Die letzte Rune 08 - Das Schwert von Malachor
der, den sie für dich auswählen, trägt eine Maske, die wie ein Stierschädel geformt ist.«
Aryn hatte unvermittelt das Gefühl, etwas zu hören, das nicht für sie bestimmt war. Es war zu geheim, zu privat. »Solltet Ihr mir das erzählen, Mylord?«
»Vermutlich nicht. Aber …« Er schüttelte den Kopf. »Aber ich mag Euch, Mylady, und ich mag Lady Lirith. Und es spielt keine Rolle, was Ihr seid. Oder was ich bin. Ganz egal, dass sie behaupten, wir wären Feinde.«
Also sprachen die Krieger über die Hexen, genau wie Aryn und ihre Schwestern von den Männern von Vathris sprachen. Sie alle wussten, dass ein Konflikt kam. Die Letzte Schlacht, wie es die Krieger nannten.
»Sind wir das?«, fragte sie leise. »Feinde, meine ich.«
»Was sagen Eure Schwestern?«
»Vermutlich das Gleiche wie Eure Brüder.«
Eine lange Minute kehrte Schweigen ein. Draußen vor dem Fenster verfolgte ein Falke eine Taube.
»Lasst uns einen Pakt schließen, Mylady«, sagte Tarus plötzlich. »Sollten wir uns in der Zukunft auf gegenüberliegenden Seiten wiederfinden, werden wir trotzdem Freunde sein. Und wir werden ehrlich zueinander sein. Zumindest so ehrlich, wie wir sein können, ohne einen der anderen Schwüre zu brechen, die wir geleistet haben.« Er stand auf und streckte die Hand aus. »Wollt Ihr diesen Pakt mit mir schließen?«
Aryn zögerte nicht. Sie stand auf und schlug mit der linken Hand ein. »Ich akzeptiere Euer Wort, Mylord, und Ihr habt im Gegenzug das meine. Ich schwöre es im Namen von Sia.«
»Und ich schwöre es im Namen von Vathris.«
Wärme durchströmte Aryn und neue Hoffnung. Erst in diesem Augenblick erkannte sie, wie tief die Quelle ihrer Verzweiflung doch war, jetzt, da ein neuer Hoffnungsfunke hineinschimmerte. Wenn es unter den Kriegern Männer wie Tarus und Beltan gab, warum mussten die Hexen dann ihre Feinde sein?
Aber Aryn kannte die Antwort auf diese Frage. So wie Liendra und ihre Fraktion sich nach dem Konflikt sehnten, wollten die meisten der Anhänger von Vathris vermutlich das Gleiche. Aber so lange es Hexen wie Mirda, Lirith und sie selbst gab, und Krieger wie Tarus und Beltan, war vielleicht noch nicht alles verloren.
»Nun«, sagte Tarus und zog die Hand zurück, »das wäre damit erledigt.«
Aryn nickte. »Ihr solltet lieber zum König gehen. Ich bin sicher, er wartet auf Euren Bericht.«
Tarus öffnete den Mund, dann schüttelte er den Kopf und ging. Aryn lächelte. Nur weil sie Freunde waren, bedeutete das noch lange nicht, dass sie ihre geheimnisvolle Art vollständig aufgeben musste. Sie hatte bloß die sichtbaren Hinweise zusammengezählt und angenommen, dass er im Auftrag des Königs unterwegs gewesen war, und in diesem Fall würde er natürlich Bericht zu erstatten haben. Aber sollte er doch ruhig glauben, dass sie über die Sicht verfügte. So würde er sich auch an ihren Pakt halten.
Und du, Aryn? Wirst du dich an dein Versprechen halten und die Wahrheit sagen, ganz egal, was auch passiert? Selbst wenn es gegen das Muster verstößt?
Ja. Sie würde ihren Schwur halten, ganz egal, was es sie kostete. Denn sie war nicht nur eine Hexe; sie war Baronesse und bald auch Königin. Sie würde ihr Wort nicht brechen.
12
Der Tag verging langsam und ohne ein Zeichen von Prinz Teravian. Dafür war Aryn dankbar, auch wenn seine Reaktion sie sich schuldig fühlen ließ. Eigentlich hätte sie sich für ihre Worte im Großen Saal entschuldigen sollen. Es spielte keine Rolle, dass er derjenige war, der einfach gegangen war; wenn sie schon verheiratet werden sollten, dann sollten sie zumindest lernen, höflich miteinander umzugehen.
Aber der Prinz war nirgendwo in Sicht. Dafür sah sie Lord Farvel in der Ferne, wie er mit einem Diener sprach, und sie hörte ihren Namen leise durch den Korridor hallen. Der Diener drehte sich um und zeigte auf sie, aber Aryn eilte davon, bevor sich der alte Seneschall in ihre Richtung bewegen konnte.
Es war unmöglich, an diesem Abend dem Abendessen im Großen Saal zu entgehen. Aryn fand sich an der Hohen Tafel am entgegengesetzten Ende von Ivalaine und Mirda platziert. Die Königin saß zur Linken des Königs und Teravian zu seiner Rechten, direkt neben Lord Farvel. Glücklicherweise saßen zwei zu Besuch weilende Grafen zwischen Aryn und dem Seneschall, und die paar Male, die der Seneschall versuchte, an den Adligen vorbei mit ihr zu sprechen und sie etwas wegen der bevorstehenden Hochzeit zu fragen, täuschte sie Taubheit vor, lächelte bloß und
Weitere Kostenlose Bücher