Die Letzte Spur
will dich nicht länger aufhalten, Nick«, sagte sie. »Ich danke dir für dein Verständnis. Und für … deine Freundschaft. Es war schön …«, sie lächelte, »es war schön, wieder einmal Zeitungsluft zu schnuppern!«
»Jederzeit gern wieder«, sagte Nick. »Wenn du dich ein bisschen erholt hast und Lust verspürst, melde dich. Du kannst immer für mich arbeiten!«
Sie fühlte sich gleich ein wenig besser, als sie dann unten auf der Straße stand. Nicks Liebenswürdigkeit hatte ihr gutgetan. Die überraschend warme Februarsonne schien ihr ins Gesicht. Sie blinzelte. Was kam als Nächstes?
Weder sie noch Nick hatten es angesprochen, aber es war klar, dass sie so rasch wie möglich aus ihrem teuren Hotel ausziehen musste. Von jetzt an wurde ihr Aufenthalt in London natürlich nicht mehr von Cover finanziert, und es schien fraglich, ob sie es rückwirkend tun würden. Sie war aus der Vereinbarung ausgestiegen, und wieweit Nick die Kosten für die ganze Geschichte trug, hing einzig von seinem Entgegenkommen ab. Verpflichtet war er zu nichts mehr. Sie selbst hatte kein eigenes Geld. Würde Dennis ihre Hotelrechnung bezahlen?
Sie konnte es sich nicht recht vorstellen.
Der Gedanke an Dennis brachte sie auf etwas anderes, und sie fluchte leise. Rob! Sie hatte versprochen, ihn am Dienstag anzurufen. Heute war Mittwoch, und über all den sich überschlagenden Ereignissen hatte sie ihren Stiefsohn völlig vergessen. Nächster dicker Minuspunkt in Dennis' Augen. Im Moment schien sie von einem Fettnapf in den nächsten zu stolpern.
Sie riss ihr Handy aus der Tasche und tippte, noch auf der Straße stehend, Dennis' Nummer ein.
Er meldete sich sofort. »Ja?«
»Dennis? Ich bin es. Rosanna. Es tut mir leid, ich …«
»Bei mir musst du dich nicht entschuldigen«, unterbrach er sie mit kühler Stimme.
Sie hatte nicht damit gerechnet, dass er auch nur eine Spur von Entgegenkommen und Verständnis zeigen würde, und es war nicht neu, dass sie sich wieder einmal in der Defensive befand. Sie merkte, dass Wut in ihr keimte, zugleich fühlte sie sich aber nicht berechtigt, Wut zu empfinden. Es war ihr zuvor nie wirklich bewusst geworden, sie bemerkte jetzt zum ersten Mal, dass sie dieser Ambivalenz in ihrer Ehe mit Dennis häufig ausgesetzt gewesen war.
»Seid ihr noch in London?«, fragte sie.
»Rob ist noch in London. Ich bin gestern Abend nach Gibraltar zurückgeflogen. Ich muss meinen Job machen, da hilft alles nichts. Rob wollte um keinen Preis mitkommen.« Er klang vorwurfsvoll, zugleich aber auch sehr bedrückt. Er tat Rosanna leid. Sie konnte sich vorstellen, wie sehr ihn die Situation quälte.
»Es ist viel passiert«, sagte sie, obwohl sie ahnte, dass ihn dies nicht interessieren würde. »Cedric liegt in Taunton im Krankenhaus. Er wurde von einem Psychopathen brutal zusammengeschlagen. Derselbe Mann hat vermutlich Elaine vor fünf Jahren getötet.«
»Aha«, sagte Dennis.
»Ich bin aus der Serie ausgestiegen. Ich werde den Auftrag nicht beenden. Nach allem, was geschehen ist …«
Sie wartete auf eine Erwiderung, aber Dennis blieb stumm.
»Ich werde Rob anrufen«, fuhr sie schließlich fort. »Ich werde ihm alles erklären. Ich bin sicher, er versteht mich.«
»Und wann gedenkst du, nach Hause zu kommen?«, fragte Dennis. »Falls du das überhaupt vorhast?«
»Ich muss jetzt erst einmal zu Cedric. Wohnen werde ich bei meinem Vater. Ich kann nicht einfach so verschwinden. Ich… ich habe Cedric in diese Situation gebracht, und …«
»Dein ganzer Plan, unbedingt wieder für Nick Simon arbeiten zu wollen, ist für alle Beteiligten nicht gerade glücklich ausgegangen«, bemerkte Dennis. »Rob ist total durcheinander, Cedric liegt im Krankenhaus, Elaine hilft das alles auch nichts mehr, und du schreibst die Geschichte nun nicht einmal. Außer Spesen nichts gewesen. Nur jede Menge Ärger für jeden, der auch nur entfernt mit all dem zu tun hatte.«
»Immerhin ist Elaines Schicksal geklärt. Und man kennt den Täter.«
»Und? Ist das wichtig für uns? Oder, anders gefragt: War die Aufklärung der Umstände von damals der Grund, weshalb du den Auftrag angenommen hast? Dir ging es doch gar nicht um irgendwelche Enthüllungen, also solltest du jetzt auch nicht so tun, als hättest du dein selbstgestecktes Ziel erreicht. Im Grunde ist alles aus dem Ruder gelaufen.«
»Das sehe ich nicht so«, sagte Rosanna, aber sie merkte selbst, wie schwach das klang, und auch, dass sie Dennis sowieso nicht erreichte. Selbst
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