Die letzte Schoepfung
gehabt hatte. Er war ein glückliches Kind gewesen, von Licht und Liebe erfüllt. »Sie haben diesen Kindern jedes Recht versagt. Was ist mit ihren Familien? Mit Freiheit? Das kennen sie doch gar nicht!«
»Reden Sie kein dummes Zeug. Die Kinder haben hier ein wundervolles Heim. Sie werden gut versorgt und erzogen, und ihnen stehen die besten Ärzte zur Verfügung.«
»Nur dass es bei Callie mit ihrem schwachen Immunsystem nicht zu wirken scheint. Ist sie auch einer Ihrer Fehlschläge?«
Langsam erhellte ein Lächeln seine Züge. »Callie ist ein ganz besonderes Kind.«
»So besonders, dass Sie das Mädchen und all die anderen wie Laborratten in Käfigen halten müssen?«
»Was wir ihnen gegeben haben, wiegt das doch wohl auf!«
Sydney beugte sich vor, nagelte ihn mit ihrem Blick fest. »Was haben Sie den Kindern denn gegeben, das wichtiger ist als die Möglichkeit, ein normales Leben zu führen?«
»Gesundheit, Dr. Decker. Wir haben ihnen vollkommene Gesundheit geschenkt.«
27.
Ethan ließ Danny im Hotelzimmer allein.
Er wusste, der Junge hasste es, wenn er nicht mitdurfte, doch er konnte ihn nicht mitnehmen: Danny war schon zu tief in die Sache verstrickt, und Ethan wollte nicht riskieren, ihn noch größerer Gefahr auszusetzen, indem er ihn in eines der verrufensten Viertel von Seattle mitnahm.
Auf der Fahrt quer durchs Land hatte er Dannys Bericht über die Insel gelauscht und die Grundzüge eines Plans entworfen. Es würde gefährlich werden, aber das war nicht anders zu erwarten gewesen. Besonders, da Cox auf der anderen Seite des Zauns lauerte.
Zuerst einmal brauchte Ethan ein Boot. Er wollte es sich in Seattle besorgen; dort würde es nicht so auffallen wie in Anacortes. Außerdem kannte er einige Leute in Seattle, Männer, die ihm noch einen Gefallen schuldeten oder zu große Angst davor hatten, ihm diesen Gefallen zu verweigern.
Ethans beste Adresse war ein gewisser Tony Rio, ein kleiner Schmuggler, der zur Tarnung seiner anderen Geschäfte einen Bootsverleih betrieb.
Er fand ›Rio Charter‹ ohne Probleme. Es war einer der wenigen Bootsverleihe mit Büro am Jachthafen des Lake Union. Ethan schlenderte an dem niedrigen Holzbau vorbei zu einem Erfrischungsstand und kaufte sich ein eisgekühltes Getränk. Dann setzte er sich an einen der Picknicktische und behielt Tonys Bootsverleih im Auge.
Sie hatten sich vor sechs Jahren kennen gelernt.
Eine Terroristengruppe war illegal ins Land geschleust worden. Das FBI hatte sämtliche Mitglieder festnehmen können – außer dem Anführer, Aswad Ben Zafir. Nachdem eine zehntägige bundesweite Fahndungsaktion keinen Erfolg gehabt hatte, schickte Cox Ethan und sein Team aus. Es hätte ein ganz gewöhnlicher Routineeinsatz sein können, doch Cox hatte Marco Ramirez mitgeschickt.
Das Team brauchte eine Woche, um Ben Zafir zu finden. Sie spürten ihn in Seattle auf, wo er bereits eine Seereise gebucht hatte – bei Rio, der Waffen zur kanadischen Grenze und Drogen in die Vereinigten Staaten schmuggelte. Rio wusste nicht viel über seinen zukünftigen Passagier, nur dass der Mann kein Gepäck, dafür aber jede Menge Bargeld hatte.
Als Ethans Team die beiden eingekreist hatte, nahm Ben Zafir Rio als Geisel – ein tödlicher Fehler. Ethan hätte den Terroristen lebend gefasst, hätte er die Möglichkeit gehabt, doch während Ethan noch versuchte, Zafir zur Aufgabe zu bewegen, jagte Ramirez dem Geiselnehmer eine Kugel zwischen die Augen.
Mission beendet.
Allerdings hatte Ramirez in direktem Widerspruch zu Ethans Befehlen gehandelt. Ethan war fuchsteufelswild gewesen: Ramirez hatte sein Team benutzt, um Zafir ausfindig zu machen und dann die Drecksarbeit für die Firma zu erledigen. Es war das erste und letzte Mal, dass Ethan mit einem Profikiller zusammengearbeitet hatte, und zum Glück hatte Cox ihm nie wieder einen Burschen wie Ramirez untergeschoben.
Was Tony Rio anging, hätte Ethan die örtlichen Behörden einschalten müssen, damit sie sein Boot konfiszierten und ihn unter Anklage stellten. Stattdessen ließ er Rio laufen, was sich auf lange Sicht als gute Entscheidung erwies. Tony Rio hatte sein legales Geschäft ebenso ausgebaut wie seine Verbindungen in der Unterwelt. Zweimal hatte er Ethan verständigt, dass große Mengen Sprengstoff in die Staaten geschmuggelt worden seien. Beide Tipps hatten zu Verhaftungen und Verurteilungen geführt und wahrscheinlich Menschenleben gerettet.
Nun wollte Ethan noch einen Gefallen bei Tony Rio
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