurmel der Unterhaltungen auszusperren. Zu seinem Erstaunen hatten bei seiner Rückkehr von McKay’s Leute vor dem
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