Die Letzte Spur
Kontrolle über sich.«
»Und wie sicher ist, dass nicht dieser Malikowski selbst …?«, fragte Angela.
»Sicher ist im Moment gar nichts«, antwortete Fielder, »und wir sind mit Malikowski auch noch nicht am Ende. Wir kriegen ihn sowieso dran wegen Zwangsprostitution, Vergewaltigung und Körperverletzung. Aber wir haben eine absolut ernst zu nehmende Zeugenaussage, was den Fall Jane French betrifft. Eine Augenzeugin hat Wavers beobachtet, wie er die junge Frau zu Tode quälte. Wegen der Ähnlichkeit der Tatumstände spricht vieles dafür, dass er auch der Mörder von Linda ist. Einen Beweis haben wir allerdings dafür bislang nicht.«
»Können Sie Wavers festnehmen?«, fragte Angela. »Fahnden Sie nach ihm?«
Fielder schwieg einen Moment lang bedrückt. »Wavers ist tot«, sagte er dann.
Alle starrten ihn an.
»Tot?«, wiederholte einer der Brüder, so ungläubig, als liege diese Möglichkeit weit außerhalb von allem Vorstellbaren.
»Wavers wurde in der Nacht von Montag auf Dienstag in Cornwall getötet. In Notwehr und von einer Frau, die sich seit Jahren auf der Flucht vor ihm befand und die er nun gestellt hatte. Er war bewusstlos und nicht vernehmungsfähig, als er in ein Krankenhaus gebracht wurde. Dort starb er nach wenigen Stunden.«
Schweigen folgte auf seine Worte. Alle versuchten sich über die Bedeutung dessen, was sie gerade erfahren hatten, klar zu werden.
Angela sprach als Erste. »Dann wird es nie Gewissheit geben«, sagte sie.
Fielder zuckte bedauernd die Schultern. »In Form eines Geständnisses von Pit Wavers sicher nicht. Was gerichtsmedizinisch und spurentechnisch noch möglich ist und vielleicht Beweise erbringt, muss man sehen. Vielleicht hat auch Malikowski noch nicht alles gesagt, was er weiß. Er hat so viele Probleme am Hals, dass er sicher zu dem einen oder anderen Deal mit der Polizei bereit sein wird. Aber nach allem, was ich jetzt weiß, und zusammen mit meiner jahrelangen Erfahrung bin ich zu neunzig Prozent sicher, dass Pit Wavers Linda ermordet hat.«
»Es wird keinen Prozess geben«, sagte Angela.
»Nein«, entgegnete Fielder, »einen Prozess gegen Wavers wird es nicht geben.«
Wieder Schweigen. Sally kämpfte mit der Flasche, murmelte irgendetwas, das niemand verstand.
»Ich hätte dem Kerl gern Auge in Auge gegenübergestanden«, sagte Gordon, ein Ausspruch, der seinem ältesten Sohn ein zynisches Grinsen entlockte. »Und dann, Dad? Was dann? Hättest du dann etwas richtig Schlimmes mit ihm gemacht? Ihm deine starken Fäuste gezeigt?«
»Wenn du nicht aufpasst, siehst du gleich meine Fäuste«, fauchte Gordon, aber er wirkte auch dabei nicht überzeugend.
»Glauben Sie mir«, sagte Fielder, »auch mir gefällt ein Ausgang wie dieser überhaupt nicht. Ich bevorzuge klare Beweise und einen richtigen Prozess. Was das Duo Malikowski und Wavers betrifft, ermitteln wir auch noch im Zusammenhang mit einer vor Jahren spurlos verschwundenen Frau, die ebenfalls ein Opfer gewesen sein könnte.
Auch in diesem Fall bremst uns Wavers' Tod ziemlich aus. Auf der ganzen Linie unerfreulich – aber es hilft ja nichts. Wir können ihn nicht wieder lebendig machen.«
»Natürlich nicht«, sagte Angela mit erschöpfter Stimme.
Fielder erhob sich. Er hätte gerne einen Kaffee gehabt, aber niemand hatte daran gedacht, ihm etwas anzubieten. Er hatte in der vergangenen Nacht nur drei Stunden geschlafen. Er brauchte dringend irgendetwas, das ihn wach machte.
»Sie sollten auf jeden Fall gleich Bescheid wissen«, sagte er, »deshalb bin ich hergekommen. Ganz gleich, was wir herausfinden, es bringt Ihnen Ihre Tochter und Schwester nicht zurück. Aber aus Erfahrung in solchen Fällen weiß ich, dass es für die Angehörigen alles noch schlimmer macht, wenn sie nicht Bescheid wissen. Man muss, trotz allem, seinen Frieden wiederfinden. Das geht vielleicht nur, wenn da ein klares Bild ist, das man irgendwann so stehen lassen kann.«
Niemand erwiderte etwas. Gordon starrte vor sich hin. Sally hatte die Augen geschlossen. Die Brüder schauten auf den Boden vor sich und malten imaginäre Kreise mit ihren Schuhspitzen darauf.
»Ich bringe Sie zur Tür«, sagte Angela.
Sie geht ihren Weg, dachte Fielder, sie hat mehr Intelligenz und Energie als der ganze Rest der Familie zusammengenommen. Wenn diese Geschichte sie nicht aus der Bahn wirft, dann packt sie das Leben schon.
An der Wohnungstür sagte er: »Trauern Sie, Miss Biggs. Es klingt banal, aber leben Sie Ihren Schmerz aus. Betäuben Sie
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