Die letzte Rune 08 - Das Schwert von Malachor
nicht zuletzt deshalb, weil Calavan und Toloria von alters her enge Verbündete waren.
Aryn wandte sich anderen Dingen zu. Nachdem sie vergangene Nacht in ihr Gemach zurückgekehrt war, war ihr endlich klar geworden, was sie seit der ersten Unterhaltung mit Mirda gestört hatte. Es hatte mit dem Brief zu tun, den sie Ivalaine geschickt hatte, den Brief, den sie in Gendarra verfasst und in dem sie die Geschehnisse in Tarras beschrieben hatte. Ivalaine konnte den Brief nicht erhalten haben; sie hatte vor seinem Eintreffen Ar-Tolor verlassen müssen. Also wie hatten sie und Mirda von Liriths Verschwinden erfahren?
Vielleicht gibt es ja wirklich die Möglichkeit, über so weite Entfernungen durch die Weltenkraft zu sprechen, selbst wenn du es nicht kannst. Vielleicht hat jemand auf Ar-Tolor mit Mirda oder der Königin Kontakt aufgenommen.
Aber wer? Wer auf Ar-Tolor hätte in Ivalaines Abwesenheit den Brief entgegennehmen können?
Erschrocken wurde Aryn klar, dass sie die Antwort kannte.
»Liendra«, flüsterte sie laut.
Ja, das machte Sinn. Liendra hatte das Talent, Macht an sich zu reißen, die ihr nicht gehörte. In Abwesenheit der Königin würde sie sich mit Sicherheit über jede andere Hexe auf Ar-Tolor erhoben haben. Vermutlich sogar über Tressa, die Beraterin der Königin. Auch wenn es vermutlich Tressa gewesen war, die irgendwie über die vielen Meilen mit der Königin Kontakt aufgenommen und sie über den Brief informiert hatte.
Aber es konnte kein Zweifel bestehen, dass Liendra Aryns Brief zu Gesicht bekommen hatte; vielleicht hatte sie ihn sogar als Erste gesehen. Und das bedeutete, dass sie alles über Travis wusste.
Aber Travis ist zusammen mit den anderen verschollen. Ich weiß, du willst sie alle verzweifelt wieder sehen, aber vielleicht kommt er nicht zurück. Dann können Liendra und ihre Hexen ihn nicht gefangen nehmen.
Aber das würde nicht passieren, oder? Travis musste nach Eldh zurückkehren, weil er in der Letzten Schlacht irgendwie die Welt retten würde. Und wenn er nicht zurückkam, dann auch nicht Lirith und Sareth. Oder Durge.
Die Gedanken schwirrten wie aufgescheuchte Bienen in Aryns Verstand umher. Es war alles so verwirrend, und in weniger als drei Tagen sollte sie eine Entscheidung treffen, die ihr Leben auf jeden Fall verändern würde, die möglicherweise sogar dazu führen konnte, dass man ihren Faden für alle Zeiten von der Weltenkraft abschneiden würde. Wenn es doch nur die Möglichkeit gegeben hätte, vor ihrer Entscheidung mehr zu erfahren, etwas, das ihr dabei helfen würde.
Aber es gab eine Möglichkeit, wie sie mehr in Erfahrung bringen konnte, und darum war sie auch hier. In diesem Augenblick spürte sie es: eine Bewegung in den Fäden der Weltenkraft. Etwas – jemand – war in der Nähe.
»Spinnenmann!«, zischte sie in die staubige Luft. »Spinnenmann, ich weiß, dass Ihr da seid. Zeigt Euch!«
Zu ihrer Linken schien solider Stein zu schmelzen und plötzlich stand der schlanke blonde Mann neben ihr.
»Warum habt Ihr Euch vor mir versteckt? Ich bin sicher, dass Ihr gewusst habt, dass ich Euch suche.«
Aldeth glättete seinen grauen Umhang. »So wie ich gewusst hätte, wenn eine Herde Vieh durch den Korridor getrampelt kommt. Aber ich bin Spion, Mylady. Das Verbergen liegt mir im Blut.«
Aryn war sich ziemlich sicher, dass sie nicht so laut gewesen war, aber im Geiste des guten Willens entschied sie sich, die Beleidigung zu ignorieren. »Und, habt Ihr etwas erfahren, indem Ihr dem König hinterhergeschlichen seid?«
»Falls ich das hätte, müsste ich ein sabbernder Schwachsinniger sein, es seinem Mündel zu erzählen, die bald auch noch seine Schwiegertochter ist.«
»Interessant«, sagte Aryn und tippte sich ans Kinn. »Ihr wisst, dass ich Prinz Teravian heiraten werde. Das ist also schon mal eines der Dinge, die Ihr erfahren habt. Gibt es sonst noch etwas?«
Er schaute sie finster an. »Fragt nicht, Mylady. Geht und sprecht mit Eurer Hexenkönigin. Sie ist diejenige, die jede Nacht mit Boreas im Ratsgemach zusammengetroffen ist. Ich bin sicher, sie kann Euch alles über diesen kleinen Krieg verraten, den sie planen.«
»Also schmieden sie Kriegspläne?« Aryn kaute auf der Unterlippe. »Aber natürlich, das ergibt einen Sinn. Alle Zeichen deuten auf die Letzte Schlacht. Sie müssen überzeugt sein, dass sie bald kommt. Ihr steckt voller interessanter Informationen, Spinnenmann.«
Aldeth drohte ihr mit der Faust. »Hört auf
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