Die letzte Rune 12 - Die letzte Schlacht
ihnen befehlen sollen, wieder zu gehen, ihnen sagen sollen, dass ich kein Interesse an ihrer Einladung hatte.
Aber, so wenig ich auch im Moment wusste, ich hatte Interesse.
Du musst aufpassen, Marius. Wenn ich nicht mehr bin, werden sie kommen. Du darfst ihnen nicht vertrauen …
Aber bestimmt hatte der Master die mit den goldenen Augen gemeint, nicht diese beiden Boten. Sie waren neugierig, sicherlich, aber nicht so seltsam und Unheil verkündend wie die drei Fremden. Wie Byron gesagt hatte, sie waren bloß gewöhnliche Sterbliche. Wie sollten sie mir schaden können?
Doch ihren Worten zufolge sind die mit den goldenen Augen mit Sicherheit ihre Herren – diese Philosophen, von denen sie gesprochen haben, die, die der Master so oft in London besucht hat und die ihn einmal hier besucht haben.
Woraus folgerte, dass Master Albrecht einer von ihnen gewesen war. Aber was hatte das zu bedeuten? Er hatte mir befohlen, ihnen nicht zu vertrauen, und doch war er einer von ihnen. Ich brauchte mehr Zeit – Zeit, um eine Entscheidung zu treffen, was ich tun sollte.
»Es wird spät«, sagte ich. »Ihr müsst müde von der Reise sein. Ich werde Pietro anweisen, für euch Zimmer vorzubereiten. Wir können das morgen besprechen.«
Byron stürzte zufrieden den Rest seines Sherrys herunter, aber Rebecca warf mir einen kühlen Blick zu. »Wie Ihr wünscht, Lord Albrecht.«
Ich fröstelte und wünschte, ich hätte ihnen nicht gesagt, mich so zu nennen, und erhob mich ohne ein weiteres Wort und verließ das Schreibzimmer.
»Ihr müsst sie morgen früh fortschicken«, sagte Pietro, als er mein Bett aufschlug. Seine Hände zitterten. »Bitte, Mast … bitte, Marius. Ihr müsst es für ihn tun.«
»Gute Nacht, Pietro«, sagte ich und sah ihm nicht nach, während er aus dem Zimmer schlurfte.
Ich zog mich nicht aus und legte mich auch nicht ins Bett. Stattdessen setzte ich mich auf einen Stuhl und sah zu, wie ein Strahl Mondlicht durch den dunklen Raum kroch. Als ich sicher war, dass Mitternacht vorüber war, schlüpfte ich durch die Tür, schlich lautlos wie ein Schatten die Treppe hinunter und durchquerte die Halle des Herrenhauses, in Richtung einer Tür am anderen Ende.
Die Bibliothek. Seit seinem Tod hatte ich sie nicht mehr betreten, aber jetzt öffnete ich lautlos die Tür, trat ein und schloss sie wieder hinter mir. Meine an die Dunkelheit gewöhnten Augen verrieten mir, dass alles noch genauso war, wie er es zurückgelassen hatte. Schreibtisch und Kaminsims wurden von einer dunklen Staubschicht bedeckt. Selbst Pietro war nicht hier drin gewesen.
Ich wagte es, eine Kerze anzuzünden, dann setzte ich mich an den Schreibtisch. Es war ein merkwürdiges Gefühl, auf seinem Stuhl zu sitzen, aber es fühlte sich auch nicht grundsätzlich falsch an. Ich zögerte, dann öffnete ich nacheinander die Schreibtischschubladen. Ich wusste nicht genau, wonach ich eigentlich suchte, nur dass es hier war und ich es erkennen würde, wenn ich es fand. Da waren Stapel Pergamentblätter, Federkiele, ein kleines Messer, um die Kiele zu spitzen, Tintenfläschchen und Siegelwachs. Alltägliche Dinge. Dann, in der letzten Schublade, da fand ich ihn, genau wie ich es gewusst hatte – ein silberner Schlüssel.
Ich stand auf und schaute mich in der Bibliothek um. Da – bei allen meinen vorherigen Besuchen war mir das nie zuvor aufgefallen. Vermutlich hatte sich meine Aufmerksamkeit immer nur auf ihn gerichtet, aber jetzt schienen meine Blicke unweigerlich davon angezogen zu werden: eine kleine Vitrine in einer Ecke hinter dem Erdglobus.
Die Vitrine war schlicht, wies nur ein Schlüsselloch auf. Der Schlüssel passte und öffnete die Vitrinentüren. Drinnen gab es zwei Böden. Auf dem einen standen Bücher. Der andere enthielt Papierstapel und einen kleinen Holzkasten.
Die Aufschriften auf den Buchrücken sagten mir nicht viel, auch wenn mir ein schnelles Hineinblättern verriet, dass sie alle von diversen magischen Künsten handelten – ausgenommen die Kunst der Alchemie. Möglicherweise waren sie interessant, aber in diesem Augenblick konnten sie mir nicht helfen. Die Papiere waren genauso wenig erhellend. Soweit ich das sagen konnte, drehten sie sich alle um diverse Geschäfte.
Mein Blick richtete sich erneut auf den Kasten. Er war klein und unscheinbar, ohne Schloss und Riegel. Trotzdem zitterte ich, als ich ihn aufnahm, und meine Finger fühlten sich unbeholfen an, als ich den Deckel hochklappte.
Zwei Dinge enthielt der Kasten,
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