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Die letzte Rune 09 - Das Tor des Winters

Titel: Die letzte Rune 09 - Das Tor des Winters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony Mark
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zu tun gehabt, Beltan und Vani davon abzuhalten, sich gegenseitig zu erwürgen. Jetzt nahm der hoch gewachsene Ritter ihr gegenüber seltsamerweise eine linkisch-beschützende Haltung ein. Mehr als einmal hatte Grace gesehen, dass er Vani eine Tasse Maddok brachte, wenn er sich unbeobachtet glaubte, oder sie mit einem Umhang zudeckte, wenn sie schlief. Und sie schien sich auch nicht gegen solche Gesten zu sträuben.
    Nach einer Weile war Grace der Gedanke gekommen, Vani könnte krank sein. Waren alle nach dem langen Tagesmarsch hungrig wie die Wölfe gewesen und hatten das wenige Essen heruntergeschlungen, das sie gefunden hatten, so hatte die T'gol anscheinend nur wenig Appetit gehabt, und ihre kupferfarbene Haut wies oft einen grünlichen Schimmer auf. Aber als sie Vani eines Nachts gefragt hatte, ob sie sie untersuchen dürfe, hatte die Meuchelmörderin sie bloß entsetzt angestarrt und ihr befohlen, sie allein zu lassen.
    Auf der Reise warfen sowohl Vani als auch Beltan Travis häufig sehnsuchtsvolle, schmachtende Blicke zu. Dennoch schienen beide keine große Lust zu haben, zu viel Zeit in seiner unmittelbaren Nähe zu verbringen. Jedes Mal, wenn sich Travis Beltan zu nähern versuchte, zog sich der blonde Ritter zurück, und für Vani galt das Gleiche. Travis pflegte sie bei diesen Gelegenheiten anzulächeln, aber Grace erkannte an seinen hängenden Schultern, dass ihr Verhalten ihn verletzte und verwirrte.
    Nun verbrachte Travis viel Zeit mit Nachdenken, den Kopf über das Kästchen mit den Steinen gebeugt. Wie bei Grace gab es auch für ihn andere Dinge, über die er sich sorgen musste. Sie legte die Finger um Fellring und genoss das Gefühl, wie sich ihre Faust um den Griff schloss, den das Kleine Volk für das Schwert gefertigt hatte.
    Grace seufzte, so wie sie es immer tat, wenn sie an Sindar dachte, den Mann mit den silbergrauen Augen. Nur dass er in Wirklichkeit kein Mann gewesen war. Zusammen mit seiner Erinnerung war ihm auch wieder seine wahre Natur und sein Ziel bewusst geworden; er hatte sich in ein Wesen aus Licht verwandelt – einen Elfen – und sich auf die Klinge von Fellring geworfen, und sein Blut hatte das Schwert wieder zusammengefügt.
    Tausend Jahre zuvor hatte König Ulther das Schwert gegen den Fahlen König geführt, Berashs Eisenherz gespalten und ihn besiegt, obwohl die Klinge selbst dabei zersplittert war. Jetzt sammelte der Fahle König erneut seine Kräfte, und Fellring war neu geschmiedet worden. Grace packte den Griff fester. Laut Falken konnte nur ein Abkömmling von Ulther und der königlichen Linie von Malachor das Schwert führen.
    Du weißt, was er von dir verlangen wird.
    Und, konnte sie es tun? Bevor sie die Frage beantworten konnte, ertönte voraus ein Wiehern; Falkens Pferd stieg auf die Hinterbeine. Was hatte es scheuen lassen? Von ein paar Bauern abgesehen, die den Abhang hinauftrotteten und Karren voller Torf schoben oder Bündel Feuerholz schleppten, war die Straße leer. Aber einer der Bauern – ein Mann in einem schmutzigen Wams – eilte die Straße hinunter, so als wäre er in großer Eile.
    Durge schnappte sich das Zaumzeug von Falkens Pferd und half dem Barden, es wieder unter Kontrolle zu bringen. »Pass doch auf, wo du herläufst, Mann!«, rief Falken dem Bauern hinterher. »Du hättest unter die Hufe geraten können.«
    Wenn der Mann Falken gehört hatte, ließ er es sich nicht anmerken. Grace musterte ihn flüchtig, als er an ihr vorbeikam. Er war größer als die meisten Bauern, die sie auf Eldh gesehen hatte – für gewöhnlich behinderte Unterernährung ihr Wachstum –, und seiner glatten Haut nach zu urteilen, schien er den gewöhnlichen Kinderkrankheiten entgangen zu sein. Der Mann eilte an ihr vorbei und war weg.
    »Alles in Ordnung?«, fragte Grace.
    »Dank Durge ja«, erwiderte Falken. »Ich frage mich, warum es der Bursche so eilig hatte.«
    »Der arme Kerl wollte vermutlich bloß entkommen«, sagte Beltan, der zusammen mit Vani, Lirith und Sareth herankam, mit einem Lachen.
    Der blonde Ritter zeigte die Straße hinauf. Vor dem Schlosstor war eine Gruppe von Leuten erschienen. Fünf davon standen vor einer kleinen Abteilung Ritter: ein kräftiger Mann mit einem schwarzen Bart, eine kleine Frau in einer blauen Cotte – einem schlicht geschnittenen Kleid –, eine größere Frau mit Augen, die so blau wie die Banner oben auf den Schlosstürmen waren, ein schlanker junger Mann mit gelangweiltem Gesichtsausdruck und ein rothaariger Mann

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