Die letzte Rune 04 - Die Flammenfestung
langsam glaube, Ihr wollt, daß es wahr wird.«
Der Embarraner hielt den Kopf gesenkt.
Beltans Hand fuhr zum Schwertgriff. »Ich sage Euch was – ich gebe Euch etwas, worüber Ihr Euch Sorgen machen könnt …«
»Beltan!«
Melias Stimme war nicht laut, trotzdem durchschnitt sie den Nebel wie eine Messerklinge. Beltan riß die Hand vom Schwert zurück und setzte sich wieder, ließ aber Durge nicht aus den Augen.
»Ist das alles, woran ihr Ritter denken könnt, wenn ihr einem Problem gegenübersteht?« fauchte Lirith voller Verachtung. Die dunkeläugige Frau hatte sich aufgesetzt. Sie flocht ihr Haar mit schnellen Bewegungen zu einem Zopf, den sie genauso schnell wieder löste. »Ist das Schwert eure Antwort für alles?« Sie fing an, das Haar erneut zu flechten.
Beltan schnaubte, er verzog spöttisch die Lippen. »Und was würdet Ihr tun, Hexe? Einen Zauber wirken, damit wir alle vor Euch kriechen?«
Entsetzen schnürte Travis’ Hals zu. Hörte er das tatsächlich? Ihm war, als müßte er schreien, obwohl er nicht die geringste Ahnung hatte, warum das so war, und er warf Grace wieder einen fragenden Blick zu. Aber sie drückte Tira eng an sich und senkte den Kopf über das Mädchen.
Aus Falkens Richtung erscholl ein weiterer Fluch. Diesmal wandte sich der Barde von dem alten Tor ab und marschierte auf sie zu.
»Glück gehabt?« fragte Melia.
»Was glaubst du?« schleuderte er ihr höhnisch entgegen.
Melias Augen weiteten sich, dann zogen sie sich zu schmalen, funkelnden Schlitzen zusammen. »Wenn du vorausgeplant hättest, wäre dieses Problem vielleicht erst gar nicht entstanden.«
»Und wenn dein Freund uns vorgewarnt hätte, würden wir hier nicht festsitzen.«
»Willst du damit sagen, daß uns Tome deiner Meinung nach nicht alles gesagt hat?«
»Verrät denn deine Art immer alles, was sie weiß, Melindora Nachtsilber? Tut sie das?«
Falkens Worte waren so ätzend wie Gift. Melia erbleichte, und Travis konnte wie die anderen nur fassungslos zusehen. Doch bevor der Barde noch etwas sagen konnte, sprang Aryn auf.
»Seid still!« Die Stimme der jungen Frau bebte und drohte sich zu überschlagen. »Seid alle still! Ihr klingt wie Krähen, wißt ihr das? Alle krächzen und krächzen und sagen nichts. Das treibt mich noch in den Wahnsinn!«
Die Baronesse versteifte sich, dann ließ sie sich am ganzen Leib zitternd auf die Knie fallen. Grace streckte die Hand nach ihr aus, dann riß sie sie zurück und sah auf. »Was geht hier vor? Etwas stimmt nicht … und zwar mit uns. Wir streiten sonst nie auf diese Weise.«
Melia blinzelte, sah Falken an, und der Barde nickte.
»Es ist wie eine Krankheit«, sagte Lirith, und ihre Stimme war ein heiseres Flüstern. »Ich kann sie in der Luft dieses Ortes fühlen. Hier ist alles krank und verdorben.«
Die Hexe erschauderte, und Tira ging zu ihr, setzte sich auf ihren Schoß und schmiegte sich an sie. Von ihnen allen erschien nur das kleine Mädchen unverändert.
Aryn schloß blinzelnd die Augen, dann riß sie sie wieder weit auf, und ihr Schrei war wie ein Pflock, der sich in Travis Herz bohrte. Grace eilte zu der jungen Frau.
»Was ist?« Sie berührte Aryns Stirn, ihre Wangen, ihre Schultern.
Die Baronesse hob einen zitternden Finger; ihr Gesicht war totenbleich. »Ich habe es gesehen. Dort drüben. Wie ein … ein Riß in der Weltenkraft, in dem es nur das … Nichts gibt.« Sie krümmte sich zusammen, schlug die Hand vors Gesicht und fing an zu schluchzen.
Falkens Miene war grimmig. »Beltan, Travis, begleitet mich. Der Rest bleibt hier.«
Travis sprang auf die Füße, und er und der Ritter folgten dem Barden in die Richtung, in die Aryn gezeigt hatte, auf eine Gruppe hoher, abgestorbener Büsche zu, die von Schlingpflanzen durchzogen wurden.
»Ich hätte es wissen müssen«, murmelte Falken. »Ich hätte es wissen müssen, daß es an einem solchen Ort einen gibt.«
Travis wollte den Barden fragen, wovon er eigentlich sprach, aber da erreichten sie die toten Büsche. Falken riß mit der behandschuhten Hand einen Zweig beiseite.
»Helft mir.«
Travis und Beltan rissen an den Schlingpflanzen und den Sträuchern. Dornen bohrten sich in ihre Haut, aber Travis ignorierte sie und zog weiter. Auch er konnte es fühlen – nicht so deutlich wie Aryn, aber es war da: eine dunkle, schwere Masse, die ihn anzog und dabei in einen rauchigen Schleier hüllte. Grunzend vor Anstrengung rissen die drei Männer die Verschlungene Pflanzenmasse fort und warfen
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