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Die letzte Rune 04 - Die Flammenfestung

Titel: Die letzte Rune 04 - Die Flammenfestung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony Mark
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beschrieb dort eine Kurve und schoß mit furchteinflößender Geschwindigkeit in die Tiefe. Jemand schrie auf – es hätte Aryn sein können –, und Travis verspürte einen plötzlichen Schmerz, als sich Graces Finger in seinen Arm bohrten. Aber es blieb keine Zeit, sich umzudrehen, keine Zeit zur Flucht – selbst wenn es eine Deckung gegeben hätte, in der man hätte Schutz suchen können. Schwingen entfalteten sich, die an graue Segel erinnerten, Klauenfüße streckten sich aus. Dann landete das Wesen vor ihnen auf dem Steinboden. Travis erstarrte, als er in Augen sah, die wie farblose Juwelen aus einem gigantischen, saurierähnlichen Schädel starrten.
    »Eine Bewegung«, sagte der Drache zischend und stieß eine Rauchwolke aus, »und ich verbrenne euch alle zu Asche.«

24
    Die riesige geflügelte Kreatur verströmte Furcht wie eine vergessene Müllkippe, die Gift absonderte, und verpestete jeden Atemzug, den Grace mühsam einsog. Sie drückte Tira so hart an sich, daß es dem Mädchen weh tun mußte, aber Tira gab keinen Laut von sich. Die anderen standen so reglos wie Statuen da und starrten die gewaltige Drachengestalt an, die ein Dutzend Schritte vor ihnen hockte.
    Ein Drache … und woher weißt du eigentlich, daß es sich genau darum handelt, Grace?
    Aber was hätte es sonst sein sollen? Welch anderes Wesen hätte eine solch urzeitliche, kreatürliche Furcht aus den Tiefen ihres Unterbewußtseins heraufbeschwören können? Die Kreatur sah aus wie die Bilderbuchdrachen, die sie als Kind gesehen hatte und die über Aquarellburgen schwebten, wo sie dann von Rittern erschlagen wurden. Und gleichzeitig sah sie ganz anders aus.
    Es fiel ihr schwer, den Drachen anzusehen – um ihn herum schien die Luft zu flimmern und wie eine schiefe Linse alles zu verzerren. Im ersten Augenblick hielt Grace die Haut des Drachen für so farblos wie Rauch, aber dann verlagerte er sein Gewicht, und die Farben des Regenbogens schimmerten auf.
    Die Größe des Drachen zu bestimmen war genauso schwierig wie seine Farbe zu erkennen. Grace konnte nur Zuflucht zu relativen Begriffen nehmen. Größer als ein Elefant? Ja. So groß wie das Skelett des Tyrannosaurus Rex im Foyer des Naturkundemuseums in Denver? Nein, nicht ganz. Vielleicht mal von den Zähnen abgesehen.
    Sie war stets der Meinung gewesen, daß Drachen – vorausgesetzt, es hätte sie gegeben – so etwas wie große Echsen gewesen waren. Aber diese Kreatur sah in vielerlei Hinsicht wie ein riesiger geschwärzter Schwan aus. Ihr Hals war lang, gewunden und schlängelte ständig hin und her, und sie stand auf zwei krummen Beinen und breitete die Schwingen aus, um das Gleichgewicht zu halten. Aber auch das war so nicht richtig. Denn der Drache hatte keine Federn, und die membranähnliche Haut der Schwingen bedeckte wie bei einer Fledermaus langgezogene Fingerglieder. Und obwohl sich seine Schnauze nach unten krümmte, bestand sie aus Knochen und war kein Schnabel. Säugetier, Vogel, Reptil – keine der Kategorien, die Grace kannte, paßte hier. Sie erkannte hier Züge von allen dreien.
    »Nebel und Zwielicht«, sagte der Drache und ließ die Flut der Furcht in Grace wieder anschwellen, »da habe ich ja eine seltsame Reisegruppe gefunden.«
    Als er sprach, blies er Grace heiße Luft ins Gesicht. Sie war davon ausgegangen, daß sein Atem widerwärtig und stinkend sein würde. Statt dessen war er trocken und bis auf einen schwach staubigen Duft geruchlos – ein Duft, der ihr, wie sie einen Augenblick später erkannte, durchaus vertraut war, und zwar aus den Kellern alter Universitätsbibliotheken.
    »Was soll ich mit einer solch interessanten Sammlung von Leuten machen?« Der Drache bewegte beim Sprechen nicht den lippenlosen Rachen. Die zischende, auf seltsame Weise sinnliche Stimme kam aus den Tiefen seiner Kehle.
    Er ist wie ein Papagei. Eigentlich spricht er gar nicht, nicht so wie wir. Er muß eine außerordentlich komplizierte Luftröhre haben, um die menschliche Sprache imitieren zu können.
    Verrücktes Gelächter stieg in ihr auf.
    Und wenn du dieses Ding bloß für einen großen, dummen Vogel hältst, dann kannst du dir genausogut ein Schild mit der Aufschrift ›Ich bin blöd‹ um den Hals hängen.
    Aus dem Augenwinkel sah sie eine Bewegung. Falken kam mit langsamen, vorsichtigen Bewegungen heran und überbrückte die Hälfte der Strecke zwischen den Reisenden und dem Drachen. Der Barde verbeugte sich tief, dann richtete er sich wieder auf und sprach mit

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