Die letzte Rune 09 - Das Tor des Winters
Verhör abgenommen hatte. Sie drehte ihn um, um sich die andere Seite anzusehen.
Farr setzte sich aufrecht und holte zischend Luft. Deirdre hob eine Braue.
»Was ist?«
»Dieses Bastarde. Diese durchtriebenen, diabolischen Bastarde.«
Deirdre runzelte die Stirn und folgte Farrs Blick auf die Rückseite der Karte. Dort war ihr Daumenabdruck – zweifellos enthielt die Tinte Spuren ihrer DNA, die man den Blutproben aus ihrer Sucher-Akte entnommen hatte. Die DNA-Signatur in der Tinte konnte man mit einem Ultraviolett-Scanner lesen, was für einen Grad an Authentizität sorgte, den man unmöglich fälschen konnte. Aber so interessant diese Technologie auch war, das konnte unmöglich der Grund für Farrs Ausbruch sein.
Dann sah sie in der unteren Ecke der Karte die kleine Reihe aus Punkten und Linien – ein mit derselben DNA-Tinte gedruckter Computercode. Neben dem Code war ein einzelnes, erkennbares Symbol, eine blutrote Sieben.
Jähes Begreifen durchfuhr Deirdre. Mit weit aufgerissenen Augen starrte sie Farr an. Als sie sprach, brachte sie nur ein staunendes Flüstern zu Stande. Vielleicht war es auch Erschrecken.
»Echelon 7 …«
Farr griff nach dem anderen Umschlag, riss ihn auseinander und schnappte sich seinen neuen Ausweis aus den Fetzen. Er drehte die Karte um und warf sie dann mit einem Grunzen auf den Tisch. Auch sein Ausweis war mit einer roten Sieben markiert.
Er sackte mit einem erschöpften Gesichtsausdruck auf seinem Sitz zusammen. »Jetzt«, murmelte er. »Nach all den Jahren geben sie es mir endlich. Zum Teufel mit ihnen.«
Deirdre begriff nicht. Warum war Farr so aufgebracht? Sie fühlte sich wie elektrisiert. Sie drehte den Ausweis immer wieder in den Händen um. »Ich habe natürlich Geschichten gehört. Echelon 7 … eine superhohe Zugangsebene, weit jenseits allem anderen, was die Philosophen erlauben. Aber ich habe das immer für ein Gerücht gehalten – eine Legende, die man neuen Rekruten erzählt. Die höchste Zugangsebene, die ich je gesehen habe, war Ihre, Hadrian, und das ist Echelon 5. Meines Wissens hat keiner, der nicht zu den Philosophen gehört, je eine höhere gehabt.«
»Nein, Echelon 7 gibt es wirklich. Ich weiß es, weil ich seit Jahren daran gearbeitet habe, sie zu bekommen.« Er beugte sich über den Tisch, seine Stimme war heiser. »Verstehen Sie, was das bedeutet? Mit dieser Karte kommen Sie an jede Akte, jedes Artefakt, jedes Dokument, sämtliche Arten von Daten heran. Die tiefsten Geheimnisse der Sucher werden Ihnen zur Verfügung stehen – abgesehen von den privaten Akten der Philosophen gehört Ihnen alles.«
»Ihnen auch, Hadrian.«
»Das glaube ich nicht.«
Deirdre stöhnte aufgebracht. »Wovon sprechen Sie? Sie haben gesagt, dass Sie seit Jahren darauf hinarbeiten. Und jetzt wollen Sie alles wegwerfen?«
Farr zuckte mit den Schultern, strich mit dem Daumen über die Karte. »Früher einmal wollte ich die hier wohl haben. Ich weiß wirklich nicht mehr, was ich eigentlich will. Aber vielleicht stimmt auch das so nicht. Vielleicht weiß ich ja, was ich will, aber es ist nicht das.« Er schnippte den Ausweis weg.
Deirdre nahm ihn. Sasha hatte Recht: Der arrogante Farr war dem weinerlichen bei weitem vorzuziehen. »Das ist lächerlich, Hadrian. Sie sind einer der wichtigsten Agenten, die die Sucher haben, und sie haben Sie für Ihre Arbeit belohnt. Warum ist das so schwer zu ertragen?«
Farr lachte bitter auf. »Kommen Sie, Deirdre, so naiv können Sie nicht sein, nicht nach dem, was wir erlebt haben. Das ist keine Belohnung. Das ist einfach nur eine andere List, um uns zu kontrollieren. Denken Sie an das, was wir gesehen haben, was wir wissen. Und denken Sie daran, wer außer den Suchern dieses Wissen noch für sich haben will.«
»Duratek«, sagte sie reflexartig.
»Genau. Die Philosophen werden alles tun, damit wir Duratek nicht in die Hände fallen – selbst wenn das bedeutet, uns das zu geben, was wir immer haben wollten. Aber das bedeutet keineswegs, dass wir nicht länger die Marionetten sind, die wir in Colorado waren.«
In Deirdre stieg Wut auf, auf Farr und – wie sie zugeben musste – auf die Intrigen der Philosophen. So gern sie es auch abgestritten hätte, Farrs Worte hatten einen wahren Beiklang. Aber das spielte keine Rolle.
»Und?«, sagte sie. »Also wollen uns die Philosophen manipulieren. Ganz egal, aus welchen Gründen wir sie haben, diese Ausweise funktionieren.« Sie ergriff seine Hand. »Denken Sie doch nur daran, was
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