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Die letzte Rune 04 - Die Flammenfestung

Titel: Die letzte Rune 04 - Die Flammenfestung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony Mark
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Macht habe, Euch gegen die Krondrim zu helfen.«
    Oragien winkte ab. »Bescheidenheit steht Euch gut, Bruder Wilder. Es ist sogar gut und viel zu selten, daß einem jemand begegnet, dessen Stolz nicht zusammen mit seinen Fähigkeiten gewachsen ist. Aber vergeßt nicht, daß Ihr ein Runenmeister seid. Nicht nur der Großmeister eines Ordens, wie ich es bin. Ihr habt die Macht, den Schlüssel zu entdecken.« Oragiens Stimme wurde leise. »Das heißt, wenn Ihr Euch dazu entschließt, uns zu helfen.«
    Travis wollte darauf etwas erwidern, aber er fand keine Worte, als ihm klar wurde, was gerade geschehen war. Oragien, der Großmeister des Grauen Turms der Runensprecher, hatte ihn gerade um Hilfe gebeten.
    Oragien ergriff seinen Stab und stand auf. »Kommt, Bruder Wilder, es ist Zeit für den Chorgesang.«
    An diesem Abend bat man Travis im Chorgemach, die Geschichte seiner ersten Reise nach Eldh zu erzählen. Als er das Podium in der Mitte des Gemachs betrat, zitterten ihm die Knie; er war es nicht gewohnt, im Mittelpunkt des Interesses zu stehen. In der Luft um ihn herum wisperten die Stimmen der Vergangenheit; hier, im genauen Zentrum des Gemachs, hielten sie sich am längsten. Wie alt waren wohl einige der Laute, die er so gerade noch eben hören konnte? Tage? Wochen? Jahrhunderte?
    Irgendwie war der Gedanke an all die anderen, die dort gestanden hatten, wo er nun stand, tröstend. Travis begann, und die Beschreibung seiner Erlebnisse strömte nur so aus seinem Mund. Seine Worte hallten durch das Gemach, jedes von ihnen verklang, ohne jemals ganz zu verstummen, und webten einen Klangteppich, bis es beinahe den Anschein hatte, als könnte er alle sehen, von denen er erzählte: Melia und Falken, Grace und Beltan, Aryn und Durge.
    Als er zu dem Teil der Geschichte kam, bei dem es um den Weißen Turm der Runenbinder ging, beugten sich alle Brüder, Gesellen und Lehrlinge vor, begierig, etwas über ihre alten Mitbrüder zu erfahren. Dann sprach er von der Torheit der Runenbinder, von dem Blut, das beim zweiten Zerbrechen des Grundsteins geflossen war. Entsetzte Ausrufe vermengten sich mit dem Wispern, das die Luft erfüllte.
    »Bruder Wilder, Ihr könnt nicht erwarten, daß wir glauben, was Ihr uns da erzählt«, rief eine rüde Stimme.
    Travis schaute auf und sah Bruder Larad auf das Podium zuschreiten. Köpfe nickten, während er an ihnen vorbeiging. Der dunkelhaarige Runensprecher war nicht der einzige, der Travis’ Geschichte anzweifelte.
    »Wie sollte es möglich gewesen sein, daß die Runenbinder bei der Grundsteinlegung ihres Turms das Blut eines Nekromanten vergossen? Im Krieg der Steine wurden sämtliche Dunklen vernichtet. Und selbst wenn einer überlebt hätte, wie hätten die Runenbinder – Sterbliche wie wir – ein solches Wesen fangen sollen?«
    Travis wollte etwas erwidern, auch wenn er nicht genau wußte, was er sagen sollte, aber eine andere Stimme kam ihm zuvor.
    »Ich glaube es.«
    Alle Blicke wandten sich Oragien zu, der mit dem Stab in der Hand neben seinem Sitz stand.
    »Seit jeher war der Orden der Runenbinder der stolzeste von allen«, fuhr der Großmeister fort. »Sie leiteten ihre Herkunft direkt von den Runenmeistern ab, die das Runentor in der Schattenkluft banden. Mikelos, der letzte Großmeister der Runenbinder, hat einmal gesagt, daß sein Orden die Sonne am Himmel binden könnte, wenn er nur wollte, damit immer Tag sei. Ein Jahr später fiel der Weiße Turm, und es gab keine Runenbinder mehr.« Er richtete den Blick auf Travis. »Jetzt wissen wir endlich, aus welchem Grund.«
    Ein allgemeines Nicken setzte ein, und so manch einer wischte sich bei dem Gedanken an die Tragödie, die vor über dreihundert Jahren den Runenbindern zugestoßen war, Tränen aus den Augen. Larad runzelte die Stirn, setzte sich aber und enthielt sich jeden weiteren Kommentars. Aber Travis spürte während des Rests seiner Geschichte, daß er ihn nicht aus den Augen ließ.
    Am nächsten Abend, die Sonne war gerade untergegangen, schaute Travis zufällig auf und sah Oragien in der Tür stehen.
    »Großmeister!« Travis erhob sich von seinem Bett – er hatte dort mit übereinandergeschlagenen Beinen gesessen und an einer Runentafel gearbeitet – und glättete seine graue Kutte.
    »Es ist Zeit«, sagte der weißhaarige Mann.
    »Für den Chor. Ja, natürlich. Laßt mich nur …«
    »Nein, Bruder Wilder. Heute abend findet kein Chor statt.«
    Travis erstarrte. Eine ruhige Kraft lag in Oragiens Stimme.
    Der

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