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Die letzte Rune 08 - Das Schwert von Malachor

Titel: Die letzte Rune 08 - Das Schwert von Malachor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony Mark
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können. Und endlich – sie stand kurz davor, sich umzudrehen und den Tunnel zurückzulaufen – erschien vor ihnen ein grauer Torbogen. Sie beschleunigten die Schritte, und Grace atmete erleichtert auf, als sie das Ende erreichten. Sie kamen zu einer schmalen, steinernen Kante. Das Tosen des Meeres dröhnte in der Luft, salzige Gischt spritzte Grace ins Gesicht und befeuchtete ihre Wangen, als wären es Tränen.
    »Und jetzt?«, fragte Beltan und schaute Sindar finster an.
    Grace blinzelte Wasser von ihren Wimpern, dann begriff sie. Der Tunnel endete an der Klippe. An beiden Seiten erhoben sich vertikale Steinwände. Aus dem Tunnel sickerte Wasser und floss über die Kante in die kalten Wellen, die drei Meter tiefer gegen den Felsen schlugen.
    »Unsere Transportgelegenheit kommt bereits«, sagte Sindar.
    Er streckte die Hand aus, und im ersten Augenblick war Grace verwirrt. Es sah wie ein riesiger Vogel aus, der auf dem Ozean schwebte, den Hals gekrümmt, den Kopf auf die Brust gedrückt, die weißen Flügel angelegt. Erst nach einem Augenblick wurde ihr klar, dass es sich um ein Schiff handelte.
    Falken stieß einen leisen Fluch aus.
    »So ein Schiff habe ich noch nie zuvor gesehen«, sagte Vani.
    Sindar lächelte. »Nein, das habt Ihr nicht.«
    Das Schiff kam auf sie zu. Es war nicht so groß wie die Schicksalsläufer, aber unendlich anmutiger. Das Schiff war nicht weiß angemalt, seine Farbe kam von dem Silberholz, aus dem es konstruiert worden war. Es kam näher.
    »Die See ist zu unruhig«, sagte Beltan. »Es wird an der Klippe zerschellen.«
    Aber das tat es nicht. Das Schiff segelte ganz ruhig, als würde es die Macht der Wellen nicht spüren. Es trieb nahe an den Felsen heran, bis es nur noch wenige Schritte entfernt war, dann hielt es an. Erst jetzt wurde sich Grace bewusst, dass es weder Masten noch Segel oder Ruder gab. Wie wurde das Schiff angetrieben?
    Im schwindenden Licht sah sie Gestalten an Deck umhereilen. Einige waren klein und verkrümmt, andere wiederum hoch gewachsen und schlank wie junge Weiden. Scheinbar wuchsen manchen Geweihe aus der Stirn oder Blumen aus dem Haar. Grace fröstelte. Sie hatte solche Wesen schon zuvor gesehen. Bei der vergangenen Wintersonnenwende, als Trifkin Moosbeeres Schauspielertruppe im Großen Saal von Calavere ihr Spiel aufgeführt hatte.
    Eine Planke schob sich aus dem Schiff und erreichte die Steinkante. Grace fühlte sich seltsam unbeschwert, ihre Nerven vibrierten. Sie sah Sindar an. Seine Augen funkelten im geisterhaften Licht.
    »Wer seid Ihr?«, flüsterte sie. »Wer seid Ihr wirklich?«
    »Ich glaube … ich glaube, ich bin ein Freund.«
    Sindar betrat die Planke und schritt leichtfüßig zum Schiff. Grace sah die anderen an, musterte ihre Gesichter, aber es blieb ihnen nichts anderes übrig, als ihm zu folgen. Einer nach dem anderen betraten sie das Deck. Die seltsamen Gestalten setzten sich eilig in Bewegung, die Planke wurde wieder eingezogen. Und das anmutige Schiff bewegte sich von der Klippe fort auf das offene Meer, in die hereinbrechende Nacht hinein.

11
    Die Türen von Calaveres Großem Saal schlugen mit einem dröhnenden Knall zu. Aryn hatte das Gefühl, gerade von einem Blitz getroffen worden zu sein. Sie hatte endlich den Namen des Mannes erfahren, der ihr Gemahl werden sollte, und es war kein anderer als König Boreas’ Sohn, Prinz Teravian.
    Sie war mit dem König allein. Die Diener hatten sich zurückgezogen und Königin Ivalaine und Schwester Mirda in ihre Gemächer gebracht. Aryn wünschte sich, sie wären geblieben; sie hatte so viele Fragen an die beiden Hexen.
    Später, Schwester, hatte Mirdas sanfte Stimme über das Netz der Weltenkraft gesagt, als die Frauen den Saal verließen. Kommt in unsere Gemächer, wenn der Mond aufgegangen ist und sein Licht über die Schlossmauern scheint. Dann unterhalten wir uns.
    Aryns Herz pochte wie ein verschreckter Vogel gegen ihre Brust. Sie war sich der Blicke des Königs schmerzhaft bewusst. Es stand außer Frage, seinem Befehl nicht zu gehorchen; sie musste heiraten, wie es der König befahl. Aber Teravian? Hätte es nicht jemand anders sein können? Sogar der uralte Herzog Calentry hörte sich jetzt gar nicht mehr so übel an.
    »Sagt mir, Mylady«, knurrte der König, bevor sie ihre Gedanken sammeln konnte. Er stieg die Stufen des Podestes herunter; dabei bewegte er sich mit der mörderischen Anmut eines Raubtiers, das seine Beute jagte. »Was haltet Ihr von meiner Wahl Eures Gemahls?«
    Aryn

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