Die letzte Rune 11 - Das Blut der Wüste
Dokument auf ihrem Computer und klickte auf Drucken.
»Und was haben wir da?«, sagte Sasha, als Deirdre ihr die noch vom Drucker warme Kopie gab.
»Die erste Fassung eines Berichts, den ich für Nakamura geschrieben habe, um ihn über das auf dem Laufenden zu halten, was wir tun.« Deirdre setzte sich auf die Schreibtischkante.
Sasha faltete die Seiten zusammen, ohne einen Blick darauf geworfen zu haben. »Das ist nett von dir, aber nicht nötig. Deirdre, du bist Echelon Sieben. Du hast bei der Mission freie Hand – sie steht unter deiner völligen Kontrolle. Du brauchst keinen Bericht einzureichen, bis du den Fall für abgeschlossen hältst.«
Deirdre war sich nicht klar, ob diese Worte nun beruhigend waren oder nicht. Es war gut zu wissen, dass nicht jede ihrer Handlungen in Frage gestellt wurde. Andererseits war sie nicht hundertprozentig davon überzeugt, genau zu wissen, was sie hier tat. Wie sollte man die Desiderate anwenden, wenn das außerweltliche Wesen, zu dem man geschworen hatte keinen Kontakt aufzunehmen, zugleich ein guter Freund war, dem man wiederum geschworen hatte zu helfen? Es war schwer, allein auf das eigene Urteil zu vertrauen.
»Gib den Bericht Nakamura trotzdem«, sagte Deirdre. »Ich will nicht, dass es hier Geheimnisse gibt.«
»Komisch, dass du Geheimnisse erwähnst«, schnurrte Sasha. »Genau darüber wollte ich mit dir sprechen.«
Deirdre griff nach der Bärenkralle. »Was meinst du?«
Sasha warf einen Blick zur Tür, dann kam sie näher, und ihr Ausdruck zeigte nicht länger verschmitzte Belustigung, sondern Ernst. »Erinnerst du dich noch, wie ich dir mal gesagt habe, du solltest deine Neugier besser auf Dinge beschränken, die nichts mit den Suchern zu tun haben, dass es besser ist, unberührte Steine nicht umzudrehen?«
Deirdre verspürte ein Frösteln. Sie konnte nur nicken.
»Nun, vielleicht ist die Zeit gekommen, ein paar dieser Steine doch umzudrehen.«
»Wovon redest du? Welche Steine?«
Sasha ergriff die Goldmaske und strich mit einem langen Finger darüber. »Das ist also eine der Masken, die sie tragen. Diese Zauberer, von denen du in deinen Berichten geschrieben hast. Sie ist so viel schöner, als ich je gedacht hätte. Aber sie verbirgt Hässlichkeit, nicht wahr? Hässlichkeit und Hass.«
Nichts hiervon ergab einen Sinn. Deirdre fuhr sich durch das kurz geschnittene Haar. »Sasha, worum geht es hier wirklich?«
Die andere Frau schwieg eine Weile. Schließlich sprach sie in leisem Tonfall. »Die Zauberer sind nicht die einzige Organisation, die von ihren Mitgliedern verlangt, Masken zu tragen. Manchmal tun es die Sucher auch. Aber man kann nicht immer wissen, was sich hinter diesen Masken verbirgt. Manchmal ist es gut. Manchmal bewahren sie Geheimnisse, um einen zu beschützen. Und manchmal …«
Deirdre schwitzte, aber ihr war kalt. »Was weißt du, Sasha? Wenn du etwas weißt, dann musst du es mir sagen.«
Sasha schüttelte den Kopf. »Ich weiß nur, dass es Geheimnisse gibt. Dinge, die die meisten von uns nicht wissen, und von denen andere nicht wollen, dass wir sie erfahren.«
»Was für Geheimnisse?«
Sasha stellte die Maske ab. »Das war ein Fehler. Ich habe dir mehr gesagt, als ich sollte. Aber ich wollte nur, dass du … Du musst die Augen offen halten, das ist alles.« Sie setzte sich in Richtung Tür in Bewegung.
Deirdre stand auf, ihr Herz hämmerte wild. »Sasha, bitte. Du musst mir sagen, was du meinst.«
Sasha zögerte, dann sah sie über die Schulter, und in ihren dunklen Augen lag ein unleserlicher Ausdruck. »Hat Anders dir je verraten, warum er eine Waffe tragen darf, wenn das keinem anderen Sucher erlaubt ist?«
Deirdre konnte sie bloß anstarren.
»Pass auf dich auf, Süße«, sagte Sasha, dann verließ sie den Raum und ließ Deirdre allein.
22
Es war spät. Deirdre schaute aus dem Fenster ihres Apartments und sah zu, wie Regentropfen in langen Bahnen die Scheibe hinunterliefen. Sie hielt ein Glas Scotch in der Hand; sie hatte nicht einen Schluck getrunken, seit sie ihn vor zwei Stunden eingegossen hatte.
Hat Anders dir je verraten, warum er eine Waffe tragen darf, wenn das keinem anderen Sucher erlaubt ist?
Wie nicht eingeladene Gäste schoben sich Sashas Worte in den Vordergrund ihrer Gedanken. Deirdre versuchte sie zu ignorieren. Sie wusste nicht, was Sasha erreichen wollte, aber sie würde Anders nicht irgendwelcher Missetaten verdächtigen. Nicht, nachdem er ihr Leben – und das von anderen – mehrfach gerettet
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