Die letzte Rune 04 - Die Flammenfestung
Flammenpest.
Unterwegs hatten sie ein paar Vorräte besorgen können, um den im Grauen Turm mitgenommenen Proviant aufzufrischen – aber es waren nicht viele gewesen. Das hier war das Hinterland Fermions, weitab von jedem größeren Schloß oder jeder Festung, und die hier lebenden Menschen waren schockierend arm und fürchteten alle Fremden. In einem Dorf hatten sie etwas ungesäuertes Brot, sauren Wein und Trockenfrüchte erstehen können.
»Im nächsten Dorf werden wir mehr Glück haben«, hatte Beltan mit einem leicht verzweifelten Unterton in der Stimme gesagt. »Glaubst du nicht, daß wir dort mehr Glück haben werden, Grace?«
Aber es hatte kein nächstes Dorf gegeben. Sie waren durch eine karge Landschaft geritten, die stets nebelverhüllt war und in der es überall von zerklüfteten Schluchten und breiten Flächen aus losem, regennassem Schiefer wimmelte, die sowohl Pferde wie auch Reiter in Gefahr brachten.
Trotz Nebel und Feuchtigkeit war die Kälte des unwirtlichen Landes zwischen Toloria und Perridon zusammen mit der Sonne an der Grenze verschwunden. Die Luft war heiß und unangenehm feucht, wie in einem Dampfbad, das zu Schimmeln angefangen hatte. Die Feuchtigkeit durchdrang alles – Rüstungen, Wämser, Gewänder –, und die Hitze lockte Schweißströme hervor, die jedoch nicht verdunsten konnten, sondern die Kleidung nur noch feuchter machten.
Falken hatte kaum weitere Informationen über ihr Ziel gegeben – nur daß es sich um den Ort handelte, von dem er glaubte, daß der Stein des Feuers dort eine Zeitlang gewesen war. Grace kannte Falkens Geschichten über die Imsari – dir drei Großen Steine –, aber sie verstand noch immer nicht genau, was sie eigentlich darstellten oder wo sie herkamen. Sie wußte nur, daß der Fahle König bereit gewesen war, jede nur erdenkliche Tat zu begehen, um Sinfathisar – den Stein des Zwielichts – für sich zu gewinnen, aber Travis hatte ihn dem Kleinen Volk zur Aufbewahrung überlassen. Und aus diesem Grund war ihr klar, daß Krondisar möglicherweise dazu benutzt werden konnte, viele böse Dinge zu erschaffen.
Einschließlich Feuerseuchen. Sieht so aus, als hättest du endlich deinen Krankheitsauslöser gefunden, Grace.
Aber ob sie auch ein Heilmittel oder einen Impfstoff finden würde, war eine ganz andere Frage. Aber waren sie nicht deshalb an diesen Ort gereist?
Falken fluchte und zeigte auf ein paar Nebelschwaden. »Kannst du nichts dagegen tun, Melia?«
Irgendwie konnte Melia anmutig im Sattel auf einem langbeinigen weißen Pferd sitzen und gleichzeitig bedrohlich wirken. »Und was genau schlägst du vor, daß ich tun soll, Falken?«
»Das weiß ich doch nicht.« Der Barde machte ein paar unbestimmte wedelnde Handbewegungen. »Kannst du nicht … deine Art von … du weißt schon … benutzen?«
Melia würdigte ihn mit keiner Antwort, und seine Worte verklangen im Dämmerlicht.
Beltan strich feuchte Haare aus der hohen Stirn. »Und da gibt es Leute, die sagen, ich wäre nicht besonders klug. Dabei weiß ich es besser, als solche Fragen zu stellen.«
Liriths Lippen verzogen sich zu einem nachdenklichen Lächeln. »Schweigen ist die oft vergessene Würze im Eintopf der Weisheit.«
Beltan stöhnte und hielt sich den Bauch. »Sprecht nicht von Eintopf. Ich bin am Verhungern.«
»Hattest du nicht gesagt, du würdest fasten, um Vathris’ Segen zu empfangen?« fragte Melia.
»Eigentlich habe ich das nur gesagt, damit ich mich nicht so mies fühle, weil ich nichts zu essen habe.«
»Seid Ihr sicher, daß Eure Worte irgendeinen Sinn ergeben?« fragte Aryn verblüfft.
Beltan zuckte bloß mit den Schultern. »Ja, klar.«
Melia warf ihm einen vernichtenden Blick zu. »Beltan, du solltest es besser wissen, als den Namen eines Gottes zum Witzereißen zu benutzen.«
Falken grinste, offensichtlich froh darüber, daß Melias Unmut nun in eine andere Richtung gelenkt war. »Und wir sollten es besser wissen, als große Ritter auf eine lange Reise mitzunehmen, ohne ein mit Proviant beladenes Packpferd dabeizuhaben.«
»Und mit Bier«, sagte Beltan mit einem nachdrücklichen Nicken.
Durge kam mit Schwarzlocke näher heran. »Warum haben wir angehalten, Falken?« fragte der Embarraner.
Der Barde drehte sich im Sattel um und streckte den Arm aus. »Darum.«
Plötzlich schoß förmlich aus dem Nichts eine warme, feuchte Böe heran, riß eine Lücke in den Nebel und trieb die Fetzen über die Steppe. Grace sah in die Richtung, in die Falken
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