Die letzte Rune 12 - Die letzte Schlacht
summen.
Ich erhob mich auf die Knie, und ich wusste, was ich zu tun hatte.
Kreta. Ich musste nach Kreta reisen, zu den Ruinen vor Knossos. Bald würden sie dort hinreisen, das hatten sie gesagt. Dort würde ich mich ihnen nähern können. Aber ich musste mehr wissen. Ich musste den geheimen Weg unter die Ruinen finden, den Weg zu der Gruft, in der die so genannten Schläfer ruhten, damit ich ihnen dort auflauern konnte. Aber wie sollte ich ihn finden?
Wir werden niemals erfahren, was er gedacht hat …
Ja, das war es. Ich wollte an die Philosophen herankommen, damit ich erfuhr, wie ich sie vernichten konnte. Aber hatte ich nicht jahrelang bei einem Philosophen gelebt? Master Albrecht war einer von ihnen gewesen. Nach seinem Tod hatte ich die Bibliothek durchsucht und sein altes Tagebuch aus den Jahren gefunden, als er noch sterblich gewesen war. Aber bestimmt hatte er noch andere Aufzeichnungen hinterlassen – Aufzeichnungen, die mir helfen würden, die Gruft unter Knossos zu finden.
Ich wartete, bis das Zimmer wieder aufgeschlossen wurde, hüllte mich in Schatten und schlüpfte hinaus. Ich betrat das Stiftungshaus erst wieder später an diesem Morgen und täuschte Überraschung vor, als Rebecca mich informierte, dass ich neue Befehle von den Philosophen bekommen hätte. Ich öffnete den Brief und konnte ein Lächeln nicht unterdrücken.
»Es ist also ein Auftrag, der Euch zusagt?«, sagte Rebecca und hob eine Braue.
»In der Tat«, erwiderte ich und schob den Brief in meine Jacke. Die Philosophen schickten mich nach Schottland, um die Legende eines magischen Tors in den Highlands zu untersuchen. Es war genau die Entschuldigung, die ich brauchte; niemand würde sich wundern, wenn ich London verließ.
Ich reiste noch an diesem Morgen ab, und nach mehreren Tagen in schaukelnden Kutschen auf schlammigen Straßen erreichte ich Madstone Hall. Als ich aus der Kutsche stieg, sah ich das Herrenhaus zum ersten Mal seit zehn Jahren wieder. Trotz allem, was geschehen war, ließ mich der vertraute Anblick lächeln. Ich wurde in der Eingangshalle von mehreren Dienern, an die ich mich dunkel erinnern konnte, mit großer Ehrfurcht empfangen – und ebenso großer Besorgnis. Ich schaute mich um und fragte sie, wo ich Pietro finden konnte.
Ein älterer Mann blinzelte mit wässrigen Augen. »Aber habt Ihr denn nicht die Briefe empfangen, Sir?«
»Briefe?« Es war lange her, dass ich von Madstone Post bekommen hatte. Ich konnte mich nicht an den letzten Brief erinnern.
»Das ist ein paar Jahre her, Sir. Es war ein Fieber, das ihn dahinraffte. Eure Advokaten kümmern sich jetzt um das Anwesen, und wir halten das Haus in einem guten Zustand.« Er schluckte. »Natürlich für Eure Rückkehr, Sir.«
Seine Worte trafen mich wie ein Schlag. Die Briefe mussten vor vier Jahren geschrieben worden sein, in den Monaten meines Wahnsinns nach Alis' Tod. Vermutlich hatte ich sie alle ins Feuer geworfen, ohne sie je zu öffnen. Darum hatte ich nicht von Pietros Tod erfahren, und er traf mich jetzt, als wäre es eben erst geschehen. Nun gab es nichts mehr, dass mich mit ihm oder Master Albrecht verband.
Aber das stimmte so nicht. Es musste hier etwas geben.
»Packt meine Sachen aus«, befahl ich den Dienern. »Ich werde eine Zeit lang auf Madstone Hall bleiben.«
Sie starrten mich mit weit aufgerissenen Augen an, dann gehorchten sie.
Ich fing noch an diesem Tag mit meiner Suche an, in der Bibliothek. Der Silberschlüssel lag in der Schreibtischschublade, in der ich ihn zurückgelassen hatte, und ich öffnete mit ihm die Vitrine voller arkaner Bücher. Dort lag der kleine Holzkasten mit dem Tagebuch und der Phiole mit der dunklen Flüssigkeit. Ich hatte nicht den geringsten Zweifel, dass Rebecca und Byron nach Master Albrechts Tod gekommen waren, um im Auftrag der Philosophen nach diesen Dingen zu suchen. Aber ich hatte sie zuerst gefunden. Kurz vor meiner Abreise nach London hatte ich sie in die Vitrine zurückgebracht. Und da waren sie, genau dort, wo ich sie zurückgelassen hatte.
Diese Gegenstände hatten sich nicht verändert, aber ich schon, und ich kannte jetzt ihre Bedeutung. Das Tagebuch hatte der Master geschrieben, bevor er zum Philosophen geworden war, als er einfach nur Martin Adalbrecht war, einer der jungen Alchemisten, die sich im Greenfellow's mit John Dee getroffen hatten. Dann war er mit seinen Komplizen nach Knossos gereist, und dort waren sie alle … verwandelt worden. Aber das Tagebuch war vor dieser Zeit
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