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Die letzte Rune 12 - Die letzte Schlacht

Titel: Die letzte Rune 12 - Die letzte Schlacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony Mark
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bilden, und es spielte auch keine Rolle, denn die Tür schloss sich, und Augenblicke später ratterte die Kutsche über die High Street.
    Ich lag in den Umhang gewickelt auf dem Sitz, bis ins Mark meines jungen Körpers erschöpft, dabei aber auf seltsame Art wach und aufmerksam. Ich hatte den Eindruck, dass die Kutsche nach unten fuhr, und in Gedanken konnte ich sie durch das Canongate fahren sehen, vorbei an den Türmen des Holyrood Palace und weiter in die von der Nacht verhüllte Welt hinein, wie ein winziges Schiff auf dem großen, dunklen Meer.
    Mir fiel ein, dass ich eigentlich Angst hätte verspüren sollen. Vielleicht hatte der Fremde mich ja doch nicht gerettet. Vielleicht begehrte er mich bloß und wollte mich nur so benutzen, wie es die anderen vor ihm getan hatten. Aber nein, er war nicht wie die anderen Männer, davon war ich fest überzeugt.
    Danach schweiften meine Gedanken ab, und bald hatte es den Anschein, als würde ich in dem dunklen Meer treiben. Gelegentlich hörte ich Stimmen, und ich glaube, sie waren es, die verhinderten, dass ich versank. Die Stimmen waren nur schwer zu verstehen; sie verschmolzen mit dem Gemurmel der Wellen. Eine war eine Stimme mit einem seltsamen Akzent, während die andere im singenden Tonfall eines gut situierten Tiefländers sprach. Und manchmal war da auch eine andere Stimme, so tief wie das Meer, auf dem ich trieb.
    »Komm zurück zu uns, James«, hörte ich sie einmal sagen, und ich wollte antworten, aber mein Mund füllte sich bloß mit schwarzem Wasser.
    »Das Fieber brennt heißer in ihm als je zuvor«, sagte die schottische Stimme. »Es muss bald brechen, oder es wird ihn zu Tode verbrennen.«
    »Es wird brechen«, sagte die tiefe Stimme.
    Ich fühlte etwas Kühles auf der Stirn. Frieden überkam mich, und ich lächelte, als mich das Wasser endlich in die Tiefe zog.
    Als ich erwachte, war das eine Überraschung.
    Dem durch das Fenster einströmenden Licht nach zu urteilen, war es später Vormittag. Ich setzte mich auf und entdeckte, dass ich in einem großen Bett nackt unter sauberen weißen Laken lag. Die Kammer um mich herum war ebenfalls groß, verfügte über einen Kamin, zwei Stühle und drei hohe Fenster, von denen eines geöffnet stand, um die süße Frühlingsluft einzulassen. Jenseits der Spitzenvorhänge sah ich grüne Hügel, die am nebligen Horizont verschwanden. Ich starrte, denn mit meinen vierzehn Jahren war ich noch nie außerhalb der Stadtmauern gewesen, und ich hatte noch nie etwas so Schönes gesehen.
    Ich starrte noch immer, da öffnete sich die Tür und ein Mann trat ein. Ich erkannte ihn sofort an seiner Dienerkleidung und dem grauen Haar, das er im Nacken zu einem Knoten gebunden trug. Seine Nase war so gebogen wie ein Falkenschnabel, und seine faltige Haut wies eine so dunkle olivfarbene Tönung auf, wie ich sie noch nie zuvor gesehen hatte. Er musterte mich mit schwarzen Augen und nickte.
    »Der Doktor hat gesagt, dass du heute aufwachst.« Pietro, der Diener, schien mehr zu singen als zu sprechen, denn alle seine Worte klangen melodisch. »Der Master wird mit dir reden wollen, aber zuerst müssen wir uns um dein Erscheinungsbild kümmern.«
    Ich fühlte mich kräftig und bereit, sofort mit dem Master zu sprechen. Ich setzte dazu an, Pietro genau das zu sagen, aber als ich aus dem Bett rutschte, wurde mir klar, dass ich alles andere als stark war. Meine Glieder zuckten unkontrollierbar, und ich wäre gefallen, hätte mich der so viel ältere Mann nicht festgehalten.
    Mein Zustand war solcherart, dass ich mich meiner Nacktheit nicht schämte, während Pietro mich vor dem Feuer in einer hölzernen Wanne badete und dann anzog, als wäre ich ein Säugling. Er bürstete mir die Schultern ab und drehte mich, damit ich mich in einem Spiegel betrachten konnte. Die Gestalt eines jungen Adligen blickte zurück. Jacke und Hosen waren in einem sanften, mit Silber besetzten Taubengrau, und sein Hemd war so weiß wie Schnee. Ein dunkles Band hielt langes goldblondes Haar aus einem Gesicht zurück, das blass und fein geschnitten war. Seine Augen funkelten wie zwei Smaragde. Das Einzige, was das Bild verdarb, war die Schwellung auf seiner linken Wange.
    Pietro nickte. »Ich glaube, der Master wird zufrieden sein. Ihr seht wie ein prächtiger junger Lord aus, Sir.«
    Ich strich über die kühlen Silberknöpfe. »Sagt mir, Pietro, wer ist er? Der Master?«
    »Ein freundlicher Mann«, erwiderte der Diener. »Aber ein zurückhaltender. Ich glaube, er wird

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