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Die letzte Rune 10 - Der Runenbrecher

Titel: Die letzte Rune 10 - Der Runenbrecher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony Mark
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Jace war nicht zu sehen. Travis wurde von Panik ergriffen. Hatte sie ihn in eine Falle gelockt? Hatte sie ihn hergeführt, damit sie ihn gefangen nehmen konnten?
    »Hallo, mein Sohn. Sag mir, was dein Leiden ist.«
    Travis verspürte neue Hoffnung. Die Stimme war glatter – eher eine Glocke als ein Krächzen –, aber sie enthielt das gleiche Versprechen von Macht und Erlösung.
    Er drehte sich auf seinem Stuhl um, und die Hoffnung in seinem Herzen wurde zu Asche. Der Prediger, der da vor ihm stand, war nicht in staubiges Schwarz gekleidet, sondern in maßgeschneidertes Weiß. Das schuhschwarze Haar war zu einer perfekten Welle frisiert, und die dicke Schicht Make-up verlieh seinem Gesicht eine unmenschliche Glätte.
    »Sprich, mein Sohn.« Sage Carsons Lächeln wurde breiter und machte Sprünge in das Make-up. »Die Show hat begonnen, und da sind noch andere Leidende, mit denen ich sprechen muss.«
    Die anderen Leute auf den Stühlen sahen Travis an, einige nicht gerade freundlich.
    Travis sah Carson in die Augen. »Ich glaube, Sie wissen bereits, was mein Leiden ist.«
    Carsons Lächeln verschwand. Einen Augenblick lang war da Verwirrung – gefolgt von Begreifen. Bevor der Prediger etwas sagen konnte, stand Travis auf, packte ihn an Arm und führte ihn von der Stuhlreihe fort.
    »Hey!«, rief einer der Leidenden. »Sie haben doch gesagt, keine Autogramme!«
    Travis wandte ihnen den Rücken zu. Er konnte Carson zittern fühlen. Der Prediger schaute ihn ängstlich an. Er war kein Eisenherz.
    »Also wissen Sie, wer ich bin«, sagte Travis. »Das dachte ich mir. Sie scheinen mein Bild gern herumzuzeigen.«
    Carson schluckte. »Ist das also das Ende? Sind Sie hier, um mich zu töten?«
    Diese Worte verblüfften Travis. Was hatte Duratek dem Prediger über ihn erzählt? Vermutlich mehr Lügen.
    »Ich werde Sie nicht töten«, sagte Travis. »Wenn Sie mir nicht glauben wollen, rufen Sie Ihre Sicherheitsmänner. Machen Sie schon – ich werde Sie nicht davon abhalten. Man wird mich wegbringen, und Sie können mit der Show weitermachen.«
    Der Prediger schüttelte den Kopf. »Was wollen Sie von mir?«
    »Ich will, dass Sie mir zuhören.«
    »Warum?«
    »Weil hier etwas geschieht. Etwas Schreckliches, und ich glaube nicht, dass Sie wissen, was es ist.«
    Augenblicklich hörte Carson auf zu zittern, und er grinste. Überrascht ließ Travis seinen Arm los.
    »Ich weiß mehr, als Sie glauben, Mister Wilder.« Der Prediger glättete die Falten, die Travis auf seinem Anzugärmel hinterlassen hatte. »Ich weiß, was die Engel des Lichts in Wahrheit sind. Ich weiß, was sie mit den Männern und Frauen machen, die ich Ihnen schicke. Und ich weiß, dass sie von der Welt kommen, auf der Sie gewesen sind, die Welt, die Duratek für sich beanspruchen will.«
    Travis zuckte zusammen; er hatte einen schrecklichen Fehler begangen. Er hatte angenommen, dass sie Carson benutzten, sich seinen blinden Glauben zunutze machten, um ihn zu täuschen, dass, wenn er erfuhr, was tatsächlich mit seinen Anhängern geschah, er ihm helfen würde. Aber der Prediger wusste ganz genau, was sie taten.
    »Sie sind einer von ihnen«, krächzte Travis. »Duratek.«
    Eine neue Emotion durchdrang die dicke Schicht Make-up auf Carsons Gesicht: Wut. »Sie irren sich. Sie brauchen mich, das ist alles. Ich gebe ihnen Dinge, an die sie allein nicht herankommen.«
    Travis verstand nicht. »Was für Dinge denn?«
    Aber Carson schüttelte bloß den Kopf.
    Ihnen lief die Zeit davon. Travis schlug eine andere Taktik ein. »Warum? Warum geben Sie ihnen, was auch immer sie von Ihnen brauchen?«
    »Hierfür, Mister Wilder. Ich wollte ein großes Gebetshaus für meine Herde.« Er schaute auf, und ein trauriger, zufriedener Ausdruck lag auf seinem Gesicht. »Ich liebe sie so sehr, meine Stahlkathedrale. Sie ist alles, was ich mir je erträumt habe.« Er senkte den Blick. »Und wenn ich nicht länger von Nutzen für sie bin, werden sie mir alles wegnehmen und mich verschwinden lassen.«
    Travis' Gedanken rasten. Er begriff nicht alles, was Carson da sagte, aber da war etwas Seltsames an ihm – eine Traurigkeit, eine Resignation. Und eine Macht. Warum hatte er die Sicherheitsleute noch nicht gerufen? Es war, als wäre er derjenige mit einem Leiden, derjenige, der geheilt werden musste. Und vielleicht war Travis die einzige Person, die ihn heilen konnte.
    »Es gibt einen Ausweg«, sagte Travis und bemühte sich, nicht zu hastig zu sprechen. Jetzt kam es auf jedes Wort an.

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