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Die letzte Rune 04 - Die Flammenfestung

Titel: Die letzte Rune 04 - Die Flammenfestung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony Mark
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dem Rücken; die Steinscherben, die den Talboden bedeckten, waren viel zu scharf für kleine nackte Füße. Laut Grace konnte das Mädchen nicht sprechen. Travis hatte sie noch nie einen Laut von sich geben hören. Und doch hatte sie vor wenigen Minuten ein Wort gesagt, und zwar mit klarer, unmißverständlicher Stimme. Mindroth. Ein Frösteln durchfuhr Travis. Vielleicht wußte er ja doch, was das alles zu bedeuten hatte.
    Durge war stehengeblieben und hatte sich auf ein Knie niedergelassen, um eine Stelle zu untersuchen, an der die Fußabdrücke unter Geröll verschwanden, das vor wer weiß wie langer Zeit von den Felsen herabgestürzt war. Jetzt stand der Ritter mit dem grimmigen Gesicht wieder auf und klopfte sich den Staub von den Händen.
    »Sie führen in die Richtung«, sagte er und zeigte quer durch das Tal, »an diesem Felsvorsprung vorbei.«
    Travis sah in die betreffende Richtung. Er brauchte einen Augenblick, bis er den richtigen Felsen gefunden hatte, der aus der Talwand herausragte. Er wies dieselbe dunkle Farbe auf wie der restliche Stein.
    »Gehen wir«, sagte Falken. »Wir haben noch etwa drei Stunden Tageslicht. Ich weiß nicht, wie ihr darüber denkt, aber ich möchte nach Einbruch der Nacht nicht hier sein.«
    Noch war es Nachmittag, aber die Sonne war bereits hinter den Talrand gesunken, und der Himmelsausschnitt hatte die Farbe blauer Asche angenommen. Travis hatte diesen Effekt schon zahllose Male in den Bergen von Colorado gesehen, wo tiefe Canyons Stunden vor Einbruch der Nacht bereits in ein vorzeitiges Zwielicht gehüllt wurden. Es hatte den Anschein, als wäre das Tal nicht länger Teil der großen Welt, sondern schwebe statt dessen an einem leeren Ort, der weder Tag noch Nacht war, an dem es weder hell noch dunkel war.
    Das Knirschen der Steinsplitter endete abrupt, als alle anhielten. Travis kam rutschend neben Grace zum Stehen und schaute auf.
    Also war das Tal doch kein perfekter Kreis. Es war eher wie eine Acht geformt, und der Felsvorsprung teilte es in der Mitte in zwei Hälften. Nun hatten sie ihn umrundet, und Travis erblickte ihr Ziel.
    »Was ist das für ein Ort?« flüsterte Aryn mit blassem Gesicht und griff nach Liriths Hand.
    »Ein Ort, an dem der Tod herrscht«, sagte Melia. Sie legte die Wange an das Fell des Kätzchens, das in ihrer Armbeuge ruhte.
    Obwohl er sich dagegen wehrte, kam Travis nicht umhin, den Tempel anzustarren, der vor ihm aufragte. Er versuchte die onyxfarbenen Säulen, Vorsprünge und Gesimse zu erfassen, aber das führte lediglich dazu, daß seine Sicht verschwamm und sich ein dumpfer Schmerz in seinem Schädel festsetzte. Die Linien dieses Gebäudes waren fremdartig und beunruhigend, seine unmöglichen Winkel gaben Travis das Gefühl, daß er und die Welt und nicht der Tempel auf groteske Weise schief waren. Friese schienen sich über den schattenverhüllten Kolonnaden zu winden, ihre gequälten Figuren sahen nicht wie aus dem Stein herausgemeißelt aus, sondern erweckten den Anschein, in ihm zu versinken, die Münder zu lautlosen Schreien aufgerissen.
    Schließlich schaffte es Travis, den Blick von dem Tempel loszureißen. Er schaute Grace an. Die Augen in dem weißen Oval ihres Gesichts sahen wie von einem Geist heimgesucht aus.
    »Bei Vathris, dem blutigen Stier«, stieß Beltan heiser hervor. »Wer hat dieses Ding erbaut, Falken?«
    Der Barde wandte sich von dem Tempel ab. »Du sprichst von Vathris, und das ist passender, als du glaubst, denn es war einer von Vathris’ Verwandten, der diesen Ort erbaut hat.«
    »Nein!«
    Melia. Das Gesicht der kleinen Frau war gerötet, und sie ließ das Kätzchen zu Boden fallen, als sie die Fäuste ballte.
    »Dakarreth gehörte nicht zu den Nindari.« Melias Stimme grenzte an einen Schrei. »Das tat keiner seiner Art!«
    »Melia, du irrst dich«, sagte Falken leise. »Was auch immer später aus ihnen wurde, einst gehörten die Nekromanten zu den Neuen Göttern; sie waren genau wie die anderen Nindari. Aber sie gehörten zu den geringeren unter ihnen, sie waren deutlich schwächer als Vathris, Yesaia oder einer der anderen Götter der Mysterienkulte. Aber als sie Gestalt annahmen, um auf Eldh zu wandeln, gewannen sie … andere Fähigkeiten.«
    Melias Gesicht verlor die Farbe, aber sie sagte nichts.
    »Also hat ein Nekromant diesen Ort erbaut?« fragte Travis.
    Falken nickte. »Vor über tausend Jahren verführte der Fahle König neun der Nindari, der Neuen Götter. Er brachte sie dazu, Körper aus

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