Die letzte Rune 08 - Das Schwert von Malachor
Verlauf des letzten Jahres Zeuge geworden war: Durge kam vorsichtig mit einem Tablett ins Wohnzimmer, auf dem eine dampfende Teekanne, Milch, Zitrone, Honig und ein Teller mit in militärischer Präzision aufgereihter Kekse standen. Der Ritter stellte das Tablett ab, und Travis ging davon aus, dass er nicht mitbekommen sollte, wie Durge verstohlen eine Untertasse mit Milch für Miss Guenivere auf den Boden stellte.
»Ich muss gestehen«, sagte Jack über seinen Tee gebeugt, »dass mir die Dinge bereits klarer werden. Ich hatte es für eine reine Laune gehalten, die mich dazu brachte, mich an der Grenze von Colorado niederzulassen, aber jetzt begreife ich, dass mich keinesfalls der Zufall hergeführt hat. Du und dein Stein haben mich angezogen, Travis, ob mir das nun bewusst war oder nicht.«
»Da gibt es noch mehr, das du wissen musst, Jack.« Travis sah Durge und Lirith an. »Viel mehr. Wie wir hergekommen sind, nach Castle City. Und was uns gefolgt ist – wer uns gefolgt ist.«
Jack stellte mit ernstem Gesicht die Tasse ab. »Ich glaube, es ist Zeit, dass du mir deine Geschichte erzählst.«
Travis holte tief Luft. Er war sich nicht sicher, was er Jack sagen sollte und was nicht. Konnte es womöglich die Zukunft verändern, wenn er Jack zu viel Wissen mitteilte? Aber sobald Travis einmal angefangen hatte, sprudelten die Worte nur so aus ihm heraus. Er erzählte Jack alles, begann mit dem späten Oktoberabend, als Bruder Cy nach Castle City kam und sich alles veränderte. Schließlich berichtete er, was seit ihrer Ankunft in Castle City passiert war, und wieso sie wussten, dass der Scirathi ihnen durch das Tor gefolgt war.
Jack setzte sich kerzengerade auf, und seine Teetasse – die er auf dem Knie balanciert hatte – wäre durchs Zimmer geflogen, hätte Lirith sie nicht rechtzeitig dort weggeschnappt.
»Bei Hades!« Jack schlug mit der Faust auf die Stuhllehne. »Das hat also meinen Laden angegriffen – ein Zauberer. Ich bekam ihn nicht zu Gesicht, mir blieb nur die Zeit zur Flucht, aber ich hätte den Gestank seiner Blutmagie erkennen müssen. Aber ich habe niemals damit gerechnet, einem von seiner Art zu begegnen, nicht hier, so weit von Eldh entfernt.«
Travis beugte sich vor. »Erzähl es uns, Jack. Erzähl uns, was in London geschehen ist.«
»Ich fürchte, es – er – hat mich überrascht.« Jack ließ sich mit einem gehetzt wirkenden Ausdruck in den Augen in den Stuhl zurücksinken. »Aber ich war krank. Nicht, dass ich in sieben Jahrhunderten krank gewesen wäre, nicht seit ich die Last auf mich genommen habe, den Stein zu behüten. Doch vor anderthalb Monaten überkam mich eine schreckliche Schwäche, als wäre mir plötzlich mein halbes Leben genommen worden.«
Lirith wechselte besorgt mit Travis einen Blick. »Das wäre etwa zu dem Zeitpunkt gewesen, als wir hier eingetroffen sind.«
»Ich glaube, es ist meine Schuld, Jack«, sagte Travis. »Ich glaube, ich bin der Grund, warum du dich so schwach fühlst. Du hast mir so viel von dem gegeben, was dich ausgemacht hat, und jetzt …«
»Und jetzt bist du hier«, sagte Jack leise. »Natürlich – meine Magie kann nicht gleichzeitig an zwei Orten sein.«
Durge räusperte sich. »Auf welche Weise hat der Scirathi angegriffen, Lord Graystone?«
»Es war vor zwei Wochen«, sagte Jack. »Ich war in meinem Buchladen. Es war mitten in der Nacht, und ich arbeitete an einem kleinen Bändchen, an dem ich seit Jahrhunderten gelegentlich schreibe. Es ist eine wissenschaftliche Abhandlung über die Magie von Falengarth. Ich habe sie in meiner Tasche – eines der wenigen Dinge, die ich aus meinem Laden retten konnte. Möchtet Ihr sie sehen, Lord Steinspalter?«
Durge nickte. »Aber nicht jetzt. Ihr habt gerade erzählt …«
»Ah, ja. Der Angriff. Er kam völlig unvermutet.« Jacks Augen funkelten, und er setzte sich wieder auf, als wäre alles nur ein Abenteuer gewesen, jetzt, wo es vorbei war. »Die Fenster zersplitterten, überall flog Glas umher. Dann flatterte ein Schwarm Fledermäuse herein, hüllte mich ein, und an ihrem Gestank konnte ich erkennen, dass sie trotz ihres Flatterns und Kratzens eigentlich tot waren. Das hätte mein erster Hinweis sein müssen, dass es ein Zauberer war. Aber da war keine Zeit zum Nachdenken. Normalerweise hätte ich eine Rune gesprochen und« – er gestikulierte mit den Fäusten – »die Kreaturen wären Staub gewesen. Aber dann fühlte ich …« Das Licht in seinen Augen verblasste, er ließ die
Weitere Kostenlose Bücher