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Die letzte Rune 03 - Der Runensteinturm

Titel: Die letzte Rune 03 - Der Runensteinturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony Mark
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gebiete …«
    Grace hielt den Atem an. Da war etwas Seltsames an der Art, wie die Baronesse diese Worte aussprach. Sie war nicht davon überzeugt, daß Aryn sie wirklich verstanden hatte.
    Aber Aryns Zittern verschwand, und sie schaffte es ohne Hilfe, aufzustehen und mit Grace zurück zu ihrem Gemach zu gehen. Dort unterhielten sie sich bis tief in die Nacht, sprachen über alles, was ihnen in den letzten Monaten passiert war, und am Ende lachte Aryn – ein ehrliches, wenn auch zerbrechliches Lachen. Vielleicht war Grace zu ihr durchgedrungen. Zumindest hoffte sie es. Sie würde weit von Calavere fortreisen, und sie wußte nicht, wann sie zurückkehrte.
    Als sich Grace endlich verabschiedet hatte, weinten sie beide, aber diesmal waren die Tränen das normale Nebenprodukt guter, alter Traurigkeit. Dann kehrte Grace in ihr eigenes Gemach zurück, legte sich für einige wenige Stunden ins Bett und stand lange vor Sonnenaufgang auf, um sich für die Reise vorzubereiten.

30
    Sie brachen bei Tagesanbruch auf.      
Grace ließ sich von Durge auf Shandis helfen. Die Stute stolzierte nervös im Kreis umher, konnte es kaum erwarten, daß es losging. Es hatte den Anschein, als wüßte sie, daß es hier um mehr als einen Spazierritt auf’s Land ging, aber wieder einmal traute Grace dem Tier zuviel zu.
    Aber vielleicht kann Shandis ja in Wahrheit die Zahl Pi auf zwanzig Stellen hinter dem Komma berechnen.
    Grace entschied sich, damit aufzuhören, sich Sorgen zu machen, ob sie das Tier personifizierte.
    Durge schwang sich auf Schwarzlockes Sattel, sein Kettenhemd klirrte. »Habt Ihr alle Vorbereitungen getroffen?« fragte der Embarraner die beiden anderen Ritter, die wie er auf hohen Schlachtrossen saßen.
    »Ich bin fertig«, sagte Sir Meridar und überprüfte ein letztes Mal die an seinem Sattel festgeschnallten Ledertaschen.
    Grace kannte Meridar. Er war der Ritter, der nach dem Angriff des Bären im Tal zu ihnen gestoßen war. Die Augen in seinem pockennarbigen Gesicht blickten freundlich.
    Der letzte Ritter, Sir Kalleth, nickte knapp. »Wir müßten schon längst unterwegs sein. Der Tag nimmt seinen Lauf.«
    Grace runzelte die Stirn, genau wie Durge. Kalleth hatte etwas an sich, das ihr nicht gefiel, obwohl schwer zu sagen war, worum genau es sich handelte. Er war ein unscheinbarer, wenn auch kräftig gebauter Mann, mit graugesprenkeltem Haar und unauffälligen Gesichtszügen, wenn man von der gebrochenen und schlecht gerichteten Nase absah. Vielleicht war es die Unlust in seinen Augen. Was es auch war, Grace wünschte sich, Boreas hätte ihm nicht befohlen, sie zu begleiten.
    Sowohl Meridar als auch Kalleth hatten dem neuen Orden von Malachor den Treueid geschworen. Als Graces Begleitschutz zu fungieren war ihre letzte Pflicht König Boreas gegenüber, bevor er sie aus seinen Diensten entließ. Nach der Rückkehr aus Perridon wollten die beiden Ritter zur neuen Festung des Ordens nach Galt reisen. Grace nahm sich vor, Meridar darum zu bitten, Beltan einen Gruß auszurichten. Sie vermißte den großen blonden Ritter und hoffte, daß es ihm gutging.
    »Der König hat uns die Erlaubnis zur Abreise gegeben«, sagte Durge. »Es gibt nichts, was uns noch hier hält.«
    Grace blickte sich auf dem Burghof um, doch es war weder etwas von Aryn noch von Lirith zu sehen. Aber warum hätten sie auch kommen sollen? Grace hatte sich gestern lange mit Aryn unterhalten, und sie hatte sich zuvor bereits beim Frühstück von Lirith verabschiedet.
    Es ist besser, Abschiede nicht zu lange herauszuzögern. Das weißt du ganz genau, Grace.
    Trotzdem fiel es schwer, keinen Stich der Enttäuschung zu verspüren.
    »Seid Ihr bereit, Mylady?« fragte Durge.
    Grace zögerte. Da war noch jemand, von dem sie sich hatte verabschieden wollen. Aber als sie am gestrigen Nachmittag in den Garten gegangen war, hatte sie von Naida keine Spur entdecken können. In der kleinen Grotte, in der die Kräutermutter sonst gearbeitet hatte, war es völlig still gewesen. Als sich Grace zum Gehen gewandt hatte, hatte sie gesehen, daß der Baum in der Ecke abgestorben war. Seine braunen Zweige hingen herunter, als wollte er die anderen Pflanzen in einer letzten Umarmung umfangen. Grace hatte eine Hand an die Brust gelegt, sich umgedreht und den Garten verlassen.
    Sie blickte in den makellosen Sommerhimmel hinauf. Es versprach ein heißer Tag zu werden. Sie suchte das blaue Firmament ab, und obwohl sie ihn nicht sehen konnte, wußte sie doch, daß er da war und

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