Die letzte Rune 12 - Die letzte Schlacht
Donnerschlag die Luft. Der Boden bebte.
Travis öffnete die Augen. Der Eingang war noch immer blockiert.
Es war sinnlos. Er hatte die Macht seines Runenzaubers wie eine Welle aus sich herausströmen gespürt – und dann war sie um den Turm herumgeflossen. Die glatten Onyxwände hatten sie abgewehrt.
»Ich kann es nicht«, sagte er und gab Larad die Steine zurück.
»Vielleicht nicht mit Nordmagie«, sagte Avhir ernst. »Aber was ist mit Zauberei? Fließt nicht das Blut von Orú selbst in Euren Adern?«
»Er kann es versuchen«, meinte Farr. Sein Gesicht war mit Schweiß und Sand bedeckt. »Aber es ist sinnlos. Wenn die Blutzauberei noch so funktionieren würde, wie sie sollte hätten die Scirathi für uns eine Falle hinterlassen. Aber das tut sie nicht. Die Morndari werden nicht kommen. Vielleicht können sie auch nicht kommen. Was auch immer die Magie geschwächt hat, hält sie davon ab, auf unsere Rufe zu reagieren. Es … es ist hoffnungslos.«
Sie alle sahen sich an, mit blassen Gesichtern. Die Hitze war jetzt unerträglich, selbst im Schatten der Turmspitze. Grace konnte ihren Zauber nicht mehr lange aufrechterhalten. Sie und Larad und Farr würden sterben. Auch die T'gol konnten unter diesen Umständen nicht überleben, und auch wenn die Hitze Travis nicht berührte, brauchte auch er Wasser. Sie würden alle sterben.
Grace berührte seinen Arm. »Du hast es versucht, Travis. Ich glaube … ich glaube, am Ende zählt das etwas. Das muss es.«
Travis senkte den Kopf, ihre und seine Stirn berührten sich. Er wollte weinen, konnte es aber nicht. Es war, als wäre da eine Finsternis in ihm, ein Riss wie der am Himmel, der ständig wuchs und ihn von innen heraus verschlang. Er hatte es nicht geschafft, Nim vor den Zauberern zu retten. Was würde Beltan von ihm denken? Travis wusste es nicht, aber er wusste eines: Grace irrte sich. Versuchen zählte nicht, nicht bei allem. Am Ende unterschied sich Versuchen und Versagen nicht davon, gar nichts getan zu haben. Die Dunkelheit fraß sein Herz, seinen Geist. In einem Moment würde alles weg sein. Er würde nichts mehr fühlen …
Nein. Das stimmte nicht. Travis widersetzte sich der Dunkelheit. Er würde etwas fühlen. Und wenn es keine Trauer war, dann etwas anderes.
Grace keuchte auf, wich vor ihm zurück. »Travis – du glühst!«
Er streckte die Arme aus und sah schimmernde Hitzewellen von seiner Haut abstrahlen. Feuer floss durch seine Adern und verbrannte die Dunkelheit in ihm, genährt von einer neuen Macht: Zorn. Die Scirathi hatten Vanis Tochter entführt, Beltans Tochter. Seine Tochter.
Mit einem Aufschrei warf sich Travis gegen die Mauer, schlug mit bloßen Fäusten darauf ein. Er fühlte einen seltsamen Widerstand, wenn sich seine Fäuste dem Stein näherten, als würden seine Hände eine zähflüssige Flüssigkeit durchdringen. Aber er biss die Zähne zusammen und konnte sie überwinden, seine Schläge landeten auf dem Turm. Seine Fäuste richteten nichts aus, aber das war ihm egal. Immer wieder schlug er auf die Onyxwand ein. Wie durch einen Schleier wurde ihm bewusst, dass seine Hände schmerzten und feucht waren.
»Travis, hör auf!«
Es war Vani, aber Travis nahm sie kaum wahr. Blanker Zorn brodelte in seinem Kopf und brannte jede Vernunft hinweg. Er wollte bloß den Turm mit bloßen Fäusten einreißen oder bei dem Versuch sterben.
»Er verletzt sich selbst. Avhir, helft mir!«
Starke Hände packten Travis und zogen ihn fort. Er knurrte wie ein wildes Tier, wollte sich losreißen.
Travis, bitte.
Die Worte waren so kühl wie Glockenhall in seinem Kopf. Er erschlaffte in den Armen der T'gol, die Wut strömte aus ihm heraus, ließ ihn leer zurück. Seine Hände schmerzten; sie waren blutverschmiert. Er sah in Graces grüngoldene Augen. Es tut mir Leid, wollte er sagen.
Die Worte wurden von einem Knirschen unter ihren Füßen übertönt.
Vani und Avhir ließen Travis los, wirbelten herum, die Hände kampfbereit erhoben.
»Was war das?«, fragte Larad.
Farr zeigte auf die schwarze Wand. »Seht.«
Wo Travis auf den Stein eingeschlagen hatte, tropfte Blut herab. Dann verdampfte es, so als hätten es die schwarzen Steine getrunken. Der Boden bebte. Grace stolperte gegen Travis, und sie beide wären gefallen, hätte Vani sie nicht gehalten.
Larad stieß den Atem aus. »Bei allen Göttern.«
Travis brauchte einen langen Augenblick, bis er verstand, was passierte. Zwischen der Turmwand und dem Boden war ein Spalt erschienen. Sand
Weitere Kostenlose Bücher