Die letzte Schlacht
trifft«, erwiderte Arducius. »Mörder.«
Der Mann runzelte die Stirn und nahm den Helm ab. Er hatte kurze graue Haare, in seinen harten Augen loderte der Hass.
»Ich kann mich nicht erinnern, dir das Sprechen erlaubt zu haben, Lausejunge.«
Dann schlug er Arducius seinen Helm auf den Kopf. Arducius blieb noch lange genug bei Bewusstsein, um sich Sorgen um seine Knochen zu machen, die beim Aufprall auf den Boden brechen konnten.
Als Arducius die Augen wieder öffnete, schaute Ossacer auf ihn herab. Er spürte Hände auf seinem Kopf und pochende Schmerzen, die aber rasch nachließen. Erst lächelte er, doch als er Ossacers Miene sah, verschwand das Lächeln sofort wieder.
»Nicht«, sagte sein Bruder leise. »Ich musste dich in Ordnung bringen, aber tu weiter so, als wärst du verletzt. Sie würden mich töten, wenn sie wüssten, was ich getan habe.«
Arducius runzelte die Stirn. Er fühlte sich gut. Ossacer hatte die Folgen des Schlags auf den Kopf und wahrscheinlich noch einige weitere Verletzungen behoben. Seine Toga war völlig mit Blut verschmiert. Er erschrak.
»Keine Sorge, Ardu, das ist nicht deines. Du bist auf ein Opfer unserer ruhmreichen Kanzlerin gestürzt.« Ossacer zog die Augenbrauen hoch. »Du hast dir den Arm und ein paar Finger gebrochen, Bruder. Du solltest mich wirklich mal deine spröden Knochen gründlich untersuchen lassen.«
Arducius schüttelte den Kopf. »So bleibe ich immer vorsichtig.«
Allmählich kehrten seine Erinnerungen zurück.
»Dazu ist es jetzt sowieso etwas zu spät. Du hast es also auch nicht in den sicheren Raum geschafft, was? Wo sind wir?«
»Im Kanzleramt«, erklärte Ossacer. »Setz dich ruhig auf, aber vergiss nicht, dass dir der Kopf weh tut.«
Arducius lag vor dem kalten Kamin auf einer Liege. Er drückte sich mit einem Arm hoch und ließ sich halb von Ossacer schieben. Das Kanzleramt war hell erleuchtet, und der Raum war voller Menschen. Arducius’ Herz sank.
Die drei Aufgestiegenen der elften Linie waren da, sie saßen auf einem über Eck aufgestellten Sofa. Zwei von der zehnten Linie standen daneben. Cygalius, der immer noch schlecht zurecht war, und Bryn, nach dem braven alten Schmied von Westfallen benannt und genauso stark, waren ebenfalls da. Zweifellos hatte Bryn bei seinem Bruder gewacht. Tapfer, aber dumm war das. Auch jetzt noch stand er über den liegenden Cygalius gebeugt und beschützte ihn. Andreas und Meera saßen nebeneinander auf Stühlen mit hohen Lehnen, sodass Meera dem alten Mann einen Arm um die Schultern legen konnte.
Sie alle waren von Gottesrittern umgeben, die ihre Bogen und Schwerter bereithielten. Die Soldaten standen in sicherer Entfernung und beobachteten sie. Ossacer und Arducius dämpften ihre Stimmen.
»Wo sind die anderen?«, wollte Arducius wissen.
»Da weißt du mehr als ich«, antwortete Ossacer.
»Die Kleinen haben es geschafft, sonst habe ich niemanden gesehen.«
»Wir wollen hoffen, dass es auch die anderen von der zehnten Linie nach unten geschafft haben«, sagte Arducius. »Sie haben es ja bemerkt, dass ich geschnappt wurde.«
»Wir haben noch Zeit«, überlegte Ossacer. »Wir sind nicht völlig hilflos.«
Arducius nickte und betrachtete die aufmerksamen Wächter. »Ja, aber so viele können wir nicht besiegen. Nicht einmal du und ich und Bryn zusammen.«
»Außerdem fragst du dich, warum wir noch nicht tot sind.«
»Darüber habe ich tatsächlich nachgedacht.«
»Ich glaube, dafür müssen wir der Kanzlerin danken. Vergiss nicht, dass wir Staatsfeinde sind. Sie will unsere Hinrichtung als Theaterstück aufführen.«
»Das ist keine schöne Aussicht.«
»Nein, aber so bleiben uns mehr Möglichkeiten.«
Die Tür des Kanzleramts ging auf, und Felice Koroyan trat ein.
»Der erste Akt?«, fragte Arducius.
Ossacer nickte.
Die Kanzlerin ging langsam um ihre Gefangenen herum, betrachtete sie nacheinander und beendete die Runde vor Ossacer und Arducius.
»Nun, Ossacer, Ihr sagtet, Ihr wolltet einmal mit mir im Kanzleramt Tee trinken, und nun scheint es, als sollte sich Euer Wunsch erfüllen. Allerdings nicht ganz so, wie Ihr es Euch vorgestellt habt, würde ich meinen, aber mehr kann ich Euch jetzt nicht bieten.« Sie lächelte selbstgefällig und ließ den Blick durch den Raum wandern. »Wie habe ich dieses Haus vermisst. Hier kann man gut leben, über Glaubensfragen nachdenken und diskutieren, wie man den Glauben an den Allwissenden am besten unter den Völkern der Konkordanz verbreitet. Ihr habt nichts
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