Die letzte Schoepfung
nach. »Jetzt fahren wir also nach Haven Island.«
»Du hast doch gesagt, du willst Antworten.«
»So wie du. Aber wenn wir zusammenarbeiten wollen«, er nickte zu der Glock, »musst du mir schon vertrauen.«
Ramirez vertrauen? Wohl kaum. Doch im Augenblick verfolgten sie das gleiche Ziel. Nachdem Ramirez seine Antworten erhalten hatte, sah die Sache anders aus. Ethan steckte die Glock ins Halfter.
»Da wir nun einander vertrauen«, Ramirez steckte eine Hand in sein Jackett, »habe ich hier eine Information für dich.«
»Langsam.« Ethan hatte instinktiv nach seiner Waffe gegriffen, hielt aber in der Bewegung inne.
Ramirez sagte nichts, griff in die Innentasche seines Jacketts und zog einen braunen Umschlag heraus. »Ich war nicht untätig, während ich auf dich gewartet habe.« Er nahm ein Blatt aus dem Umschlag und reichte es Ethan. »Das habe ich in Mulligans Haus gefunden.«
Ethan studierte das Dokument. Es war ein Beleg der Cooley Cryobank & Laboratories in San Francisco, Kalifornien, für Timothy Frederick Mulligan, aus dem Jahr 1983. Sydney hatte Recht gehabt. Mulligan war Samenspender gewesen und – falls man den Haven-Computerdateien glauben konnte – vermutlich Dannys und Callies leiblicher Vater.
Dann reichte Ramirez ihm ein Hochglanzfoto im Format neun mal dreizehn Zentimeter. »Erkennst du diesen Mann?«
»Sollte ich?«
»Das ist James Cooley, der Gründer der Cooley Cryobank. Er kam mir bekannt vor, also habe ich…« Ramirez zeigte Ethan eine zweite, computergenerierte Aufnahme. »Ich hab das Original zwanzig Jahre älter gemacht.«
Ethan betrachtete die beiden Fotos und wartete auf eine Erklärung.
Ramirez tippte auf die Ecke des zweiten Bildes. »Das ist George Taleb.«
Ethan lehnte sich schwer zurück. Ein weiteres Mosaiksteinchen fand seinen Platz: die Verbindung zwischen Cooley und der Insel. Er und George Taleb waren identisch, inzwischen allerdings verstorben. Ethan wusste zwar noch nicht, wie oder warum Cooley mit der Firma zu tun bekommen hatte, warum er geflohen war und was man den Kindern auf der Insel antat, aber es war ein weiteres Teil in dem rätselhaften Puzzle.
»Ich habe auch noch was«, sagte Ethan und berichtete das Wenige, das er über die Kinder wusste, zum Beispiel, dass einige auf rätselhafte Weise verschwunden waren. Und er erzählte von seinem Verdacht, dass die Ärzte sie als Versuchskaninchen benutzten.
Ramirez wurde starr; in seinen Augen loderte Zorn auf. »Cox wird diese Insel nicht lebend verlassen!«
Ethan war derselbe Gedanke gekommen, doch er konnte es sich nicht leisten, dabei zu verweilen. »Zuerst müssen wir Sydney und die Kinder befreien. Dann müssen wir uns genügend Beweise verschaffen, damit Cox' Machenschaften ein Ende gemacht werden kann. Klar?«
»Ich werde meinen Teil der Abmachung erfüllen.«
»Halt dich daran. Danach gehört Cox dir.« Es sei denn, Cox tat Sydney etwas an. Dann musste Ramirez sich Ethans Kommando unterordnen.
»Also, wie wollen wir nun die große Aufgabe bewältigen?«, fragte Ramirez.
»Ich habe einen Plan. Schau mal unter deiner Bank nach. Da findest du ein Geheimfach.«
Überrascht sah Ramirez nach unten.
»Nun mach schon«, sagte Ethan. »Schieb das Ding beiseite. Den Riegel kann man fast nicht sehen, es sei denn, man weiß, wo man suchen muss.«
Ramirez befolgte Ethans Anweisungen, löste den Verschlussmechanismus und legte einen Frachtraum unter den Planken frei, der Platz genug für einen erwachsenen Mann bot.
»Schmuggel zwischen den Vereinigten Staaten und Kanada ist eine ziemlich gefährliche Sache«, bemerkte Ethan. »Man muss vor allem die richtigen Leute kennen.«
Ramirez hockte sich auf den Boden und holte die Remington 700 aus ihrer Versenkung. »Du hast aber reichlich merkwürdige Freunde.«
»Wir haben alle unsere geheimen Quellen.«
Ramirez grinste wie ein Kind in einem Bonbonladen und streichelte den Gewehrlauf. »Eine schöne Waffe.«
»Ist nicht geladen.« Ethan nickte wieder zu dem geheimen Fach hin. »In dem Matchsack da findest du Munition, einen Vorrat an C4, Zündkapseln und einen Sender.«
»Wir ziehen also in den Krieg, ja?«
»Wenn wir uns der Insel nähern, versteckst du dich in dem Fach.«
Ramirez betrachtete zweifelnd die enge Kammer.
»Keine Sorge, da passt du schon rein. Sobald wir auf der Insel landen, werden Cox' Leute mich schnappen. Sie werden sich nicht vorstellen können, dass ich allein gekommen bin, und deshalb das Boot durchsuchen. Aber dich werden sie nicht
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