Die letzte Wahrheit: Roman (German Edition)
«
» Ich hab ein Loch im Zahn. «
Sie nickte langsam und biss sich auf die Lippe.
» Dann sind wir fürs Erste quitt « , sagte sie lächelnd. » Du gehst zum Zahnarzt, und ich verspreche, dass ich den Mund halte, wenn du mir versprichst, dass du mir das mit deiner Geschichte verzeihst. Und wenn du keinem erzählst, dass ich eine Lehrerkonferenz geschwänzt habe, um an einer Geschichte zu arbeiten. «
» Abgemacht « , sagte ich und ging los. Als ich die Tür aufdrückte, fühlte ich mich gut, in Sicherheit. Verstanden. » Danke, Liv. «
Ohne mich noch einmal umzusehen, rannte ich über den seitlichen Schulhof. Von dort lief ich die Prospect Park West in Richtung First Street. Bei jedem Schritt rechnete ich damit, dass Mrs Pearl oder sonst jemand hinter mir herrufen würde. An der Ecke warf ich einen kurzen Blick über die Schulter, um mich zu vergewissern, dass mich niemand beobachtete. Als ich mich wieder umdrehte, stieß ich mir so heftig den Kopf, dass ich ein paar Schritte zurücktaumelte.
» Aua! « , schrie ich.
» Verdammt « , sagte jemand. » Hast du dir wehgetan? «
Ich sah Sternchen, als ich aufblickte.
» Ich bin ein Volltrottel « , sagte Ian Greene. » Das kommt davon, wenn man im Gehen SMS schreibt. Tut mir furchtbar leid. Ist es schlimm? «
» Geht schon « , sagte ich, obwohl mein Auge höllisch wehtat. Ich musste mit seiner Schulter zusammengestoßen sein oder irgendwas. » Kein Thema. Ich bin spät dran… «
Ich hielt mir das Auge und wollte um ihn herumgehen.
» Äh « , sagte er irgendwie betreten. » Sieht so aus, als wärst du spät dran zu einer Verabredung mit mir. «
Er hielt seine Kamera hoch.
» Eine von meinen Aufnahmeprüfungen. « Er zuckte verlegen die Achseln. » Ehrlich gesagt, tut es mir schon leid, dass ich mich überhaupt auf diesen Club-Blödsinn eingelassen habe. Vielleicht hatte Sylvia recht. Die sind alle total übergeschnappt. «
Dass Ian ein hervorragender Fotograf war, war offenbar nicht der Grund, warum Zadie ihn beauftragt hatte, die Fotos zu machen. Zadie versuchte, zwischen Sylvia und mir Unfrieden zu stiften. Oder vielleicht auch zwischen Sylvia und Ian.
» Ja, das ist schon ziemlich krass, was die machen « , sagte ich nervös und schuldbewusst. Dass ich vor Sylvia meine Treffen mit den Maggies geheim hielt, war eine Sache, aber wenn das jetzt auch noch Ian mit einbezog, war das etwas ganz anderes. Allerdings brachte mein schlechtes Gewissen mich nicht dazu, die Sache abzublasen. Mir ging es in erster Linie um Dylan. » Hast du eigentlich eine Ahnung, was das für Fotos werden sollen? Mir haben sie nichts gesagt. «
» Also, wie um dem ganzen Mantel-und-Degen-Quatsch die Krone aufzusetzen « , sagte Ian, » haben sie mir einen versiegelten Umschlag mitgegeben, der offenbar die genauen Anweisungen für diesen Fototermin enthält. Ich darf ihn erst öffnen, wenn wir beide allein bei dir im Haus sind. «
» Im Ernst? «
» Ja. «
Das wurde ja immer bescheuerter. Je länger ich mitmachte, umso mehr geriet ich in Zadies Falle. Aber was hatte ich für eine Wahl? Zadie hatte garantiert gewettet, dass ich kneifen würde. Wahrscheinlich ging es genau darum. Das würde ihr endlich einen Grund geben, mich bei den Maggies rauszuschmeißen und von Dylan zu trennen. Ich holte tief Luft.
» Also gut, dann gehen wir jetzt besser zu mir « , sagte ich. » Ehe uns noch jemand hier rumstehen sieht. «
Ian lächelte. Er schien auch froh zu sein, dass wir uns in Bewegung setzten. Er machte eine galante Verbeugung. » Nach Ihnen, Madam. «
Zu Hause warf ich meine Tasche aufs Sofa im Wohnzimmer.
» Mach’s dir gemütlich « , sagte ich, » ich geh nur kurz nach oben mich umziehen. «
Ich wollte wenigstens halbwegs annehmbar aussehen. Schließlich würde Dylan die Fotos zu Gesicht bekommen.
» Wollen wir vielleicht zuerst den Umschlag mit den Anweisungen aufmachen? «
» Okay, alles klar. «
Ian riss den Umschlag auf. » Seht euch den Blog Birds of a Feather an « , las er vor. » Macht genau solche Fotos. « Er schaute mich mit zusammengezogenen Brauen an. » ’ne Schnitzeljagd. Großartig. Hast du ’n Computer? «
Ich ging mit Ian nach oben in mein Zimmer, das viel unordentlicher war, als ich es in Erinnerung hatte. Ich hoffte, es hatte nicht so schlimm ausgesehen, als Dylan am Abend da gewesen war. Ich stieg über einen Berg Klamotten, setzte mich an meinen Computer und suchte nach einem Blog namens Birds of a Feather. Als ich ihn endlich fand und darauf
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