Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Letzte Spur

Die Letzte Spur

Titel: Die Letzte Spur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Link
Vom Netzwerk:
ich seit fünf Jahren nicht mehr im Berufsleben bin …« Sie holte tief Luft. »Ich bin … war mit Elaine Dawson befreundet.«
    »Oh«, sagte er überrascht.
    Sie korrigierte sich sofort. Ein Instinkt sagte ihr, dass sie bei Reeve etwas erreichen konnte, wenn sie vollkommen aufrichtig war. »Ehrlicherweise – befreundet ist übertrieben. Aber wir kannten einander seit unserer Kindheit. Wir sind in demselben Dorf aufgewachsen. Elaine war sieben Jahre jünger als ich. Aber in dem Ort gehörten irgendwie alle zusammen.«
    »Ich verstehe«, sagte Reeve, »über Ihren journalistischen Auftrag hinaus haben Sie ein persönliches Interesse an dem Fall?«
    Sie nickte, obwohl er das nicht sehen konnte. »Ja. Ja, genau. Ich weiß nicht, ob Elaine Ihnen damals erzählt hatte, welchen Anlass ihre geplante Reise nach Gibraltar hatte …«
    Er schien kurz zu überlegen. »Soweit ich mich erinnere – wollte sie nicht zu einer Hochzeit?«
    »Sie wollte zu meiner Hochzeit, Mr. Reeve. Ich habe am 11. Januar 2003 in Gibraltar geheiratet. Ich habe Elaine dazu eingeladen, aber sie ist nie angekommen. Ich kann nicht sagen, dass ich mich schuldig fühle an ihrem Verschwinden. Aber … involviert.«
    »Ich verstehe«, sagte Reeve noch einmal.
    Rosanna hatte den Eindruck, dass er sie tatsächlich verstand. »Sie sind der letzte Mensch, der sie gesehen und mit ihr gesprochen hat«, fuhr sie fort, »zumindest der letzte, der mir bekannt ist. Ich würde einfach gern wissen, wie sie war, was sie erzählte, wie Sie sie erlebt haben. Ich habe mich fünf Jahre lang nicht um sie und ihr Schicksal gekümmert, aber nun merke ich, dass ich ein großes Bedürfnis danach habe, ihr noch einmal nahezukommen. Ich glaube, es gibt mir das Gefühl, sie nicht völlig dem Vergessen zu überlassen. Sie als den Menschen, der sie war, noch einmal wichtig zu nehmen.«
    »Mrs. Hamilton …«
    »Könnten Sie sich vorstellen, sich privat mit mir zu treffen? Ich verspreche Ihnen, ich erwähne nichts davon in meinem Artikel. Ich schreibe nichts mit, ich nehme nichts auf.«
    »Ihr Chefredakteur wird davon nicht begeistert sein.«
    »Mein Chefredakteur wird davon nichts erfahren.«
    Er zögerte. Sie konnte ihm nicht verdenken, dass er ihr als Vertreterin der Presse misstraute – besonders mit seiner Vorgeschichte.
    »Bitte«, sagte sie, »ich will Sie wirklich nicht hereinlegen. Es geht mir um Elaine. Ich werde Nick – meinem Auftraggeber – sagen, dass Sie nicht zu einem Gespräch bereit waren.«
    »Ich schlage Folgendes vor«, sagte Reeve, »wir treffen uns, damit wir einander kennen lernen. Wie weit ich mich dann einlasse, werde ich sehen.«
    Sie war erleichtert. »Ich danke Ihnen. Vielen Dank. Soll ich in Ihr Büro kommen?«
    »Das passt heute tagsüber schlecht«, sagte er, »wie wäre es mit heute Abend? Irgendwo zum Essen?«
    »Gern. In welcher Ecke Londons leben Sie?«
    »In welcher leben Sie denn?«
    »Hilton on Park Lane.« Sie begriff, dass er sie nicht auf sein Terrain lassen wollte. Nicht in sein Büro, nicht einmal in die Nähe seiner Wohnung. Er war ein gebranntes Kind. Er hielt Abstand. Ein Treffen nur auf neutralem Boden und möglichst weit fort von seinem Zuhause.
    »Ich hole Sie dort um sieben Uhr ab«, sagte er, »auf Wiedersehen, Mrs. Hamilton.«
    Sie verabschiedete sich, verstaute dann ihr nasses Handy wieder in ihrer nassen Tasche. Der Regen war noch heftiger geworden. Sie fragte sich, was Nick zu dem Deal sagen würde, den sie gerade abgeschlossen hatte, und zog bei dem Gedanken an Nicks wütenden Kommentar unwillkürlich den Kopf ein Stück ein.
    Das Wasser quietschte in ihren Schuhen, als sie das letzte Stück zur U-Bahn lief. Sie würde jetzt ins Hotel zurückkehren und sich wieder einmal ein heißes Bad einlassen, ein Sandwich bestellen und vielleicht sogar ein Glas Wein dazu.
    Sie fand, dass sie es sich verdient hatte.
     
    6
     
    Es waren wieder die Constables Burns und Carley, die am frühen Abend vor der Wohnungstür der Familie Biggs standen. Gordon, der ihnen öffnete, hatte immer ein unangenehmes Gefühl, wenn er die Polizei sah, aber diesmal wurde ihm besonders mulmig zumute. Ihm gefielen die Mienen der beiden ganz und gar nicht.
    »Mr. Biggs …«, sagte Carley, verstummte dann aber und sah seinen Kollegen an.
    »Dürfen wir hereinkommen?«, fragte Burns.
    »Klar«, sagte Gordon, obwohl er die beiden am liebsten zum Teufel geschickt hätte. Von den Bullen kam nie etwas Gutes, und heute wirkten die Männer vor ihm besonders

Weitere Kostenlose Bücher