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Die letzte Walstatt - Covenant 03

Die letzte Walstatt - Covenant 03

Titel: Die letzte Walstatt - Covenant 03 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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länger Grund dazu besaß. Schwächlich und unsicher verlieh es seinem Leben weiterhin Bestand.
    Und tief in ihm – an einem irgendwo verborgenen Ort, gut geschützt, im Innersten der harten beinernen Kapsel seines Schädels – war ein Bewußtsein seiner selbst geblieben. Diese wesentliche Eigenschaft hatte ihn noch nicht verlassen, obwohl sie allmählich in die warme, weiche Erde seines Grabes zu versickern schien.
    Er wollte Ruhe; er hatte Ruhe verdient. Aber die Befreiung, die diesen gegenwärtigen, so trüben Frieden gebracht hatte, war zu kostspielig gewesen. Er konnte sich nicht damit abfinden. Schaumfolger ist tot , murmelte er stumm.
    Es gab keine Flucht vor der Schuld. Keine Lösung gab auf alles Antwort. Solange es ihm noch zu leben gelingen würde, konnte er nicht völlig reingewaschen werden.
    Er nahm keineswegs an, daß er es schaffte, noch lange zu leben. Aber irgend etwas in ihm führte die Diskussion halsstarrig weiter. Es war nicht deine Schuld, sagte es. Du hast ihm seine Entscheidungen nicht abnehmen können. Über einen gewissen Punkt hinaus ist dein Verantwortungsgefühl nur eine kompliziertere Form des Selbstmords.
    Er erkannte das Argument an. Aus seiner Erfahrung wußte er, daß Leprakranke dem Untergang geweiht waren, sobald sie sich dafür, daß sie sich Leprose zugezogen hatten, schuldig zu fühlen begannen, sobald sie die Verantwortung für ihre Erkrankung übernahmen. Vielleicht waren Schuld und Sterblichkeit, die Grenzen des Körperlichen, am Ende ein und dasselbe – schlichte Tatsachen des Lebens, unabweisbar, taub gegenüber jedem Protest. Trotzdem, Schaumfolger war dahin, unwiderruflich tot. Covenant würde ihn nie wieder lachen hören.
    »Dann finde Frieden in deiner anderweitigen Schuldlosigkeit«, sagte eine Stimme aus der Dunkelheit. »Du hast deine Aufgabe nicht von dir aus gewählt. Du hast sie nicht aus freiem Willen auf dich genommen. Sie ist dir aufgenötigt worden. Die Schuld liegt bei jenem, der dich erwählt hat, und derjenige hat dich ohne dein Wissen und ohne deine Zustimmung ausgewählt.« Covenant brauchte nicht zu fragen, wer da sprach; er erkannte die Stimme. Sie gehörte dem alten Bettler, dem er vor seinem ersten Aufenthalt im Lande begegnet war – dem Alten, der ihn gedrängt hatte, seinen Ehering zu behalten, der ihm ein Stück Papier zukommen ließ, auf dem die Grundfrage der Ethik geschrieben stand.
    »Du mußt deiner Sache sehr sicher gewesen sein«, erwiderte er matt.
    »Sicher? O nein. Es war ein großes Wagnis – waghalsig für die Welt, die ich geschaffen habe, gefährlich sogar für mich. Hätte mein Widersacher die wilde Magie des Weißgolds errungen, es wäre ihm möglich gewesen, sich von der Erde zu lösen – sie zu vernichten und sich gegen mich zu wenden. Nein, Thomas Covenant, ich habe alles gewagt, als ich mein Vertrauen in dich setzte. Mir waren die Hände gebunden. Ich vermag die Erde nicht anzurühren, um sie zu verteidigen, ohne dadurch zu zerstören, was ich zu bewahren wünsche. Nur ein Ungebundener konnte darauf hoffen, meinem Gegner zu widerstehen, darauf hoffen, die Erde zu retten.«
    Covenant hörte in der Stimme Sympathie, Respekt, sogar Dankbarkeit. Aber er war nicht überzeugt. »Ich war nicht frei. Es war nicht meine Wahl.«
    »Oh, aber frei warst du – frei von Überredungsversuchen meinerseits, von meiner Macht, meinem Wunsch, dich zu meinem Werkzeug zu machen. Habe ich nicht gesagt, das Wagnis war groß? Ohne Wahl hast du die Macht der Wahl erhalten. Ich erwählte dich für das Land aus, nahm jedoch davon Abstand, dich darauf zu drängen, im Lande meinen Zwecken zu dienen. Dir stand's frei, Land und Erde, Zeit und ebenso alles andere zu verdammen, hättest du's gewünscht. Nur durch ein solches Wagnis konnte ich mir erhoffen, die Unantastbarkeit meiner Schöpfung zu bewahren.«
    Inmitten seiner Finsternis zuckte Covenant die Achseln. »Trotzdem war ich nicht frei. Diese Sängerin ... die mich Berek genannt hat. Die Osterheil-Veranstaltung. Das Kind mit dem Schlangenbiß. Vielleicht hast du mir im Land Freiheit gelassen, aber in meinem eigenen Leben hast du herumgepfuscht.«
    »Nein«, widersprach die Stimme ruhig. »An diesen Zufällen hat meine Hand nicht mitgewirkt. Hätte ich nur die geringste Kleinigkeit unternommen, um dich zu beeinflussen, wärst du mein Werkzeug geworden – und damit nutzlos. Ohne Freiheit hättest du meinen Feind nicht überwinden können, nicht ohne Unabhängigkeit, ohne den Fortbestand deiner

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