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Die letzte Rune 04 - Die Flammenfestung

Titel: Die letzte Rune 04 - Die Flammenfestung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony Mark
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Hauptstraße war die Gasse dunkel und still. Die Häuserwände neigten sich einander zu und sperrten dabei fast den Himmel aus.
    Ein paar Minuten später fragte Travis sich bereits, ob dieser Umweg eine gute Idee gewesen war. Zuerst hatte er die Spitzen der Türme am Schloßtor sehen können. Dann machte die Gasse einen scharfen Knick nach rechts, und die Türme verschwanden. Es folgte eine Biegung nach der anderen, bis sich Travis nicht mehr sicher war, ob er sich von der Schloßmitte entfernte oder darauf zuging. Hier und da spannten sich über seinem Kopf Brücken, aber es war einige Zeit her, daß er einen Durchgang gesehen hatte, der zur Hauptstraße zurückführte, und es war kein Ende in Sicht.
    »Habt Ihr Euch verirrt, mein Freund?«
    Travis kam ruckartig zum Stehen. Er riß den Kopf herum, blickte nach rechts und links, aber da waren nur nackte Häuserwände zu sehen.
    »Nein, mein Freund. Hier drüben.«
    Er fuhr herum und sah einen Mann sich von einer Wand lösen, die er noch vor Sekunden angestarrt hatte. Wieso hatte er ihn nicht gesehen? Dann bemerkte er den Umhang des Mannes: Der Stoff hatte exakt dieselbe graue Farbe wie alle Wände auf Schloß Spardis.
    Der Mann war jung – jünger als Travis mit seinen einunddreißig Jahren, soviel war sicher –, eher schmächtig und mit einem Gesicht ausgestattet, das man nicht als ansehnlich, sondern schon als hübsch bezeichnen mußte. Ein blonder Spitzbart schmückte sein Kinn, und seine Augen waren von einem so hellen Blaugrau, daß sie schon silbern wirkten. Er hielt eine Hand hoch, die in einem perlgrauen Handschuh steckte.
    »Heil der Königin. Mögen ihre Geheimnisse niemals ausgesprochen werden.«
    Travis blinzelte. »Entschuldigung?«
    Der Mann runzelte die Stirn. Er zögerte, dann machte er mit den Fingern der linken Hand eine komplizierte Geste. Travis schüttelte den Kopf. Was sollte das?
    Es geschah so schnell, daß ihm keine Zeit zu einer Reaktion blieb. Der Mann trat vor und drückte ihm die Spitze eines kleinen, scharfen Dolches unter das Kinn.
    »Wer seid Ihr?«
    »Ich bin Travis Wilder«, antwortete er, zu überrascht, um etwas anderes als die Wahrheit zu sagen.
    Der Mann kniff die Augen zusammen. »Wo habt Ihr diesen Umhang her?«
    »Was?«
    »Den Umhang!« Der Mann riß an Travis’ Nebelmantel.
    Travis schluckte. »Den hat mir Falken gegeben.«
    Der Mann schien zum ersten Mal zu zögern. »Falken? Ihr meint Falken Schwarzhand?«
    Travis wollte nicken und holte zischend Luft, als sich die Dolchspitze in seine Haut bohrte. »Ja.«
    Der Fremde musterte ihn, dann nahm er den Dolch mit einer anmutigen Bewegung herunter und trat einen Schritt zurück. »Ich sehe in Euren Augen, daß Ihr die Wahrheit sagt. Ihr müßt mir verzeihen. So viele von meinem Orden sind nun tot. Ich fürchtete, Ihr hättet den Mantel einem toten Kameraden gestohlen.«
    Travis rieb sich den Hals. »Euer Orden?«
    Der Fremde schwieg. Travis senkte die Hand, dann fiel ihm wieder der Mann ein, der ihnen an Perridons Grenze begegnet war, der Mann, der sich mit der Flammenpest angesteckt hatte – der den gleichen grauen Nebelmantel getragen hatte wie Travis.
    »Ihr seid ein Spinnenmann!« rief er.
    Der Mann hob die schmalen Brauen. »Es stünde völlig im Einklang mit den Rechten, die mir die Monarchie von Perridon verliehen hat, wenn ich Euch für dieses Wissen umbringen würde.«
    Aus einem ihm unerklärlichen Grund fühlte sich Travis plötzlich mutig. »Warum tut ihr es dann nicht?«
    Der Mann bückte sich und schob den Dolch in den Stiefelschaft. »In der letzten Zeit hat es auf diesem Schloß genug Tod gegeben.«
    »Wovon sprecht Ihr? Hat die Seuche das Schloß erreicht?«
    »Nein. Das heißt, noch nicht. Wir wissen, daß sie kommt, aber das ist auch alles. Einige der Spinnenmänner haben Spardis verlassen, um das zu erkunden. Keiner von ihnen ist zurückgekehrt.« Der Mann blickte Travis in die Augen. »Und sie werden auch nicht zurückkehren, oder?«
    Travis schüttelte den Kopf.
    »Das habe ich mir gedacht.«
    »Ich bin einem von ihnen begegnet«, sagte Travis. »An der Grenze.«
    »Und, war er erkrankt?«
    Travis zögerte, dann nickte er kaum merklich. Der Spinnenmann wandte den Kopf ab. Er schwieg. Dann wandte er sich wieder Travis zu.
    »Also gehört Ihr zu Falken Schwarzhands Gruppe.«
    »Das ist richtig.«
    Der Spinnenmann lächelte traurig. »Vor gar nicht so langer Zeit hätte ich diese Frage gar nicht stellen müssen, aber ich fürchte, wir wurden …

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