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Die letzte Rune 04 - Die Flammenfestung

Titel: Die letzte Rune 04 - Die Flammenfestung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony Mark
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hatte. Und wenn es auch nur annähernd so wie beim letzten Mal war, dann hatte sie das alles bereits vor Tagen gesehen. Vielleicht sogar schon vor Wochen. Das hier war dann ihre Zukunft. Was bedeutete …
    Du könntest hier sein, Grace. Wenn du das hier gesehen hast, wenn es dir etwas bedeutet, könntest du hier sein.
    Das ging weit über Verzweiflung hinaus. Das war der Wunschtraum eines Sterbenden. Aber falls es auch nur die geringste Wahrscheinlichkeit dafür gab, egal wie klein sie auch sein mochte, mußte er danach greifen. Hatte ihm das Bruder Cy nicht beigebracht?
    Aber was willst du tun, Travis? Selbst wenn sie dich gesehen hat, selbst wenn sie hier sein sollte, wie willst du ihr helfen, dich zu retten?
    Sein Verstand war leer. Die Hitze überschritt die Schmerzgrenze und ging darüber hinaus. Rauch ließ seine Augen tränen und die geisterhafte Grace verschwimmen. Plötzlich stieg eine Erinnerung aus der Tiefe seines Bewußtseins auf. Olrigs Hand wird dir helfen …
    Das hatte Jack also damit gemeint. Er mußte es Grace sagen – sowohl der damaligen wie auch der jetzt Anwesenden. Ein Tosen erfüllte seinen Kopf. Es war keine Zeit mehr da.
    Die Flammen sprangen in die Höhe, und er warf den Kopf zurück und schrie.

15
    Grace stolperte dem jungen Mann in der braunen Kulte hinterher, folgte ihm die gewundene Treppe hinunter und hätte sich dabei beinahe vor Konzentration in die Zunge gebissen. Sie war hochgewachsen, aber die graue Kutte war trotzdem zu groß, und sie geriet zwischen ihre Füße und drohte ständig, sie stolpern und die Treppe hinunterstürzen zu lassen.
    Es gab so viele Fragen, die sie ihrem Führer gern gestellt hätte. Wie war sein Name? Warum war er zu ihrer Zelle gekommen? Und was wollte er? Aber er hatte es kaum geschafft, ein Wort zustande zu bringen. Auch war keine Zeit, um stehenzubleiben und zu plaudern. Der Stumme half ihr bei dem Versuch, Travis zu retten – und das war alles, was sie wissen mußte.
    Die Treppe endete, und sie standen vor einem dreieckigen Durchgang in der Höhe dreier Männer. Heißes scharlachrotes Licht flutete hindurch und brachte die Luft zum Glühen wie ein entzündeter Plasmastrom. Grace trat vor, dann entdeckte sie, daß sie allein war. Sie wandte sich um. Ihr Führer stand auf der anderen Seite der Linie zwischen Licht und Schatten.
    »Kommt Ihr nicht mit?«
    Er zeigte auf die Decke, dann legte er die Handgelenke zusammen und riß sie auseinander. Ich muß den anderen helfen, die Ritter zu befreien, Mylady.
    Grace erstarrte. Allein. Wie sollte sie es allein schaffen? Die Männer dort draußen wollten Travis ermorden.
    Reiß dich zusammen, Frau Doktor. Stell dir einfach vor, die grauen Kutten wären weiße Kittel, und du hast eine Versammlung von Ärzten vor dir, die eine falsche Diagnose gestellt haben. Du mußt ihnen nur sagen, daß sie die falsche Behandlung verordnen wollen. Es ist also nicht so, als wäre das etwas, das du noch nicht Hunderte Male getan hättest.
    Grace holte tief Luft wie eine Frau, die man gerade von ihrem Beatmungsgerät getrennt hatte: für den Augenblick lebte sie. Sie nickte ihrem Helfer zu, und er lächelte. Er strich mit den Händen vom Kragen bis zum Scheitel. Zieht die Kapuze über, Mylady.
    Grace gehorchte, und als sie aufsah, war er bereits verschwunden. Sie drehte sich um und trat ins Licht.
    Sie mußte ein paarmal blinzeln, bis sich ihre Augen an den grellen Schein des Sonnenuntergangs angepaßt hatten. Die scharfen Gipfel der Fal Erenn stachen wie schwarze Messer in den Himmel; rotes Licht regnete vom Himmel. Als sie wieder klar sehen konnte, hatten die letzten Runensprecher gerade den neun Meter entfernten Halbkreis erreicht. Grace hob den Kuttensaum und eilte zu ihnen. Sie kam in genau dem Augenblick an, in dem der letzte Mann die letzte Lücke schloß. In der Formation schien für sie kein Platz mehr frei zu sein, also trat sie einen Schritt zur Seite und einen zurück. Ihr Herz schlug gegen ihre Rippen, und sie wußte, daß sich jeden Augenblick ein Runensprecher umdrehen, auf sie zeigen und das Wort Hochstaplerin rufen würde.
    Aber alle blickten nach vorn, als sich eine müde Stimme zu Wort meldete.
    »Die Sonne geht unter. Laßt es uns zu Ende bringen.«
    Grace schob die Kapuze einen Zentimeter zurück – gerade weit genug, um klar sehen zu können. Neben dem Stein standen zwei Runensprecher. Einer war Oragien. Der andere war der Mann, den sie gestern abend beim Tor gesehen hatte, dessen Gesicht von

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