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Die Letzte Spur

Die Letzte Spur

Titel: Die Letzte Spur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Link
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Leicht nach vorn geneigt. Der Blick lauernd.
    Cedric bestand nur aus Schmerzen. Von seiner Nase aus jagten glühende Pfeile durch alle Gesichtsnerven, zudem war die Nase nach innen so geschwollen, dass er kaum mehr Luft bekam. Sein Kopf schien zerspringen zu wollen. Als er sich ein Stück aufrichtete, hätte er schreien mögen: Seine rechte Seite tat so grausam weh, dass er mutmaßte, Wavers' Stiefelspitze hätte ihm wenigstens eine Rippe gebrochen, wenn nicht sogar mehrere. Mit zusammengebissenen Zähnen schaffte er es dennoch, sich auf die Ellbogen zu stützen und den Kopf oben zu halten. Ein überraschendes Bild bot sich ihm. Pamela stand mit dem Rücken zu ihm in der Wohnzimmertür. Ihre Hand hielt Wavers' Pistole. Sie richtete sie auf ihren Feind, aber sie bot keine wirklich überzeugende Vorstellung dabei: Sie zitterte so sehr, dass sie im Zweifelsfall wahrscheinlich eher Wände, Decke oder Fußboden getroffen hätte als Wavers.
    »Verschwinde«, sagte sie mit rauer Stimme, und Cedric nahm an, dass sie das wohl schon öfter gesagt hatte. Wavers schien sich nicht darum zu scheren. Obwohl er noch benommen war, erkannte Cedric, dass sich die Situation jeden Moment ändern konnte. Wavers wurde für den Augenblick von seiner eigenen Verblüffung in Schach gehalten, die Pamelas Gegenwehr – vermutlich die erste in ihrem Leben – in ihm ausgelöst hatte. Noch ein paar Sekunden, und ihm wäre klar, dass von dieser völlig entnervten Frau keine echte Gefahr ausging.
    Cedric schaffte es in eine aufrecht sitzende Position. Teufel, er hatte noch nie im Leben derartige Schmerzen gehabt. Aber er konnte nicht lange bewusstlos gewesen sein. Die Szene vor ihm musste sich in den letzten ein oder zwei Minuten eingestellt haben. Und trotz allem war er jetzt wieder klar im Kopf.
    »Gib mir die Waffe, Pamela«, sagte er, das Risiko, sie könnte die Pistole vor Schreck fallen lassen, in Kauf nehmend. Pamela fuhr herum.
    »Cedric!«, rief sie.
    »Die Waffe!«, fauchte er.
    Sie machte einen blitzschnellen Schritt zu ihm hin.
    Jetzt hielt er die Pistole. Er hätte es nicht garantieren können, aber zu seiner Erleichterung zitterte seine Hand immerhin nicht.
    Aus seiner angeschlagenen Position heraus hielt er sie ruhig auf Wavers gerichtet und sagte mit kalter Stimme: »Ich knall Sie ab, Wavers. Unterschätzen Sie mich nicht. Wenn Sie einen Schritt machen, sind Sie tot!«
    Er konnte sehen, dass Wavers den Ernst der Lage abwog. Cedric wusste, dass er einen jämmerlichen Anblick bot, blutüberströmt und verletzt, aber er hatte die Waffe und zugleich nichts mehr zu verlieren.
    Wavers schien seine Schlüsse daraus zu ziehen. Ehe noch irgendjemand etwas sagen oder tun konnte, hatte er sich mit einer fast schlangenartigen Bewegung zur Wohnungstür hinausgewunden. Er war so plötzlich verschwunden, dass es fast den Anschein hatte, er wäre nie da gewesen. Kein Laut war zu hören.
    Pamela kniete neben Cedric nieder. »Cedric! Sie brauchen sofort einen Arzt!«
    Er richtete sich noch weiter auf, stöhnte dabei. »Pamela, hören Sie, ich fürchte, der kommt wieder. Wir müssen hier weg.«
    »Wenn wir uns verbarrikadieren …«
    »Er hat die Haustür und die Wohnungstür aufgebrochen. Die lassen sich nicht mehr abschließen. Die Türen hier drin sind ein Witz. Außerdem …«
    »Was?«
    »Niemand weiß, wo wir sind, nicht einmal Rosanna kennt den genauen Ort. Die Einzige, die irgendwann morgen früh hier aufkreuzen wird, ist Mrs. Blum. Nicht, dass ich große Sympathien für sie hegte, aber wir können nicht zulassen, dass sie diesem Psychopathen in die Arme läuft. Der macht sie ohne Skrupel kalt, um sie daran zu hindern, die Polizei zu verständigen.«
    Sie nickte. »Das tut er.«
    »Helfen Sie mir auf die Füße«, bat Cedric.  
    Sie stützte ihn, bis er auf den Beinen stand. Seinen Oberkörper hielt er gekrümmt nach vorne geneigt. Die Schmerzen in der Seite machten ihn fast wahnsinnig. Er bekam immer schlechter Luft.
    »Haben Sie irgendetwas gehört?«, fragte er. »In den letzten fünf Minuten? Ein Motorengeräusch?«
    Sie sah ihn verwirrt an.
    »Wavers kann uns nur gefunden haben, indem er uns von London aus gefolgt ist. Das bedeutet, er ist mit dem Auto hier.«
    »Ich habe nicht darauf geachtet«, sagte sie verzweifelt, »keine Ahnung, Cedric. Ich kann nicht sagen, ob ich etwas gehört habe oder nicht. Ich weiß nicht einmal, ob man hier hinten im Wohnzimmer etwas hätte hören müssen !.«
    Er wusste es auch nicht, und er hatte auch

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