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Die letzte Rune 11 - Das Blut der Wüste

Titel: Die letzte Rune 11 - Das Blut der Wüste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony Mark
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nassen Teller und ein Abtrockentuch, damit seine zitternden Hände etwas zu tun hatten, dann ging er ins Wohnzimmer. »Wer war da an der Tür, Beltan? Ich habe nicht gehört …«
    Der Teller entglitt seinen feuchten Fingern. Er schien keinen Laut zu machen, als er auf dem Boden auftraf und in ein Dutzend weißer Splitter zerbrach.
    »Du siehst gut aus, Travis«, sagte Vani. Beltan stand direkt hinter ihr, aber Travis konnte ihn nicht ansehen. Er starrte die T'gol an.
    Wie immer trug sie anschmiegsames Leder, und der Blick ihrer goldenen Augen war so durchdringend wie zuvor. Aber ihr schwarzes Haar war länger, als er es in Erinnerung hatte, von weißen Strähnen durchzogen, die in der Mitte ihrer Stirn ihren Anfang nahmen. Ihre Haltung war so stolz wie immer, aber sie schien eine Last zu tragen und ihr Ausdruck hatte etwas Gehetztes, wie er es bei ihr nie zuvor gesehen hatte.
    »Du siehst müde aus«, sagte er.
    Sie nickte. »Wir sind weit gereist, um herzukommen.«
    Erst als sie dies sagte, wurde ihm überhaupt bewusst, dass sie ein Kind auf dem Arm trug, ein Mädchen mit dunklen Haaren in einem aschgrauen Kleid. Es schien zu groß zu sein, um drei Jahre alt sein zu können – Travis hätte die Kleine auf fünf geschätzt –, aber es gab keinen Zweifel, wer das war. Die Ähnlichkeit mit jedem von ihnen war deutlich zu sehen: die hervortretenden Wangenknochen, die hohe Stirn. Travis sah zu Beltan herüber. Der blonde Mann konnte den Blick nicht von der Kleinen wenden.
    »Bitte lass mich runter, Mutter«, sagte das Mädchen mit einer Stimme, die trotz eines deutlichen Lispelns präzise und akzentuiert war.
    Es schlüpfte aus Vanis Armen und ging vor dem zerbrochenen Teller in die Hocke und setzte die Stücke zusammen, legte sie mit Bewegungen aneinander, die zu geschickt für so kleine Hände erschienen.
    Das Mädchen schaute zu Travis hoch. »Mach ihn wieder ganz.«
    Er war zu überrascht, als etwas anderes tun zu können, als niederzuknien und eine Hand auf den kaputten Teller zu legen.
    »Eru«, sagte er und versuchte, seine ganze Willenskraft in das Wort zu legen.
    Er hörte, wie der Stimmenchor in seinem Bewusstsein das Wort wiederholte. Aber der Chor geriet durcheinander. Das vertraute Zischen der Magie in seinen Ohren verging, tief im Inneren verspürte er einen schmerzhaften Ruck. Er hob die Hand. Die Splitter waren zu einem grauen Klumpen zerschmolzen.
    Das Mädchen runzelte die Stirn. »Es hat nicht richtig funktioniert.«
    »Nein, das hat es nicht.« Travis legte die Hand an die dröhnende Stirn. Sowohl Vani wie auch Beltan sahen ihn an; sie neugierig, er besorgt.
    Das Mädchen ging zu Beltan, ergriff eine seiner großen Hände und schob die winzige eigene hinein. »Hallo, Vater.«
    Beltans Ausdruck verwandelte sich in Staunen, und seine Hand schloss sich automatisch – sanft – um die des Mädchens. Die Kleine drehte sich, den Blick jetzt auf Travis gerichtet. Ihre Augen waren grau, genau wie ihr Kleid, aber mit Goldsplittern durchsetzt.
    »Hallo, Vater«, sagte sie erneut.
    Travis konnte nicht sprechen. So lange Zeit hatte er sich gefragt, ob sie helle Haare hatte oder dunkle, ob sie alle Finger und Zehen hatte; er hatte versucht, sich vorzustellen, wie sie aussehen würde, und das Bild hatte sich jeden Monat ein kleines bisschen verändert. Jetzt war sie hier, und sie war genau, wie er sie sich vorgestellt hatte, und doch ganz anders, und er hatte nicht die geringste Ahnung, was er zu ihr sagen sollte.
    Beltan kniete nieder, legte eine Hand auf ihre Schulter und sah sie ernst an. »Wie heißt du, Kind?«
    Ihr Blick war genauso ernst wie der seine. »Mein Name ist Nim.«
    Wieder ertönten die Stimmen in Travis' Bewusstsein, wiederholten den Namen. Aber jetzt war es nicht nur ein Name, es war eine Rune.
    »Nim«, murmelte Travis. »Hoffnung.« Er trat einen Schritt auf Vani zu. »Hast du sie so genannt?«
    Nim lachte, jede Spur von Ernst war verschwunden. »Sei nicht albern, Vater«, sagte sie. »Das warst doch du.«
    »Ich habe ihr gesagt, dass sie meine größte Hoffnung ist«, sagte die T'gol zu Travis, »und dass du mir verraten hast, dass das uralte Wort für Hoffnung Nim ist.«
    Travis versuchte, den Kloß in seinem Hals loszuwerden. »Hast du … oft über mich, über uns gesprochen?«
    Vani nickte. »Sobald sie sprechen konnte – was sie sehr früh konnte –, hat sie immer alles wissen wollen, was ich ihr über euch beide erzählen konnte. Sie kann sehr … beharrlich sein.«
    »Du

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