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Die letzte Rune 10 - Der Runenbrecher

Titel: Die letzte Rune 10 - Der Runenbrecher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony Mark
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Chance auf den Sieg hast, sondern dass irgendwie, selbst nach einer Niederlage, das Leben weitergeht.«
    Grisla wandte sich ab und schlurfte davon, ihre unregelmäßigen Umrisse verschmolzen mit dem Zwielicht. Grace stand eine Zeit lang reglos da und betrachtete den sternenübersäten Himmel. Dann begab sie sich nach unten, um auf den Winter zu warten.
    ***
    Der nächste Morgen war kälter als jeder vorherige. Reif färbte Schwerter, Rüstungen und Bärte weiß, und die Luft biss in jedes Stück bloße Haut. Selbst in dem Wehrturm und den Mannschaftsunterkünften mussten die Wassereimer über einem Feuer aufgetaut werden, bevor man aus ihnen trinken konnte.
    Die erste Stunde des Tages hing die Sonne rot und bedrohlich am östlichen Himmel. Als sie dann höher stieg, wurde sie von den gewaltigen Rauchwolken verschluckt, die im Norden aufstiegen und die Welt in das Halblicht einer vorzeitigen Abenddämmerung tauchten. Ein Gestank wie von glühendem Eisen lag in der Luft. Gegen Mittag regnete Asche wie feiner schwarzer Schnee vom Himmel.
    Trotz der Kälte gingen die Arbeiten an der Festung weiter. Die Baumeister erledigten die letzten Feinarbeiten an der Mauer und konstruierten einen Überhang aus Holzspießen, der es jedem, der es schaffte, so hoch zu klettern, sehr schwierig machen würde, über die Brüstung zu kommen. Massive Baumstämme wurden zurechtgeschnitten und an der Mauer entlang an Ort und Stelle gebracht. Man konnte sie mit Naphta bestreichen, entzünden und dann auf den Feind werfen.
    Grace tat so, als würde sie die Aktivitäten überwachen, aber in Wirklichkeit versuchte sie bloß, niemandem im Weg zu stehen. Sie konnte nicht helfen – es sei denn natürlich, sie hätte herausfinden können, wie man die Verteidigungsanlage der Festung aktivierte. Sie hatte die ganze Nacht wach gelegen; ohne Tira war es auf der Pritsche kalt gewesen, und sie war die Worte des Runenmeisters im Geiste immer wieder durchgegangen, ohne jedoch zu einem Ergebnis zu kommen. Sie hätte wissen müssen, was zu tun war, aber sie tat es nicht. Der Winter würde kommen, und es gab nichts, das sie tun konnte, um ihn aufzuhalten.
    »Hallo, kleine Königin.«
    Sie stand vor dem Turm und sah den Männern bei der Arbeit auf der Mauer zu. Jetzt drehte sie sich um und schaute zu König Kel hoch.
    Ein Grinsen brachte seinen wild wuchernden roten Bart in Bewegung. »Nimm es mir nicht übel, aber du siehst aus, als hättest du gerade eine Maus verschluckt.«
    Trotz ihrer Furcht musste sie lachen. »Ich glaube, sie krabbelt noch immer in meinem Bauch herum.« Ihr Lächeln verblasste. »Dieser Tag wird dunkler, nicht heller.«
    Kel sah sie besorgt an. »Mach dir jetzt keine Sorgen, Majestät. Wir werden den Fahlen König mit eingeklemmtem Schwanz zurück durch sein Tor jagen, wart's nur ab.«
    »Glaubt Ihr das wirklich, Kel?«
    Die Fröhlichkeit schwand aus seinen Augen, er ließ die gewaltigen Schultern hängen. »Nein, das kann ich nicht behaupten. Sosehr mich das auch wie diesen missmutigen Embarraner da drüben klingen lässt.«
    Grace wandte den Kopf. Er war ihr zuvor gar nicht aufgefallen – seine graue Kleidung verschmolz mit der schrecklichen Luft –, aber Durge stand am anderen Ende der Mauer und schaute in die Ferne. Grace wusste nicht, warum – es gab nichts, das sie ihn fragen musste –, aber aus irgendeinem Grund wollte sie zu ihm gehen.
    »Entschuldigt mich«, sagte sie zu König Kel, der sie verschnupft ansah, dann schnaubte und zurück in den Turm ging.
    Als Grace die Mauer erreicht hatte, blickte sie sich in der Hoffnung um, einen Soldaten zu sehen, der ihr hinaufhalf. Aber alle schienen in ihre Arbeit vertieft zu sein, also begab sie sich zu einer der hölzernen Leitern und stieg hinauf. Das war in ihrem Gewand nicht einfach, aber sie schaffte es, ohne sich allzu sehr in dem vielen Stoff zu verheddern.
    Oben angelangt, musste sie sich festklammern, als ihr plötzlich schwindelig wurde. Der über dreißig Meter in der Tiefe befindliche Talboden schien sie nach unten ziehen zu wollen. Sie wartete, bis das Schwindelgefühl verging, dann bahnte sie sich vorsichtig einen Weg die Mauer entlang.
    Durge schien sie nicht näher kommen zu hören. Er stand so reglos wie eine Statue da, den Blick unverrückbar auf die Finsternis im Norden gerichtet, die rechte Hand auf die Brust gepresst. Grace war alarmiert. Wusste er doch, was sich da in seiner Brust befand?
    Das ist unmöglich. Er kann unmöglich von dem Eisensplitter wissen.

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