Die letzte Rune 09 - Das Tor des Winters
hätte er wohl gemacht, wenn er gewusst hätte, dass seine Ritter mehr als nur einmal bis auf eine halbe Meile an sie herangekommen waren? Aber er würde es nicht erfahren.
»Du verhinderst, dass sie uns sehen, nicht wahr?«, flüsterte sie eines Nachts zu Tira, als sie zusammen auf dem Boden lagen. Der Körper des kleinen Mädchens war so warm, dass Grace ihren Umhang, den sie wie eine Decke über sie gebreitet hatte, eigentlich nicht brauchte. Die Schneeflocken verwandelten sich in Dampf, wenn sie auf ihnen landeten. »So wie du uns hilfst, schneller zu gehen, als wir es eigentlich sollten.«
Tira schmiegte sich an sie und schlief ein.
Die schwarzen Ritter waren nicht die einzige Gefahr, die ihnen auf der Straße begegnete, in den ersten Nächten nach ihrem Aufbruch vom Schwarzen Turm konnte derjenige von ihnen, der Wache hielt – Beltan oder Durge oder Vani –, ein helles Glühen auf einem fernen Hügelkamm oder Berg sehen. Der Fahle König hatte es nicht geschafft, im Turm der Runenbrecher Sinfathisar und Krondisar an sich zu bringen, aber seine Handlanger suchten noch immer nach den Steinen.
Bevor sie den Turm verlassen hatten, hatte Travis einen alten verrosteten Eisentopf genommen, den er gefunden hatte – es war ihr alter Topf, den sie vor hundert Jahren mitgebracht hatten –, und ihn mit beiden Händen gehalten, während er die Rune Dur sprach. Der Topf leuchtete blau auf, und als das Licht verblasste, stand an seiner Stelle ein Eisenkästchen. Das Kästchen war überraschend zierlich und perfekt geformt; ob er seine Macht nun gern einsetzte oder nicht, seine Fertigkeiten wuchsen. Travis legte die Steine in das Kästchen und schloss es. Auf dem Deckel waren rechteckige Symbole.
»Was ist das?«, fragte Grace und berührte die Runen auf dem Deckel.
»Eine Warnung«, sagte er und schob das Kästchen in sein Wams.
Die Phantomschatten des Fahlen Königs konnten die magische Spur sehen, die die Imsari in der Luft hinterließen – aber nicht, wenn die Steine von Eisen umgeben wurden. Das unheimliche Leuchten kam ihrem Lager nie näher, und nach ein paar Nächten sahen sie es nie wieder.
Schließlich überquerten sie die Quelle des Dimduorn und betraten Calavan. Es kamen keine schwarzen Ritter mehr in Sicht, und als sie zu einer Stadt kamen, wagten sie es, mit einem Teil des Goldes, das Grace noch besaß, Pferde zu kaufen. Danach waren die Meilen nur so vorbeigeflogen.
»Unsere Reise ist fast vorbei.« Erst als Travis sie scharf ansah, wurde Grace bewusst, dass sie diese Worte laut ausgesprochen hatte.
»Ist sie das wirklich, Grace?« Er griff unter seinen Umhang, als wollte er nach dem dort verborgenen Eisenkästchen suchen.
Grace berührte das Schwert an ihrer Seite. Fellring. Es fühlte sich dort gut und schwer an, so als hätte sie es schon immer getragen. »Nein, vermutlich nicht.«
»Nun, zumindest haben wir es so weit geschafft.«
Sie ritten schweigend weiter, bis sie den Weg erreicht hatten, der sich den Hügel zum Schloss hinaufschlängelte. Falken und Durge ritten noch immer an der Spitze. Grace drehte sich im Sattel um, um nach den anderen zu sehen.
Lirith und Sareth befanden sich nicht weit hinter ihnen; ihre Pferde ritten dicht beieinander, sie hatten die Köpfe zusammengesteckt. Wie schon so oft auf der Reise fragte sich Grace, was Travis und den anderen genau in Castle City zugestoßen war. Sie hatten die Geschichte natürlich erzählt – wie sie sich in der Stadt in Colorado wiedergefunden hatten, im Jahre 1887, und dass ihnen ein Zauberer durch das Tor gefolgt war –, aber Grace hatte den Verdacht, dass es da einige Dinge gab, über die sie nicht sprachen. Liriths und Sareths Liebe füreinander war offensichtlich; sie verbargen sie nicht länger. Aber sie schien zerbrechlich zu sein, wie eine Glaskugel.
Wir können niemals eins sein, hatte die Hexe Grace gesagt. Aber meinte sie die Gesetze von Sareths Volk, den Mournisch, die es einem Mann verboten, außerhalb des Klans zu heiraten? Oder gab es etwas anderes, das sie und Sareth voneinander fern hielt?
Hinter Lirith und Sareth bildeten Beltan und Vani den Schluss der Gruppe. Hier war ein weiteres Geheimnis. Obwohl es zwischen dem blonden Ritter und der Meuchelmörderin mit den goldenen Augen noch immer Augenblicke des Unbehagens gab, hatten sie ihre gegenseitige Animosität auf Sindars Schiff zurückgelassen. Dort war etwas mit ihnen geschehen. Aber was?
Auf der Reise nach Toringarth hatte Grace alle Hände voll damit
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