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Die letzte Rune 05 - Der Tod der Götter

Titel: Die letzte Rune 05 - Der Tod der Götter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony Mark
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gewesen. Sie hatten ihn getrunken, um sich inspirieren zu lassen, um künstlerische Visionen zu bekommen. Und als danach die Visionen verblichen, hatten sie weitergetrunken, um ihre kommerziellen Fehlschläge zu vergessen, ihre Gläubiger, ihre Plagerei. Ihre Dämonen.
    Sie biss die Zähne zusammen und kippte dann den Rest des Absinths herunter.
    Deirdre lehnte sich zurück und lehnte den Kopf an die Wand hinter ihr. Warum war sie nach London gekommen? Sie verabscheute London. In den letzten drei Monaten hatte sie versucht, die Vergangenheit zu vergessen. Aber die Vergangenheit war in dieser Stadt überall, stand hier ständig zur Ausstellung.
    Nicht, dass jemand sie zu sehen schien. Touristen mit Säcken unter den Augen schlurften in rosa Plastiksandalen und Anne-Boleyn-T-Shirts durch den Tower, als wäre niemals Blut über diese Steine geflossen. Hansom-Taxis mit schwindligen Bräuten und Bräutigamen darin schepperten die Kopfsteinpflaster entlang, auf denen einst Tausende von Leichen gelegen hatten, an der Pest gestorben und vor Fliegen wimmelnd. Heitere Gärten bedeckten Grundstücke, die im Blitzkrieg frei von Gebäuden und Menschen gebombt worden waren. An jeder Ecke, auf jeder Gasse, von der grauen Themse über den Hydepark bis zum langsam schmelzenden Obelisken von Cleopatra’s Needle, hing die Geschichte wie Rauch. Sah das denn niemand sonst?
    Oder war es gerade das? Die Vergangenheit lag so schwer auf diesem Ort, dass sie die Menschen zerquetschen würde, ließen sie es zu. Vielleicht gab es wirklich nur zwei Dinge, die man in London tun konnte; vielleicht war sie aus diesem Grund hierher gekommen. Um zu trinken. Und zu vergessen.
    Vor gerade einmal zwei Monaten hatten die spontanen Selbstentzündungen, die zwei Kontinente heimgesucht hatten, so plötzlich aufgehört, wie sie angefangen hatten. Und nicht lange darauf war Deirdres Wunsch verblichen, eine Sucherin zu sein.
    Wie hatte sie nur so blind ihrer Arroganz gegenüber sein können? Sie dachten, sie wüssten so viel und ihre Augen wären für Mysterien offen, von denen weltliche Menschen sich nicht einmal träumen ließen, dass es sie gab. Aber was hatten ihre verstaubten Akten, ihre geheimen Überwachungsnetzwerke und ihre riesigen Räume voller Computer ihnen schon enthüllt? Nichts, was ebenjene weltlichen Menschen nicht auch in der Morgenzeitung lesen konnten: Menschen verbrannten und keiner hatte die geringste Ahnung, warum.
    Eine Zeit lang hatte es Anzeichen für eine sich leise ausbreitende Panik gegeben. Die Leute hatten schon gemurmelt, die Jahrtausendwende sei nur ein Testlauf gewesen, und das sei der wahre Anfang vom Ende. Fürwahr, die meisten davon waren Kultisten gewesen, Boulevardpresseleser, Angehörige von Milizen. Andererseits waren einige aus Vorstädten gekommen, eifrige Kirchgänger, Telefonverkäufer. In den Vereinigten Staaten, in denen sich die meisten dieser Selbstentzündungen ereignet hatten, hatte die Regierung still und heimlich einen Teil der Nationalgarde mobilisiert.
    Als sich diese Anflüge von Panik dann zu einer Flutwelle offener Angst steigern wollten – gerade als die grafischen Darstellungen, die die Zentren für Seuchenkontrolle angefertigt hatten, vorhersagten, dass die Zahl der Verbrennungsopfer von den Hunderten in die Tausende hochschnellen würde –, hatten die Selbstverbrennungen aufgehört.
    Einen Augenblick lang war die Welt verharrt, wie ein Ball, der auf dem Rand einer Kluft schwebte. Dann hatte die gesamte Menschheit ein kollektives Seufzen ausgestoßen, und der Ball war zurückgerollt. Innerhalb von einer Woche waren die Nachrichten zu der üblichen Parade von Kriegen, politischen Skandalen und Berichten über das Leben von Prominenten zurückgekehrt. Klar, es gab noch den einen oder anderen ehemaligen Geschäftsmann, der zum Kultisten geworden war und mit einem Plakat herumlief, das Gesicht mit Asche befleckt. Und an den meisten Tagen fanden sich auf jenen Seiten der Zeitungen, die über das Geschehen ›Aus aller Welt‹ berichteten, Nachrichten über abgelegene Ansiedlungen im brasilianischen Regenwald, die man bis auf die Grundmauern abgebrannt vorgefunden hatte. Oder über Tests, die bewiesen, dass die DNA eines amerikanischen Verbrennungsopfers Ähnlichkeit mit der einiger mediterraner Populationen aufwies – eine Absurdität angesichts der asiatischen Herkunft des Opfers. Doch alles in allem schien die Welt nur allzu gern bereit, schnell wieder zu vergessen, was geschehen war.
    Warum

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