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Die letzte Rune 09 - Das Tor des Winters

Titel: Die letzte Rune 09 - Das Tor des Winters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony Mark
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sie konnte sich nicht vorstellen, dass es auf dieser oder jeder anderen Welt einen stärkeren Mann gab. Er durfte sich nicht vor ihr verneigen, ganz egal, ob sie nun die Königin eines toten Reiches war oder nicht. Sie wollte ihn daran hindern.
    Ihre Worte gingen in einem Donnerschlag verloren.
    Eine Schockwelle traf sie, in ihren Ohren klingelte es so schrill wie mit einer Sirene, was sie einen Augenblick lang zurückbrachte in die Notaufnahme des Denver Memorial Hospital. Wie oft hatte sie diesen Ton näher kommen gehört, während sie an der Auffahrt auf den Krankenwagen wartete, um Verletzte wieder zusammenzuflicken? Der Blitz musste in unmittelbarer Nähe eingeschlagen sein.
    Aber als sie das letzte Mal nach oben geschaut hatte, war der Himmel klar gewesen.
    Ein zweites ohrenbetäubendes Krachen zerriss die Luft, und es war kein Donnerschlag. Grace hörte entsetzte Aufschreie; Beltan stieß einen Fluch aus und wies mit dem Arm in eine Richtung. Aber da hatte Grace es schon selbst gesehen: Eine weiße Wolke aus Staub und Qualm quoll aus dem Fundament des südöstlichen Schlossturms in die Höhe. Er erbebte einmal, dann fiel er mit majestätischer Langsamkeit in sich zusammen, neigte sich zur Seite und schoss in einer Gerölllawine den Hügel hinab.

5
    Travis konnte nichts hören.
    Überall um ihn herum brüllten Leute, aber ihre Lippen bewegten sich stumm. Ein jegliche Laute erstickendes Feld hüllte ihn ein, so wie damals, als man ihn an den Nullstein vor dem Grauen Turm der Runensprecher gefesselt und eine uralte Magie ihn daran gehindert hatte, die Runen auszusprechen, die ihn befreit hätten.
    Beltan und Durge griffen nach den Zügeln der scheuenden Pferde. Lirith eilte herbei, schob sich zwischen die Tiere und berührte vorsichtig ihre Hälse. Die Pferde wurden langsam ruhiger, auch wenn sie noch immer wild umherblickten. Boreas schien den Wachsoldaten etwas zuzurufen. Travis konnte nicht verstehen, was er sagte, aber die Männer anscheinend schon, denn sie eilten durch das Schlosstor, angeführt von Sir Tarus. Der König drehte sich um, und der Ausdruck auf seinem Gesicht kündete nicht von Verwirrung oder Entsetzen, sondern von Wut.
    Der Rest von ihnen sah reglos zu, wie die Überreste des Steinturms den Hügel hinabpolterten, auf dem Calavere erbaut war. Obwohl Prinz Teravian so überrascht wie auch alle anderen erschien, schien er doch fasziniert zu sein. Aryn hielt die Augen geschlossen, aber Travis vermochte nicht zu sagen, ob sie den Anblick nicht ertragen konnte oder mit etwas anderem beschäftigt war.
    Die Trümmer des Turms ergossen sich wie ein Bergrutsch in den Bergen Colorados über ein Stück der Straße, die zum Schloss hochführte. Soweit es Travis beurteilen konnte, wurde niemand davon getroffen. Ein paar vereinzelte Steine purzelten noch den Hügel hinunter, dann kehrte Stille ein. Travis verspürte einen scharfen Stich in seinem Inneren. In diesem Turm hatte er einst von den Runensprechern Rin und Jemis Unterricht erhalten. Jetzt gab es ihn nicht mehr.
    Die anderen setzten sich in Bewegung und folgten Tarus und den Wächtern, und Beltan zog an Travis' Arm. Er sagte etwas, aber das Dröhnen in seinen Ohren machte es Travis unmöglich, die Worte des Ritters zu verstehen. Die Explosion und der Trümmersturz mussten sein Hörvermögen betäubt haben. Es kehrte erst jetzt langsam wieder zurück, und als Beltan wieder sprach, konnte Travis seine gebrüllten Worte nur mühsam verstehen.
    »Ich muss Tarus nach, um zu sehen, was passiert ist. Willst du hier warten?«
    Travis schüttelte den Kopf. »Ich begleite dich.«
    So wie jeder der anderen auch. Travis fand sich an Graces Seite wieder, als sie unter den hochgezogenen Fallgattern hindurch durch den Tunnel auf den Unteren Burghof liefen. Lords, Ladys, Bauern und Kaufleute standen wie betäubt da und starrten die Rauchwolke an, die dort in den Himmel stieg, wo sich eben noch ein Turm befunden hatte.
    »Was geschieht hier, Grace?«, sagte Travis und versuchte nicht zu schreien, obwohl es ihm schwer fiel, die eigenen Worte zu verstehen.
    »Ich weiß es nicht.« Tiras Arme schienen an ihrem Hals angeschweißt zu sein. »Soweit ich weiß, explodieren Schlösser nicht grundlos. Was könnte so eine Explosion bloß auslösen?«
    »Korn?«, erwiderte Travis und versuchte, das Dröhnen in seinen Ohren zu ignorieren. »Als ich noch ein Kind war, da ist in Illinois mal auf einer Farm am Ende der Straße ein Silo explodiert. Der Kornstaub in der Luft war so

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