Die letzte Rune 07 - Die schwarzen Ritter
das erste Mal, dass ich beinahe ertrunken wäre, also ist wohl alles möglich.«
Grace kehrte in ihr Zimmer zurück und zog ihr geliehenes Gewand an, dann half sie Vani beim Anziehen. Dabei erinnerte sie sich beinahe wehmütig an das erste Mal, als sie auf Calavere versucht hatte, ein derartiges Gewand anzulegen. Sie hatte sich fast selbst erwürgt, bevor Aryn zu ihrer Rettung geeilt kam.
Grace hatte Vanis Gewand gerade gerichtet, als es an der Tür klopfte. Es war der Kämmerer, der ein Tablett mit ihrem Frühstück brachte. Hinter ihm sah Grace eine Dienstmagd, die ein ähnliches Tablett in Falkens und Beltans Zimmer brachte. Sie bat Leweth herein, und er stellte das Tablett ab. Da waren Haferbrei, getrocknete Früchte, Sahne und – sie dankte den Göttern dieser Welt – eine Kanne mit kochend heißem Maddok.
Während sie sich die Hände an einem Becher mit dem reichhaltigen, leicht bitteren Getränk wärmte, fragte sie, ob sie den Hausherrn sprechen dürfte.
»Ich fürchte, Lord Elwarrd steht heute Morgen für keine Audienz zur Verfügung«, sagte Leweth mit einem Ausdruck aufrichtigen Bedauerns. »Angelegenheiten erfordern seine Aufmerksamkeit. Aber er wies mich an, Eure Verzeihung für seine Unhöflichkeit zu erbitten, und er würde sich über Eure Anwesenheit heute Abend bei Tisch sehr freuen.«
»Natürlich«, sagte Grace. »Wir fühlen uns geehrt.«
Leweth nahm ihre Worte offensichtlich mit Erleichterung zur Kenntnis. Grace fragte sich, wo Elwarrd wohl war; aus den tief hängenden Wolken fiel ein beständiger Nieselregen. Andererseits galt das in Embarr vermutlich als schöner Tag.
»Wenn Ihr meine Neugier verzeiht, Mylady«, sagte Leweth, »warum wolltet Ihr meinen Herrn denn sprechen?«
Grace beschrieb die Kräuter sowie den Mörser und Stößel, die sie brauchte, um Medizin herzustellen.
Der Kämmerer rang besorgt die Hände. »Kein Wunder, dass Ihr krank seid. Das Meer ist von einer tödlichen Kälte. Ich bin sicher, mein Herr möchte, dass ihr euch alle erholt, bis ihr wieder gesund seid. Ich werde mein Bestes tun, um Eure Wünsche zu erfüllen, Mylady. Es gibt in der Küche eine Frau, die sich etwas in der Kräuterkunde auskennt. Wenn Ihr beschreibt, was Ihr braucht, müsste sie die Dinge für mich besorgen können.«
Grace beschrieb die benötigten Kräuter, so gut sie konnte. Lieber hätte sie alles niedergeschrieben, aber Leweth schien aufmerksam zuzuhören, und er wiederholte ihre Worte fehlerlos. Außerdem bezweifelte sie, dass eine Küchenfrau gut genug lesen konnte, um ihre Zutatenliste zu verstehen.
Zu ihrer Überraschung kehrte Leweth keine Stunde später zurück und brachte einen Topf mit süßem Öl – den Vani verlangt hatte – und sämtliche von Grace beschriebenen Kräuter. Die Kräuter waren alt und hatten einiges von ihrer Wirkung verloren, aber sie würden ausreichen. Grace bedankte sich bei dem Kämmerer, der sich verbeugte und forteilte.
Da Graces und Vanis Raum größer und es hier weniger zugig war, bat Grace Beltan und Falken, den Tag dort zu verbringen.
»Ist das eine Bitte oder ein Befehl?«, fragte Beltan.
Grace lächelte freundlich. »Solange du tust, was ich sage, kannst du dir das aussuchen.«
»Ich glaube, dieses ganze Königinnenzeugs steigt ihr langsam zu Kopf«, knurrte der Ritter, als Falken ihm beim Aufstehen half.
Da draußen der Regen weiter fiel, verbrachten sie die Stunden in der Nähe des Feuers. Beltan lag im Bett, und Grace verbot ihm aufzustehen; er durfte nur in sein Zimmer zurück, um den Nachttopf zu benutzen. Vani wischte mit penibler Sorgfalt ihre Kleidung mit einem feuchten Tuch sauber, dann rieb sie Öl ins Leder, während es in der Wärme des Feuers trocknete; sie bearbeitete es mit den Händen, damit es geschmeidig blieb.
Falken borgte sich etwas von Vanis Öl für seine Laute. Er rieb es mit der Hand in das Holz, dann probierte er das Instrument aus. Der Kasten musste wasserdicht gewesen sein, denn die Laute befand sich in hervorragendem Zustand, und Falken zupfte die Saiten und füllte das Gemach mit leisen Melodien.
Grace verbrachte ihre Zeit damit, die Kräuter in dem Messingmörser sorgfältig zu zerstampfen und das daraus resultierende Pulver auf Pergamentstücken abzumessen, die sie dann zusammenfaltete, damit der Inhalt nicht herunterfiel. Nach der stundenlangen Arbeit mit dem Stößel schmerzten ihr Arm und der Rücken, aber sie hatte einen Wochenvorrat Medizin für alle.
Gegen Mittag kam eine Dienerin mit einem
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