Die letzte Schlacht
Wille der Bürger unter der Wolke brach, wie sie wegliefen. Ihre aufgeregten Energien tanzten wie kleine Lichtpunkte vor dem düsteren, pulsierenden Dunkelrot und Blau, das ihre Wetterkonstruktion kennzeichnete. Auf einmal blühten im Innern jedoch weiße Punkte auf, die über die Energiebahnen zu ihnen zurückflogen und sie erschütterten.
»Was war das?«, rief Petre.
Der Regen prasselte auch auf sie und den Brunnen herab. Die Tropfen zischten im Wasser des Beckens so laut, dass sie ihn kaum verstehen konnte.
»Es ist zu groß.« Mina heulte fast.
»Schon gut, wir können es halten.«
Yola wusste zwar, dass ihr Werk stabil blieb, doch inzwischen strömte viel mehr Energie hinein, als sie geplant hatten. Diese neuen Kräfte stammten nicht aus dem Brunnen, sondern aus dem Werk selbst. Genau davor hatte Arducius sie einmal gewarnt: ein Werk, das sich selbst mit Kraft speiste. Wieder zuckte ein Blitz, und das Werk sträubte sich gegen ihren Einfluss, als wollte es sich befreien.
»Haltet es, haltet es!«, kreischte Yola.
»Woher kam der Blitz?« Auch Petre hatte jetzt Angst. »Es sollte nicht blitzen.«
»Nehmt etwas Energie aus dem Werk heraus«, sagte Mina. »Es wird zu groß für uns.«
»Nein, haltet es weiter fest.«
Doch Yola war nicht sicher, ob sie das überhaupt konnten. Ungestüm fegte der Wind über den Hof des Palasts, heulte über den Platz hinweg und raste in die Stadt hinunter. Immer dichter wurden die Wolken am Himmel. Abermals blitzte es, und dann sank die Wolke herab und berührte die Erde.
Vasselis konnte sich kaum noch bewegen. Er musste befürchten, vom Wehrgang gerissen zu werden, wenn er das Geländer losließ. Der Wind schien ihm immer direkt ins Gesicht zu wehen, wohin er sich auch drehte. Die Bürger flohen jetzt vom Platz. Irgendjemand versuchte, das Siegestor zu öffnen, damit die Legionäre dorthin gelangen konnten, doch vergebens. Der Wind hielt die Torflügel fest und ließ sie klappern, dass der ganze Triumphbogen bebte.
Der Regen fiel jetzt so heftig, dass die Tropfen im Gesicht und auf den Händen wehtaten. An den Ausgängen des Platzes drängten sich die Menschen. Der Wind stieß sie hin und her und warf sie gegeneinander. An den Rändern brachen schon die ersten Schlägereien aus, weil jeder Schutz suchte. Unterdessen wurde die Wolke sogar noch dunkler und sank noch tiefer herab. Unablässig zuckten Blitze.
»Wir müssen sie aufhalten«, rief Vasselis zu Gesteris hinüber.
Gesteris schaute grimmig drein. »Habe ich Euch nicht gewarnt, Vasselis? Glaubt Ihr, das hier wird irgendetwas in Ordnung bringen?«
Der Wind riss ihm die Worte von den Lippen, sodass Vasselis sie nur mit Mühe verstehen konnte.
»Später. Jetzt müssen wir dort hinunter.«
Gesteris nickte. Die Männer gingen gemeinsam und schirmten sich gegenseitig ab. Schritt für Schritt und ohne die Hand vom Geländer zu nehmen, arbeiteten sie sich zum Wachturm vor. Die Gefahr war groß, dass sie in den Hof stürzten. Das Regenwasser strömte in Bächen über den Wehrgang und plätscherte an den Rändern hinab. Der Wind schien sogar noch stärker zu werden, und die Wolke drehte sich unablässig um sich selbst. Vielleicht war sie etwas langsamer geworden, aber sie hatte sich bösartig dunkelgrau verfärbt.
Ohne Vorwarnung stieß sie herab, dieses Mal bis ganz zum Boden. Wie eine Zunge oder eine Schlange aus Dunst berührte sie den Boden und bohrte sich in die Menschenmenge.
»Guter Gott, umfange mich«, stöhnte Vasselis. »Kommt weiter!«
Der Wind fuhr mitten durch die Menschen und schleuderte sie zur Seite, als würde ein zorniges Mädchen in einem Wutanfall seine Puppen durch die Gegend werfen. Die Opfer prallten gegen Gebäude, rutschten über das Pflaster oder wurden nach oben gesogen, um wie von der Hand eines rachsüchtigen Gottes wieder hinabgeworfen zu werden.
»Hesther!«, rief Vasselis, obwohl sie ihn unmöglich hören konnte. »Hesther, sie müssen aufhören!«
Er winkte wie wild, musste sich aber gleich wieder festhalten, um nicht vom Wehrgang gefegt zu werden. Die rotierende Wolke wechselte die Richtung und hielt nun auf die offene Prachtstraße zu, die zur Arena führte. Die Bürger, die sie bemerkten, liefen eilig davon und entschieden sich für die richtige Richtung.
Dennoch wurden Hunderte von der wirbelnden, spuckenden Wolke erfasst. Sie deckte Dächer ab und warf die Ziegel als tödliche Wurfgeschosse in alle Richtungen. Gesteris zog Vasselis hinter die Brustwehr, als die ersten
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