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Die letzte Rune 10 - Der Runenbrecher

Titel: Die letzte Rune 10 - Der Runenbrecher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony Mark
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Höhlen, und sie biss sich auf die Zunge. Blut rann ihr das Kinn hinunter. Einige der jungen Hexen liefen auf sie zu, doch als sie nach ihnen griff, blieben sie stehen, die Augen auf Herzog Petryens Leiche gerichtet.
    Die blonde Hexe streckte Aryn eine Hand entgegen. »Stirb«, krächzte sie.
    Aryn schüttelte den Kopf.
    Liendra erstarrte, dann kippte sie vornüber und war tot, bevor sie auf dem Boden aufschlug. Die jungen Hexen schrien auf und schluchzten, sanken auf die Knie. Krieger stürmten in allen Richtungen an ihnen vorbei. Viele flohen vom Feld, aber nicht alle.
    »Zu mir!«, rief Ajhir. »Zu mir! Wir müssen den Prinzen beschützen!«
    Ein paar Mann versammelten sich um ihn, aber andere blieben nicht stehen. Das Klirren aufeinander treffender Schwerter hallte durch die Luft, gefolgt von Schmerzensschreien. Irgendwo ertönte ein Signalhorn. Aryn wollte ihr Pferd wenden, um zu sehen, was dort geschah – und erstarrte.
    Die Gestalt in Schwarz glitt auf sie zu.
    Aryns Pferd stieß ein schrilles Wiehern aus und ging auf die Hinterbeine. Sie griff nach dem Sattel, hatte aber nur eine Hand frei. Es reichte nicht aus. Sie stürzte auf den gefrorenen Boden, die Luft wurde ihr schmerzvoll aus den Lungen getrieben. Einen Augenblick lang war sie zu keiner Bewegung fähig. Dann machte sie sich mühsam aus den Falten ihres Umhangs frei und stemmte sich auf die Knie.
    Die Nekromantin ragte über ihr auf. Trotz des Windes hing Shemals Robe reglos herunter. Von ihrer Position auf dem Boden konnte Aryn in die Kapuze schauen, und was sie dort sah, ließ ihr Blut erstarren. Ein Lächeln so schmal wie ein Messerschnitt spaltete ein Gesicht so weiß und leblos wie Marmor. Aryn starrte in schwarze Augen und sah darin ein Zeitalter aus Hass und Tod und des Leidens. Ein Stöhnen entfuhr ihr.
    »Du hast wirklich einen hässlichen kleinen Arm. So ein kleines und verkümmertes Ding. Wie du ihn hassen musst.«
    Shemal zeigte mit einem weißen Finger. Aryn hatte beim Sturz den Schild verloren, und ihr verkrüppelter Arm lag enthüllt da.
    Irgendwie brachte Aryn trotz ihrer Furcht ein Lächeln zu Stande. Shemal irrte sich. Sie hatte getan, was sie hatte tun müssen; sie wusste, wer sie war. »Nein, ich hasse ihn nicht. Er ist ein Teil dessen, was ich bin.«
    Shemals dünne Lippen verzogen sich zu einem hämischen Lächeln. »Tatsächlich? Nun, wenn dir dieser widerliche Arm so gefällt, dann forme ich den Rest von dir so, dass er dazu passt.«
    Aryns Lächeln zersprang, als Shemal mit dem Finger über ihre Wange strich; ihre Berührung war wie ein kalter Dolch.
    »Verkümmere«, summte die Nekromantin. »Verkümmere …«
    Aryn warf den Kopf zurück und schrie.

13
    Aryn hatte schon zuvor Schmerzen kennen gelernt. Vor allem in den Jahren ihres zehnten und elften Winters, als sie in die Höhe geschossen war und ihr rechter Arm oft mit einem tief sitzenden, knochenzermürbenden Schmerz gepocht hatte, so als würde das verkümmerte Glied sich bemühen, zusammen mit dem Rest von ihr zu wachsen – und scheitern. Nachts lag sie dann wach und drückte das Gesicht in die Kissen, damit ihre Dienerinnen nicht ihr Schluchzen hören konnten.
    Verglichen mit dem hier war dieser Schmerz lächerlich, ein Nadelstich angesichts des Stoßes einer rot glühenden Schwertklinge. Sie kreischte erneut auf, als Shemal die weißen Finger zur Faust ballte. Ihr Fleisch schien sich in Ton verwandelt zu haben, ihre Knochen waren aus Holz. Sie war zu einem Golem geworden, ein Ding, das die Nekromantin in eine neue Form verbiegen konnte. Zerbrechen konnte.
    Schwester, ich bin da.
    Die Stimme war wie kühles Wasser, das über verbrannten Boden floss. Der Schmerz ließ etwas nach, so dass Aryn in Gedanken Worte formen konnte.
    Lirith, bist du das?
    Ja, Sareth und ich sind direkt hinter dir. König Boreas und ein paar seiner Männer haben sich zu Teravian durchkämpfen können, und wir sind ihnen gefolgt.
    Ich kann mich nicht umdrehen – ich kann mich nicht bewegen.
    Shemals Magie hat dich gelähmt. Du musst dagegen ankämpfen.
    Das weiße Gesicht der Nekromantin füllte Aryns Blickfeld wie ein kalter, knochenbleicher Mond.
    Ich kann nicht, Lirith. Die Schmerzen …
    Denk nicht daran. Ich werde die Schmerzen wegnehmen. Du kannst den Rest tun – du hast die Macht dazu. Ich weiß es, genau wie Ivalaine es wusste. Niemand ist stärker in der Gabe als du, Schwester.
    Bevor Aryn die Worte in Frage stellen konnte, verschwand der Schmerz, Luft strömte in ihre Lungen

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