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Die letzte Rune 11 - Das Blut der Wüste

Titel: Die letzte Rune 11 - Das Blut der Wüste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony Mark
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fortschafften.
    Trotzdem wusste sie, dass sie für den Rest der Nacht keine Ruhe finden würde; sie kam sich in ihrem stickigen Gemach wie eingesperrt vor. Sie musste hier raus, frische Luft schnappen.
    Sie ging zur Tür, hüllte sich in einen schnell gewebten Zauber, so dass die Wächter vor ihrer Tür sie als nicht mehr als einen fließenden Schatten wahrnehmen konnten. Es war ein einfacher Zauber, aber zuerst schienen die Fäden der Weltenkraft ihr durch die Finger zu schlüpfen und sich zu verknoten.
    Du bist noch halb am Schlafen, das ist alles.
    Sie konzentrierte sich, und nach einiger Bemühung war der Zauber vollständig. Er löste sich weniger als eine Minute später wieder auf, aber da stieg sie bereits eine Wendeltreppe hinauf und war außer Sicht der Wachtposten. Zurück ins Gemach zu kommen würde schwierig sein, aber darüber konnte sie sich später Sorgen machen.
    Sie stieß eine Tür auf und betrat den Wehrgang oben auf der Festung. Die Nacht war klar und mondlos. Eine Brise blies ihr das Haar aus dem Gesicht, und sie atmete tief ein und fühlte, wie sich der Schweiß und die Furcht ihres Traums auflösten.
    Grace näherte sich der Südseite des Wehrgangs und schaute nach oben. Die Sterne erschienen heller und näher als auf der Erde, so als wäre Eldhs Himmel nicht ganz so fern. Sie hielt unter den Tausenden kühlen silbrigen Punkten nach einem blutroten Ausschau, in der Hoffnung, Tiras Stern zu finden. Es war nicht das Gleiche, wie das kleine, stumme Mädchen mit der feuerroten Mähne, das zur Göttin geworden war, in den Armen zu halten, aber ihren Stern zu sehen gab Grace immer das Gefühl, ihr etwas näher zu sein.
    Aber in der Nähe der Berggipfel war von Tiras Stern nichts zu entdecken. Vielleicht war es schon später als gedacht. Grace legte den Kopf in den Nacken und hob den Blick noch höher in den Himmel.
    Es war, als würde man ihr eine unsichtbare Anästhesiemaske ins Gesicht drücken, ihr die Lungen mit etwas Kaltem füllen, sie lähmen. Der Wind riss ihr das Tuch von den Schultern; es flatterte wie ein Geist im Zwielicht davon. Genau in der Mitte des Himmels klaffte ein schwarzes Loch, in dem keine Sterne leuchteten. Das Loch war größer als Eldhs großer Mond, die Ränder gezackt wie bei dem Krieger in ihrem Traum.
    Aber das war unmöglich. Ein Kreis aus Sternen konnte nicht so einfach verschwinden. Etwas verhüllte sie – vielleicht eine Wolke. Sie blinzelte, und dann entdeckte sie etwas in der dunklen Spalte. Einen feurigen Funken. War das Tiras Stern?
    Nein. Der Funke wurde heller, kam näher, flog auf Grace zu. Ein frischer Windstoß traf ihr Gesicht, heiß und scharf, stieß sie einen Schritt zurück. Riesige Schwingen entfalteten sich wie Schatten, und der eine Funke wurde zu zweien, zu einem Paar lodernder Augen. Als Grace endlich erkannte, um was es sich da handelte, schoss der Drache auch schon in die Tiefe, landete auf den Zinnen und grub die Krallen in den Stein, und die Festung ächzte unter seinem Gewicht.
    Grace wusste, sie musste fliehen. Die Treppe hinunterlaufen und Alarm schlagen. Aber dann drehte der Drache den biegsamen Hals und wandte ihr seinen keilförmigen Kopf zu, und sie stand wie erstarrt. Die Kreatur war so nahe, dass sie ihren staubigen Atem auf dem Gesicht fühlen konnte, als sie sprach, und in diesem Augenblick erkannte sie, dass sie ihr bereits einmal begegnet war.
    »Das Ende aller Dinge nähert sich, Grace Beckett«, zischte der Drache Sfithrisir. »Und du und Travis Wilder müsst es aufhalten.«

11
    Der Drache faltete die Schwingen an seinen schlanken Körper; die Steine der Festung stöhnten unter seinem Gewicht. Als sie Sfithrisir vor vier Jahren in dem hohen Tal in den Fal Erenn begegnet waren, hatte der Drache in Graces Augen wie ein gewaltiger, rußfarbener Schwan ausgesehen. Jetzt kam er ihr eher wie ein Geier vor. Die federlose Haut absorbierte das Sternenlicht, die Augen glühten wie Kohlen. Der kleine, saurierähnliche Kopf bewegte sich langsam am Ende des seilähnlichen Halses, und aus dem knochigen Schnabel drang ein ständiger Strom aus zischendem Dampf.
    Der Rauch und die Angst raubten Grace den Atem. Aus irgendeinem Grund ließ sie der Gestank an brennende Bücher denken. Sie kämpfte um Luft und einen klaren Gedanken. Sie würde beides brauchen, wenn sie überleben wollte.
    »Beantwortet … beantwortet mir dies, dann sollt Ihr eine Antwort erhalten«, sprach sie mit zitternder Stimme die uralte Begrüßung, die sie von Falken

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