Die letzte Rune 11 - Das Blut der Wüste
lag es an all dem, was er auf Eldh erlebt hatte, aber im Augenblick brauchte er nicht viel, um glücklich zu sein.
Aber wenn dem so war, warum war er dann heute in einer so düsteren Stimmung? Ja, er hatte seinen Job in der Buchhandlung verloren und noch keinen neuen gefunden. Aber um Geld musste er sich keine Sorgen machen, und es würde sich schon ein neuer Job finden. Das war es nicht, was ihm Sorgen machte, und er hatte ihren Brief auch nicht darum gelesen.
Der Abwasch war fertig. Travis zog den Stöpsel heraus, stützte sich auf den Beckenrand und starrte das ablaufende Spülwasser an. Es drehte sich, bevor es verschwand.
Spiralen sind Symbole großer Macht, sagte das Echo von Jack Graystones Stimme in seinem Bewusstsein. Sie ziehen Magie an und halten sie in sich fest.
Im Turm der Runenbinder war eine große Spirale gewesen. Sie hatte Travis und die anderen in ihr Zentrum gezogen, und dort war er das erste Mal mit den Phantomschatten konfrontiert worden. Die bleichen Wesen waren gekommen, um ihm den Stein des Zwielichts abzunehmen; sie hatten mit spindeldürren Händen nach ihm gegriffen, und ihre Berührung war tödlich. Erst in diesem Augenblick hatte Travis den zerbrochenen Grundstein des Turms gebunden, ohne zu wissen, wie er das machte. Die Magie des Turms war zum Leben erwacht; die Phantomschatten wurden vernichtet.
Zurückblickend war das wohl der Augenblick gewesen, in dem Travis zum Magier wurde. Aber dieses Leben war vorbei. Er war kein Magier mehr. Die Großen Steine waren eine Welt weit weg auf Eldh; er hatte sie Meister Larad zur Aufbewahrung gegeben. Auf der Erde gab es zwar Magie, aber sie war nur ein schwacher Schatten dessen, was sie auf Eldh darstellte. Seit Beltan und er zurückgekommen waren, hatte er nicht einmal versucht, einen Zauber zu wirken.
Aber wenn er kein Magier mehr war, warum hatte er dann das Gefühl, das in der Spirale gefangene Ding zu sein?
Travis hätte nie geglaubt, jemals so glücklich sein zu können, wie er es in den vergangenen drei Jahren in London gewesen war. Zum ersten Mal in seinem Leben war er nicht irgendwo, nur weil es ihn dort zufällig hin verschlagen hatte, sondern weil er den Ort gewählt hatte. Er wollte hier sein, mit Beltan. Und doch konnte er die Vergangenheit nicht zurücklassen, nicht vollständig. Von Zeit zu Zeit ertönte noch immer Jacks Stimme in seinem Bewusstsein, zusammen mit den Stimmen sämtlicher Runenmeister, die es vor ihm gegeben hatte. Travis würde der Spirale der Macht, die ihn angezogen hatte, die ihn nach Eldh geführt hatte, niemals ganz entkommen können.
Die Stimmen waren nicht das Einzige, das ihn an die Vergangenheit erinnerte, denn manchmal sehnte sich seine rechte Hand schmerzhaft danach, die Großen Steine noch einmal zu halten, und wenn er in diesen Augenblicken hinsah, konnte er ein silbernes Symbol auf seiner Handfläche schimmern sehen: drei gekreuzte Linien. Es verschwand nach wenigen Sekunden, aber es war immer da, direkt unter der Oberfläche. Wartete.
Sobald etwas gemacht wurde, kann es nicht wieder ungeschehen gemacht werden, ohne es vorher zu zerbrechen. Das waren die Worte gewesen, die Olrig – der Alte Gott, der auch der Weltenschmied und Sia und die alte Grisla gewesen war – zu Meister Larad gesagt hatte, als dieser gebeten hatte, nicht länger Runenmeister zu sein. Das Gleiche galt auch für Travis. Er konnte nicht ändern, was er war.
Nur, was genau war er?
Zuerst hatte Jack ihn zum Runenmeister gemacht. Dann hatte ihn das Feuer des Großen Steins Krondisar völlig verbrannt, bevor es ihn neu erschuf. Und dann hatte es noch eine Transformation gegeben, die ihn verändert hatte …
Ein Drang überfiel Travis, so schnell und stark, dass er das kleine Kartoffelmesser in der Hand hielt, bevor ihm überhaupt bewusst wurde, was er da tat. Er wollte Blut sehen, wollte sehen, ob sie hier auf der Erde zu ihm kommen würden, wenn er sie rief. Er drückte die Klinge gegen den linken Unterarm …
Plötzlicher Lärm ließ den Bann zerbrechen; er riss das Messer weg. Es hatte eine weiße Einkerbung auf seiner Haut hinterlassen, aber kein Blut hervortreten lassen. Er schluckte die Übelkeit herunter, dann zwang er sich, das Messer wegzulegen.
Drüben im Wohnzimmer verstummte der Fernseher. Einen Augenblick später öffnete sich die Wohnungstür. Travis glaubte eine leise Stimme etwas sagen zu hören. Dann schloss sich die Tür. Beltan musste dem Besucher gesagt haben, er solle gehen.
Travis nahm einen
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