Die letzte Rune 12 - Die letzte Schlacht
mystischen Katalysator, der in allem, was er berührte, augenblickliche Perfektion hervorbrachte – landete zusammen mit der Asche der Mythen und des Aberglaubens im Abfalleimer. Die Sucher hatten ihre eigene Reformation durchgemacht, und auch wenn sich die Organisation auf einem Glauben an die Existenz von Magie gründete – eine grundsätzliche Überzeugung, die wir nicht verworfen hatten –, setzte sich allgemein der Konsens durch, dass wir uns dem Thema nicht mit wilden Fantastereien annähern wollten, sondern mit Logik und kalter Rationalität. Die Beweise häuften sich, dass die magischen Mächte auf der Erde außerweltlichen Ursprungs waren, und als ich den Suchern beitrat, richtete sich der Schwerpunkt stetig mehr auf ein einziges Ziel: die Entdeckung anderer Welten.
Es war eine berauschende Idee und zu dieser Zeit nicht so weit hergeholt, wie es vielleicht heute erscheinen mag. Vor der Entdeckung Amerikas hatten die Menschen geglaubt dass ein Schiff, das zu weit nach Westen segelte, vom Rand der Welt stürzen würde. Aber Kolumbus, da Gama und Magellan hatten das Gegenteil bewiesen. Also wer vermochte schon zu sagen, dass es keine Neuen Welten gab, die ihrer Entdeckung harrten? Nur dass man, wenn man diese Welten finden wollte, in der Tat über den Rand der Welt segeln musste. Und wir dachten, wir wären diejenigen, denen das gelingen würde.
Master Albrecht hatte mich gewarnt, denen nicht zu vertrauen, die nach seinem Tod kommen würden, und auch wenn ich seine Worte nie ganz vergaß, verdrängte ich sie an den Rand meines Bewusstseins. Sicherlich betraf seine Sorge die Philosophen – das Resultat eines alten Streites oder Missverständnisses mit seinen Gleichgestellten –, und auch wenn sie angeblich die Anführer der Sucher waren, wurde doch schnell ersichtlich, dass sie bestenfalls eine ferne Autorität darstellten. Rebecca und Byron hatten diese Philosophen niemals zu Gesicht bekommen; tatsächlich wurde mir bald klar, dass das keiner der Sucher hatte. Die Philosophen kommunizierten nur durch Briefe mit ihnen, die ihr Wachssiegel trugen – eine Hand, die drei Flammen hielt –, und traten niemals persönlich in Erscheinung.
Ich überlegte mir, Rebecca und Byron von der Nacht zu erzählen, in der die drei mit den goldenen Augen nach Madstone Hall gekommen waren, entschied mich aber dagegen. Das Letzte, was ich wollte, war auf etwas hinzuweisen, das mich als Außenseiter brandmarken würde. Ich hatte nie eine Familie gehabt. Meine Mutter, die Gilroys in ihrer stummen Gruft, Master Albrecht und Pietro – sie alle hatten in gewisser Weise für Trost gesorgt. Aber keiner war fähig gewesen, für jenes alles umfassende Gefühl der Zugehörigkeit zu sorgen, das ich jetzt verspürte. Die Sucher waren meine erste wahre Familie, und ich schloss sie mit meiner ganzen Kraft in die Arme.
Diese ersten Monate waren mit ständigem Staunen und Entzücken erfüllt. Die Sucher arbeiteten daran, neue Welten zu entdecken, aber ich fühlte mich, als hätte ich das bereits erreicht, als hätten Rebecca und Byron einen im stumpfen Grau und Grün Schottlands gewebten Vorhang zur Seite gezogen und mir die vergoldete Tür zu einem fantastischen Land gezeigt, dessen Existenz ich mir niemals hätte träumen lassen. London war großartig und prächtig, so voller Leben und Schönheit und unglaublichem Elend, dass es Edinburgh wie eines der rückständigen Dörfer um Madstone Hall herum aussehen ließ.
Nachdem sich mein ursprüngliches Erstaunen über mein neues Leben gelegt hatte, stürzte ich mich auf meine Pflichten als Sucher im Ersten Rang. Rebecca hatte nicht gelogen; meine Talente waren wie geschaffen für die Organisation. Ich verfügte über eine Leidenschaft für sowohl das alte wie auch das neue Wissen, sowie über eine ausgeprägte Neugier. Aber das traf auf viele Sucher zu. Was mich brillieren ließ, war meine Fähigkeit, diese Fertigkeiten mit den Instinkten zu kombinieren, die ich auf den Straßen von Edinburgh erworben hatte. So wie ich hatte spüren können, welche Gänge unter der Altstadt nach oben ins Licht führten und welche in die Dunkelheit, vermochte ich oft die Untersuchungsrichtung, die Früchte trug, von den Sackgassen zu unterscheiden, bevor harte Beweise die eine oder die andere stützten.
»Du steigst schneller in der Organisation auf, als ich je geglaubt hätte«, sagte Rebecca eines Abends, als wir ineinander verschlungen auf ihrem Bett lagen.
Wir waren kurz nach unserer Ankunft
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