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Die letzte Rune 06 - Die sterbende Stadt

Titel: Die letzte Rune 06 - Die sterbende Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony Mark
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Bücher. Über das Bett spannte sich ein pinkfarbener Betthimmel, der zu den Kissen und der Decke passte. Auf dem weißen Tisch neben dem Bett standen neben der Clownslampe, die jemand eingeschaltet hatte, ein Glas Wasser und ein Medikamentenfläschchen.
    Die Dunkelheit in dem Korridor hinter Travis zog sich in sich zusammen, nahm Gestalt an, stieß ihn vorwärts. Dabei brauchte er ihr Drängen nicht. Sie hatten sich zu Alice gesellt. Aber sie hätten sie niemals so lieben können wie er.
    Travis betrat das Zimmer, achtete darauf, auf keine ihrer Sachen zu treten. Er war groß und ungeschickt, und er musste in ihrer Nähe vorsichtig sein, denn sie war klein und zerbrechlich. Das hatte seine Mutter ihm immer gesagt.
    Er legte sich auf das Bett. Es war viel zu klein, und er musste die Knie an die Brust ziehen, so dass er mehr saß als lag, den Rücken den Kissen und der Wand zugewendet. Aber das war schon in Ordnung. Die Bettdecke verströmte einen leichten, süßen Duft. Ihren Duft. Er atmetet ihn einen Moment lang ein. Dann drehte er sich um und nahm das Medikamentenfläschchen vom Nachttisch. Pillen rasselten darin.
    Travis betrachtete das Etikett auf der Flasche, aber die Zahlen und Buchstaben führten einen spöttischen Tanz auf. Er konzentrierte sich, konnte ihren Bewegungen aber nicht folgen. Nicht, dass das einen großen Unterschied machte. Er öffnete den Verschluss, kippte das Fläschchen um und schüttete sich den ganzen Inhalt auf die Hand.
    Ein Stapel kleiner, purpurfarbener Pillen ruhte auf seiner Handfläche; jede einzelne war mit einem winzigen Blitz gekennzeichnet.
    Stirnrunzelnd betrachtete Travis die Pillen. Irgendwie machten sie einen verkehrten Eindruck. Unheilvoll. Aber was spielte das für eine Rolle? Was auch immer sie darstellten, sie würden tun, was sie tun sollten. Seine Eltern waren Alice als Erste gefolgt, aber jetzt war er an der Reihe. Der Schatten quoll durch die Tür, drängte sich hungrig gegen das kleine gelbe Licht. Er wartete.
    Gute Nacht, großer Bruder.
    Nacht, Kleines.
    Er war nicht einmal mehr traurig, als er die Hand hob und alle Pillen auf einmal in den Mund stopfte.
    Travis, tu das nicht.
    Er verkrampfte den Kiefer und behielt die Pillen auf der Zunge, als die Stimme in seinem Verstand ertönte. Es war eine Frauenstimme, und sie war rauchig und vertraut.
    Schluck sie nicht runter. Wenn du das tust, wird er gewinnen.
    Er verspürte Verwirrung. Wer wird gewinnen?
    Der Schatten. Darum hat er dich hergebracht.
    Nein, ich kam selbst her.
    Die Stimme der Frau war drängend. Er spürte ein fremdes Bewusstsein, es war wie ein grüngoldenes Licht. Nein, Travis, das bist du nicht. Er hat dich an diesen Ort gebracht, in deine Vergangenheit. Ich weiß es, weil er das Gleiche mit mir gemacht hat, er hat versucht, mich mit Hilfe meiner Erinnerungen zu vernichten, aber ich … ich habe ihm widerstanden. Du musst ihm auch widerstehen. Wenn du es nicht tust, dann ist alles verloren, alles, wofür wir gekämpft haben.
    Travis verstand noch immer nicht, aber die Stimme kam ihm so bekannt vor. Es war ihm unmöglich, ihr nicht zuzuhören.
    Spuck sie aus, Travis.
    Die Stimme war jetzt härter, eine Ärztin, die eine Anweisung gab. Jede Bewegung fiel schwer. Die Pillen hatten angefangen, auf seiner Zunge zu einer bitteren Masse zu schmelzen. Er musste schon einen Teil geschluckt haben, denn eine Schwere drückte ihn nieder. Der Schatten drang tiefer in den Raum ein und fraß das Licht.
    Bitte, Travis.
    Die Stimme verklang. Travis’ Lider sackten nach unten. Der Schatten legte einen schwarzen Tentakel um seinen Hals und massierte sanft und nachdrücklich seine Kehle. Travis fing an zu schlucken.
    Hör mir zu, Travis! Die Stimme schien jetzt aus weiter Ferne zu kommen. Ich weiß, was geschehen ist – ich kann alles sehen. Und sie hätte niemals gewollt, dass du das tust. Alice hat dich geliebt …
    Travis riss die Augen auf.
    Ja, warum hatte er das nicht gesehen? Die Stimme hatte Recht. Sie hätten das gewollt, aber nicht Alice. Sie hatte ihm verziehen, noch bevor sie die Augen geschlossen hatte; sie hätte niemals eine solche Vergeltung gefordert. Der Schatten würgte ihn, drückte sich gegen seinen Mund, versuchte ihn zum Schlucken zu zwingen.
    Mit einem leisen Schmerzenslaut drehte Travis den Kopf und spuckte die Pillen aus. Sie fielen als glitzernde Masse auf die Bettdecke. Der Schatten stieg über ihm in die Höhe, zog seine ganze Masse zusammen, um sich auf ihn zu stürzen und ihn mit

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