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Die Letzte Spur

Die Letzte Spur

Titel: Die Letzte Spur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Link
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zweifle nicht«, sagte Rosanna, »ich habe schon aufgehört zu zweifeln, als ich begann, mich ernsthaft mit dem Fall zu beschäftigen.«
    Er nickte, wendete den Wagen und fuhr auf die Straße hinaus. Sie hätte ihn gerne überzeugt, wie ernst es ihr war mit dem, was sie gesagt hatte, aber sie fürchtete, dass er ihre Beteuerungen als das nehmen würde, was sie waren: Beteuerungen, in deren echten Wahrheitsgehalt er niemals hineinblicken konnte. Selbst wenn in ihr nicht der kleinste Rest von Unsicherheit wäre, so bliebe doch in ihm einer, was ihre Überzeugung anging. Dieser Umstand mochte keine Bedeutung für ihre Zukunft haben, denn sie würden sich nicht in einer gemeinsamen Zukunft wiederfinden – sie durften es nicht. Würde es ihn stören, welches Bild von ihm sie in sich trug, wenn sie wieder bei ihrer Familie in Gibraltar war? Würde es sie stören, dass er an ihr zweifelte, wenn er wieder in London seinem Job nachging und sie nie wiedersah?
    Es war unerheblich. Für sie beide war es unerheblich, ob sie Elaine fanden oder nicht.
    »Wir müssen sie unbedingt finden«, sagte sie, in völligem Widerspruch zu ihren Gedanken, als sie über die sonnenbeschienene Landstraße dahinglitten.
    Marc sah sie an. »Es wäre ein Problem weniger«, sagte er.
    Sie wussten beide, dass genügend andere blieben.
    5
     
    »Telefon für dich«, sagte Sally und streckte den Kopf in Angelas Zimmer – das Zimmer, das bis vor kurzem Angelas und Lindas Zimmer genannt worden war. Sie sprach mit schwerer Zunge.
    Angela, die auf ihrem Bett lag und in ihrem Innern den Stimmen nachlauschte, die das Zimmer noch immer zu erfüllen schienen – ihre Stimme und die ihrer Schwester –, hob den Kopf.
    »Wer ist es denn?«
    »Habe den Namen nicht so genau verstanden«, murmelte Sally, »war ein komischer Name. Will dich aber sprechen.«
    Angela erhob sich mit müden Bewegungen. Sie fühlte sich krank und zerschlagen. Stundenlang hatte sie gestern mit Dawn bei der Polizei gesessen, zugesehen, wie die andere Verbrecherkarteien durchging, gewartet, dass ein Phantombild erstellt wurde. Dawn hatte sich alle Mühe gegeben, jedoch immer wieder beteuert, sich nur schwer erinnern zu können.
    »Ich habe den Typen ja nur kurz gesehen. Und auch nicht so besonders auf ihn geachtet. Ich war ja viel mehr mit Linda beschäftigt. Und es ist auch schon eine Weile her …«
    »Lassen Sie sich Zeit«, hatte Fielder immer wieder gesagt, »manchmal kommt das Gedächtnis einfach so nach und nach auf die Sprünge. Setzen Sie sich nicht selbst unter Druck!«
    Dawn hatte niemanden in der Kartei gefunden, war sich aber bei fünf oder sechs Gesichtern unsicher gewesen.
    »Der könnte es gewesen sein«, meinte sie, aber drei Bilder weiter schien ihr ein anderer noch wahrscheinlicher zu sein. »Nein, der hier. Obwohl … an so abstehende Ohren müsste ich mich doch erinnern? Oder hat er eine Mütze getragen?«
    Schließlich wurde eine Zeichnung angefertigt, aber Dawn war so zögerlich bei der Angabe von Details, dass Angela nicht an den Wert des Bildes glaubte. Ihr selbst sagte das Gesicht nichts, überhaupt nichts.
    »Nein. So jemanden kenne ich nicht. Mit so jemandem habe ich Linda auch bestimmt nie zusammen gesehen. Allerdings habe ich sie sowieso mit niemandem gesehen. Dieser neue Freund war ja offenbar ihr bestgehütetes Geheimnis.«
    Als die beiden jungen Frauen schließlich gingen, war Inspector Fielder dennoch recht zufrieden gewesen. »Wir haben einen kleinen Ansatzpunkt«, sagte er, »und das ist auf jeden Fall besser als nichts.«
    »Aber es ist so wenig, woran ich mich erinnern konnte«, hatte Dawn frustriert gesagt.
    »Das ist normal«, meinte Fielder, »Sie haben ihn nur kurz gesehen, und es gab natürlich keine Notwendigkeit, sich ihn besonders einzuprägen. Aber jetzt ist Ihr Unterbewusstsein angestoßen, und möglicherweise findet noch die eine oder andere tief gespeicherte Erinnerung den Weg in Ihr Gedächtnis. Ich habe so etwas schon manchmal erlebt.«
    Angela war nicht überzeugt gewesen, hatte sich dennoch mit viel Enthusiasmus bei Dawn bedankt. »Das war riesig nett von dir, Dawn, dass du so viel Zeit geopfert hast. Und du weißt, wenn dir noch irgendetwas einfällt, egal, wie klein und unbedeutend, dann rufst du mich an. Oder am besten gleich den Inspector.«
    Dieser Gedanke kam ihr nun, während sie zum Telefon ging. Ob es Dawn war? Am Ende hatte sie noch irgendeinen Geistesblitz gehabt.
    Der Wodkagestank im Wohnzimmer verschlug ihr fast den Atem.

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